Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti

Einführung & Durchgang & Synopse
Emilias Tod & Emilias Charakter
Bürgerliches Trauerspiel & Theater-Reform
Aufklärung / Sturm und DrangMaterial


Deutsche Theatergeschichte im 18. Jahrhundert

Die Theaterreformer Johann Christian Gottsched und Gotthold Ephraim Lessing

Ausgangslage:

  • Das Theater in Deutschland existierte fast nur in Form von Wandertruppen, wurde von der ´guten Gesellschaft´ nicht besucht und war hauptsächlich Volksbelustigung auf den Märkten.
  • Die Schauspieler führten eine gesellschaftlich verachtete Existenz und waren materiell verarmt.
  • Die Theaterkunst befand sich dramaturgisch auf dem Tiefpunkt:
    • Stegreifspiel: lediglich der Szenenablauf wird festgelegt, der Text aber „extemporiert" (= aus dem Stegreif)
    • standardisierte Typen: Der Liebhaber, der Lüstling, die schlaue Tochter, der alte Vater und
    • die Figur des Harlekin, des Hanswurst oder Kasperl bildete die Hauptattraktion für das Publikum, besonders durch drastische Komik und Pöbelhaftigkeit; sie fügte sich der Handlung nicht ein, sondern unterbrach diese durch spontane Auftritte.

Der Leipziger Literaturprofessor J.C.Gottsched (1700 - 66) versuchte in dieser Situation, der „Deutschen Dichtkunst” wieder Ordnung und Regel zu geben und das Theater zum Sprachrohr aufgeklärten Gedankenguts zu machen. Dazu aber musste Theater wieder literarisch hochstehend gemacht werden, um das bessere Publikum (gemeint waren Fürsten und der höhere Adel) erziehen zu können.
Der Grundgedanke war: Um das Publikum zu belehren, müssen Wahrheiten in Fabeln (= Handlungen) gekleidet werden, die sowohl logisch als auch wahrscheinlich waren. Die Intention war Fürstenerziehung in der Tragödie und Sittenkritik in der Komödie.:

  1. In der TRAGÖDIE soll dem Herrscher aufgeklärte Staatskunst nahegebracht werden durch die Darstellung wichtiger Staatsbegebenheiten. Das Beispiel des tragischen Falles der Mächtigen bewirkt bei den Herrschenden Betroffenheit und Einsicht in sittlich richtiges Handeln, bei der Masse des Publikums Zufriedenheit mit der eigenen Lage trotz aller Mühsal und Bedrängnis. Die Tragödie darf folglich nur die Welt der Großen darstellen („Ständeklausel"), nur in dieser Welt kann die „tragische Fallhöhe" erreicht werden, die zu Umkehr und Besinnung führt (Katharsis).
  2. Allgemeine Sittenkritik (KOMÖDIE): Ihr dienen die Satire und das Lustspiel, in denen die Fehler und Schwächen von einfachen Leuten (wie Du und Ich) dargestellt und dem Lachen preisgegeben werden.

Aus dieser Zielsetzung folgende praktische Maßnahmen:

  • Schaffung von Stücken nach französischem Vorbild, Übersetzung von Corneille, Racine, Voltaire und anderen französischen „Klassikern”.
  • Regelgerechte Stücke: Festgelegte Texte, kein Extemporieren, verbindlicher Vers (z.B.Alexandriner)
  • strenge Orientierung an den drei Einheiten von Ort, Zeit und Handlung
  • Beachtung der Ständeklausel und Verbannung des Harlekin von der Bühne
  • Förderung von engagierten und anspruchsvollen Wandertheatern.

Gotthold Ephraim Lessing (1729-81): Statt Fürstenerziehung - Erziehung des Menschengeschlechtes!

Lessing wird 1767 nach Hamburg berufen, wo er als Theaterdichter das „Nationaltheater" leiten soll: Ein Konsortium von Gönnern richtet dort ein stehendes Theater ein. Lessing betätigt sich als Verfasser neuer Stücke für dieses Theater und versucht als Theater-Kritiker in Hamburg die deutsche Theaterkunst zum repräsentativen Nationaltheater weiterzuentwickeln.
Die schriftstellerischen Ergebnisse dieser Kritikertätigkeit sind zusammengefasst unter dem Titel Hamburger Dramaturgie:
„Wir sind noch immer die geschworenen Nachahmer alles Ausländischen, besonders noch immer die untertänigen Bewunderer der nie genug bewunderten Franzosen; alles was von jenseits dem Rheine kömmt, ist schön, reizend, allerliebst, göttlich..."
Quelle: Hamburger Damaturgie, 104. Stück, zit. nach Projekt Gutenberg.

Lessings Vorschläge demgegenüber:

  • Weg von den "Franzosen", hin zu Shakespeare
  • weg vom steifen Alexandriner, hin zum freieren Blankvers
  • Säuberung der Darstellungskunst von übertriebenen, standardisierten Gesten, hin zum echten Gefühlsausdruck
  • Kein strenges Festhalten an den klassischen Regeln, Aufhebung der Ständeklausel,
  • Vertiefung der Katharsis-Lehre von der "Reinigung der Affekte durch Furcht und Mitleid":
    Das Mitleid des Zuschauers mit dem Geschick des tragischen Helden bewirkt zugleich die Furcht davor, dass dieses ihm selbst auch zustoßen könnte. Die Wirkung auf den Zuschauer bedarf darum der Identifikation des Zuschauers mit dem Protagonisten.
„Die Namen von Fürsten und Helden können einem Stücke Pomp und Majestät geben; aber zur Rührung tragen sie nichts bei. Das Unglück derjenigen, deren Umstände den unsrigen am nächsten kommen, muss natürlicherweise am tiefsten in unsere Seele dringen; und wenn wir mit Königen Mitleid haben, so haben wir es mit ihnen als Menschen, und nicht als mit Königen."
Quelle: Hamburger Dramaturgie, 14. Stück, zit. nach „Projekt Gutenberg"

Das Unternehmen ist jedoch ein finanzieller und künstlerischer Misserfolg, Lessing verlässt Hamburg im Herbst 1769.

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(cc) Klaus Dautel


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