Friedrich Schillers „Räuber" und Heinrich von Kleists „Michael Kohlhaas"
im Themenfeld von „Recht und Gerechtigkeit"

I. Naturrecht ...

... Normen, die nicht von Staats- und Herrschaftsverhältnissen hergeleitet sind, sondern aus der Natur des Menschen" oder dem Naturzustand":

Es sind dies seit dem 17. Jh. Freiheit, Gleichheit, Unverletzlichkeit, das Recht auf Eigentum. Diese Rechte wurden auch Vernunftrechte genannt, da sie der (aufgeklärten) Vernunft unmittelbar einleuchtend seien.

Naturrechte haben einen höheren Status als die staatliche Rechtsnorm; diese muss sich dadurch rechtfertigen können, dass sie die natürlichen" Rechte der Menschen garantiert.

Ist dies nicht bzw. nicht mehr der Fall, dann kann das Individuum aus diesem Faktum ein Recht auf Widerstand ableiten, also die moralische Berechtigung, seine natürlichen" Rechte gegen die tyrannische Herrschaftsform geltend zu machen, auch gewaltsam. (Anmerkung: das Widerstandsrecht des Individuums, nicht nur des Kollektivs, hat erst John Locke postuliert.)

Problematik:

Daraus leitet sich die Notwendigkeit von gegenseitigen Absprachen ab und dies ist der Kern der Theorie vom Gesellschaftsvertrag, wie sie von Thomas Hobbes, John Locke und dann J.J.Rousseau formuliert worden ist: Das Individuum verzichtet unter dem Druck der Erfahrungen auf die Ausübung seiner Freiheitsrechte und übergibt diese einer Institution, die ihm dafür Schutz und Sicherheit für Leib und Leben garantiert. Dieser Vertrag kann nun je nach Menschenbild aus Furcht um das eigene Leben (Th. Hobbes), als Ausdruck eines allgemeinen Willens (Rousseau) oder eines sittlichen Pflichtgefühls zustande kommen.

Positives Recht

... wird nun dasjenige Recht geheißen, das sich eine Gemeinschaft oder ein Staat gibt (positiv im Sinne von gesetzt'), um den konfliktfreien Verkehr seiner Staatsbürger zu regeln und zu gewährleisten. Im Unterschied zum Naturrecht zeichnet es sich dadurch aus,

Das Positive Recht beruht auf der Autorität des Staates und bietet so dem Ein-zelnen entscheidende Vorteile: Es ist berechenbar und gibt Rechtssicherheit.

Problematik:

Zur Entstehungszeit von Kleists Novelle wurde intensiv diskutiert, welches das höhere Gut sei: Die Gerechtigkeit oder die Rechtssicherheit. Wichtige Stimmen waren der Meinung, dass die Rechtssicherheit über der Gerechtigkeit stehe; denn, was Gerechtigkeit sei, das sehe schließlich jeder anders. Des Weiteren stand in Frage, ob überhaupt jemand das Recht für sich in Anspruch nehmen dürfe, sich aus dem Staatsverband herauszulösen, um diesen von außen anzugreifen Der mit Kleist befreundete Staatsphilosoph Adam Müller (Mitarbeiter an dem Zeitungsprojekt Phoebus") argumentierte, es gebe gar kein Recht außerhalb des Staates, also auch kein vorstaatliches natürliches Recht, folglich auch kein Recht auf Widerstand. Dieses Recht sei folglich eine Schimäre"; die Aufgabe des Staates bestehe genau darin, das Recht des Schwächeren gegenüber dem Stärkeren zu schützen. Das sind die Pole, zwischen denen sich Kleist und sein Kohlhaas bewegen (lesenswert hierzu ist das Nachwort zu Kleists Novelle in der Reclam-Ausgabe S. 130-35).


(cc) Klaus Dautel, 2006

Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte.
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