Friedrich Schillers „Räuber" und Heinrich von Kleists „Michael Kohlhaas"
im Themenfeld von „Recht und Gerechtigkeit"
Zusätze:
Klaus Dautel
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1. ZUM EINSTIEG: Textentlastung, Erwartungshaltung und Antizipation von Handlung
Friedrich Schiller: Die Räuber. Schauspiel 1782
"Die ersten zwei Akte wurden nahezu schweigend hingenommen. Erst in der zweiten Szene des Dritten Aktes, wo der Räuberhauptmann Karl Moor als Büßer und Rächer im Schloß seiner Väter erscheint, löste sich die Spannung des Publikums in einem Beifall, der von da an bis zum Schlluß immer hektischere Formen annahm. Das Theater glich einem Irrenhaus, rollende Augen, geballte Fäuste, heisere Aufschreie im Zuschauerraum. Fremde Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohmacht nahe, zur Türe. Es war eine allgemeine Auflösung, wie im Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung hervorbricht." (Bericht von der Uraufführung in Mannheim am 13. Januar 1782)Inhaltsangabe von Akt I Die Handlung spielt irgendwann im 18. Jahrhundert, Handlungsorte sind das Schloss des Grafen von Moor in Franken und die undurchdringlichen böhmischen Wälder.
Der alte Graf von Moor hat zwei sehr ungleiche Söhne: Sein Lieblingssohn Karl, der Erstgeborene und dadurch künftige Erbe, studiert in Leipzig. Er ist ein Prachtkerl: Stark, schön, von ungebändigtem Tatendrang, aber auch mit Neigungen zur Zügellosigkeit. Ihm ist da Zeitalter, in dem er leben muss, zu schwächlich, er ärgert sich darüber, dass die kleinlichen Gesetze und Konventionen ihn daran hindern große, weltbewegende Taten zu vollbringen. Franz will nun seinen Bruder Karl vernichten. Er berichtet dem Vater, dass Karl in Leipzig ein Lotterleben führe, völlig verschuldet sei, einen Edelmann im Duell erstochen habe und nun steckbrieflich gesucht werde. Der alte Moor, erschüttert, in kränklichem Zustand, glaubt dem Bericht und lässt sich dazu überreden, seinen Lieblingssohn bis zu dessen Besserung zu verstoßen. Er überlässt es Franz, diesen Entschluss per Brief dem Bruder mitzuteilen. Karl, der in der Tat im Kreise leichtlebiger Studenten ein lockeres Leben geführt hat, ist unterdessen dieses Treibens müde geworden und entschlossen, zu seinem Vater und der geliebten Amalia zurückzukehren. Da trifft der Brief des Bruders ein, besagend, dass der Vater ihn für immer“ verstoßen habe. Verzweifelt schwört Karl, sich an der Welt für das ihm angetane Unrecht zu rächen. Da zur gleichen Zeit ein Kumpan Karls, Spiegelberg, ein größenwahnsinniger Giftzwerg, den Haufen um Karl dazu überredet hat, aus dem bürgerlichen Leben auszusteigen und in den böhmischen Wäldern eine Räuberbande zu gründen, suchen diese jetzt einen Räuberhauptmann und wählen zum Ärger Spiegelbergs Karl zum Anführer. Dieser, in maßlosem Zorn über die ungerechte Welt, stimmt zu und nimmt sich vor, gegen die Herrschenden und Reichen zu Feld zu ziehen. Spiegelberg, der keine solchen hehren Ziele hat, ist sauer.
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2. Fragen zu II,3 und Tafelanschrieb: Aus welchen Gründen ist Spiegelberg Räuber? Warum ist es Karl? (S.60) MOOR ------- SPIEGELBERG beide sind aus der bürgerlichen Gesellschaft ausgestiegen sind gesellschaftliche Außenseiter halten sich für Genies, die keinem geltenden Recht verpflichtet sind ABER: / \ hat hohe Ideale hat keine höheren Ideale ausgeprägtes Gerechtigkeits- ist ein Egozentriker empfinden nicht an Geld interessiert betreibt Selbstbereicherung handelt uneigennützig und befriedigt seine sadistischen Bedürfnisse aus Rachbedürfnis möchte Macht über andere ausüben || || \/ \/ Verbrecher aus gekränktem Verbrecher aus reiner Lust am Ehrgefühl (V. als Mittel zum Zweck) Verbrechen (V. als Selbstzweck) Wie stehen die Chance für eine Rückkehr ins bürgerliche Leben? denkbar unvorstellbar- Wie reagiert Karl Moor auf Schufterles Erzählung? (S.68) - Welches sind Karls Vorwürfe an die Kirche? (S.72) |
Fragen zu Szene III.2: 1. Was kennzeichnet die Situation?
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5. Die Gesamtlogik des Stücks auf einen Blick
Die Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen Verhältnissen (schwächliches Zeitalter), die Erfahrung von Ungerechtigkeit (bedingt durch Franz' Ränke und Machtgier), und das Versagen von weltlicher Gerichtsbarkeit und Kirche (II,3 und III,2) (ver-)führen Karls unduldsamen Charakter zu || \/ Aktionen der Selbstjustiz und Rache (Jetzt helfe ich mir selbst!) || \/ Die ausgeübte Gewalt gerät außer Kontrolle (Schufterle, Spiegelberg) und wendet sich gegen den Initiator selbst. || \/ Die Erkenntnis einer höheren (göttliche) Gerechtigkeit (Harmonie der Welt) setzt sich durch in der Begegnung mit den Personen seiner väterlichen Welt (Amalia, Daniel, Vater) und dies bewirkt || \/ Karls Selbstauslieferung als Schritt zur Wiederherstellung einer sittlichen Ordnung ('Harmonie in der Welt') Was also setzt sich schließlich durch? Das Gefühl der Pflicht gegenüber einer als vernünftig (an)erkannten Ordnung. |
4. Kleine Chronik 1773 Der junge Schiller wird in die Karlsschule (Militärakademie) beordert 1775 Beginn des Medizinstudiums (statt Jura) 1777 Arbeit an den Räubern“, 1780 Hauptbeschäftigung mit den "Räubern" 1781 Veröffentlichung im Selbstverlag, dann Bühnenbearbeitung 1782 13. Januar Uraufführung in Mannheim, Juni-Sept. Bestrafung, Schreibverbot, Flucht. Aufenthalte in Mannheim und in Bauerbach 1783 Sept. Rückkehr nach Mannheim und Anstellung als Theaterdichter, schwere Erkrankung, Malaria 1784 April: Uraufführung von “Kabale und Liebe” (erst in Frankfurt, dann Mannheim) |
5. EPOCHENEINORDNUNG nach der LEKTÜRE
Die Räuber als Drama des "Sturm und Drang" Definition: Der Begriff 'Sturm und Drang' bezeichnet eine literarische Protest-Bewegung in Deutschland zwischen den Jahren 1765 und 1785. Ihre Vertreter waren junge Intellektuelle aus gut bürgerlichem Hause, wie z.B.
J.W.Goethe 1749 - 1832 (Jurist) J.M.R. Lenz 1751 - 1792 (Theologe) Friedrich Schiller 1759 - 1895 (zuerst Student der Rechte, dann Medizin)
Merkmale des Sturm und Drang sind:
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5. LEISTUNGSMESSUNG
Klasse 10: Friedrich Schillers "Räuber” und der Sturm und Drang IV. Akt 1. Szene: "Ländliche Gegend um ..."
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Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte.