Günter Grass:

Katz und Maus
Im Krebsgang


Katz und Maus - Eine Novelle (1961)

Ist 'Katz und Maus' eine Novelle?

"Tatsächlich ist der für eine Novelle typische Wendepunkt da deutlich zu erkennen, wo Mahlke das Ritterkreuz des Kapitänleutnants entwendet und Oberstudienrat Klohse darin - vielleicht in Anlehnung an Goethes berühmte Novellendefinition - etwas "Unerhörtes“ sieht. Als Dingsymbol können nicht nur das "Ritterkreuz“, sondern auch die verschiedenen Konkretisierungen des Bildes von der "Katze“ und der "Maus“ angesehen werden. Auch das Motiv des Erzählers, sich über die Vergangenheit Klarheit zu verschaffen und sich von Schuld zu befreien, lässt Vergleiche zu anderen Novellen zu.“
(aus Theodor Pelster, Günter Grass, Reclam Stuttgart 1999 S. 74)

I. Die Novelle beginnt mit "...und einmal“ - eine wiederkehrende Erinnerungsfloskel:
Der Ich-Erzähler Pilenz und einige andere lassen ihrem Mitschüler Joachim Mahlke eine Katze auf dessen enormen Adamsapfel springen. Es gibt einen Schreck und ein paar Kratzer, aber beim Ich-Erzähler Pilenz löst die Erinnerung an diese Episode Schuldgefühle aus. Indem er über Mahlke und die Jahre im Krieg schreibt, muss er etwas los werden. Darum springt die Erzälung mitten hinein in die Ereignisse, mitten in eine Schlüsselszene, in der das Leitmotiv vorgestellt wird und zugleich das entscheidende Handlungsmotiv für Mitschüler Mahlke: Sein großer Adamsapfel, die "Maus“, eine Schwachstelle, die er zu verbergen, zu überspielen und durch außergewöhnliches Verhalten zu kompensieren versuchte.
(8) Mahlkes Vorgeschichte ab dem 14. Lebensjahr: Aus dem Nichtschwimmer wird ein sehr ausdauernder Schwimmer; er stößt zu den anderen hinzu, wenn sie auf ein abgesoffenes Minensuchboot schwimmen.
(12) Mehr über Mahlke: Er ist Halbwaise, das einzige Kind zuhause, der Vater tot, lebt zusammen mit Mutter und Tante, er besucht zusammen mit Pilenz das Gymnasium, ist katholisch und wie dieser Messdiener. Er betreibt eine Art Marienkult. Während die anderen faul auf dem Bootsdeck liegen, taucht Mahlke verbissen in das Innere des Bootes und fördert kleine Funde zu Tage: einen Schraubenzieher, eine Plakette und sogar eine Medaille mit dem Bild der Schwarzen Madonna von Czestochau (21). Damit errichtet er einen kleinen Marienaltar.

II. Der erste Besuch bei Mahlke: Beschreibung seines Zimmers(26), Mahlkes Verhalten als Schüler und in der Hitler-Jugend (32); - die polnische Kriegsflotte, der Seekrieg in der Danziger Bucht und wie das Minensuchboot in der Bucht absoff: "extra für Mahlke“ (35)

III. Mahlke und das Mädchen Tulla Pokriefke: Sie stachelt ihn zur Teilnahme an der Onanie-Olympiade an, bei der sich Mahlkes ungeahnte Potenz zeigt: "Er hatte es uns wieder einmal gezeigt ...“(41). - Mahlke und die Frauen: Nur die Jungfrau Maria. - Beschreibung von Mahlkes Äußerem.

IV. Mahlke macht Mode: Er trägt Puscheln am Hals, ein Versuch gegen die Sichtbarkeit des Adamsapfels. - Besuch mit den beiden Pilenz-Cousinen auf dem Minensuchboot im Winter - Mahlkes Gläubigkeit.

V. Die Rede eines mit dem Ritterkreuz ("Bonbon“) ausgezeichneten Luftwaffenleutnants - ein ehemaliger Schüler des Gymnasiums - löst in Mahlke eine Veränderung aus. Er lässt seine Puscheln verschwinden, Pilenz sieht ihn zum ersten Mal schwitzen und er sammelt jetzt Leuchtplaketten und Leuchtknöpfe, die er sich an den Schal steckt, solange der Winter dauert.

VI. Im Sommer dann rettet Mahlke einen Untertertianer aus dem Bottsinneren und entdeckt dabei unter Wasser den Zugang zu einer Funkerkabine, deren Lage über der Wasseroberfläche ist. In diesem Luftraum richtet er in tagelanger Arbeit sein ganz persönliches Lager ein, zu dem kein anderer den Zutritt findet.

VII. Ein Kapitänleutnant und U-Boot-Kommandant besucht die Schule, berichtet von Versenkungen und turnt mit der Klasse von Pilenz und Mahlke. Dabei wird ihm der Orden, das Ritterkreuz gestohlen. Studienrat Mallenbrandt, der Turnlehrer, startet eine sofortige Unter- und Durchsuchung, Schüler Buschmann wird offiziell als möglicher Täter verhört und ausgiebig geohrfeigt, aber Pilenz weiß es besser, es muss Mahlke gewesen sein.

VIII. Sonntag am Strand. Alle scheinen es zu wissen: Es konnte nur Mahlke sein, der "Große Mahlke“, wie er von nun an betitelt wird. - Pilenz schwimmt Mahlke auf das Boot nach, wo er nackt auf dem Deck sitzt, nur mit dem Ritterkreuz bekleidet. - Am Abend stellt sich Mahlke dem Schulleiter, er wird der Schule verwiesen und in ein anderes Gymnasium aufgenommen.

IX. Die Sommerferien vergehen ohne Mahlke, er besucht ein Wehrertüchtigungslager. Nach den Ferien taucht er wieder in der Kirche auf und zeigt neue Verhaltensweisen, die selbst Pfarrer Gusewski wie heidnischer Götzendienst erscheinen. Mahlke hat sich auch freiwillig zu den U-Booten gemeldet. - Am 3. Advent besucht der Erzähler seinen "großen Mahlke" zu Hause, wo er mit Mutter und Tante wohnt. Mahlke kennt sich gut aus im aktuellen Kriegsgeschehen.

X. Beginn des Jahres 1943. Der Erzähler wird Luftwaffenhelfer - nachmittags, nach der Schule. Mahlke hat nach seinem Notabitur den Reichsarbeitsdienst angetreten. Im Februar trifft der Erzähler zufällig auf Mahlke, das Gespräch ist aber kurz und unverbindlich. - Erst ein Jahr später, im Februar 44, hört der Erzähler wieder von Mahlke, er liest nämlich einen seiner Briefe aus dem Felde, er ist jetzt bei den Panzergrenadieren und teilt am Ende jedes Briefes seine neuesten Abschusszahlen mit.

XI. Der Erzähler beginnt im Frühjahr 44 den Arbeitsdienst, wo er auf die Spuren des Großen Mahlke stößt, der vor genau einem Jahr hier war: Er hatte ein Verhältnis mit der Ehefrau des Chefs, hatte ein feindliches Depot entdeckt und jetzt ist er ein erfolgreicher Panzerkommandant.

XII. Juni 44: Unteroffizier Mahlke, dekoriert mit dem Ritterkreuz, will in seiner alten Schule eine Rede an die oberen Klassen halten. Schulleiter Klohse aber verweigert ihm dies. Pilenz versucht zu vermitteln und Ersatzpublikum zu besorgen, vergebens. Mahlke schließlich ohrfeigt seinen Schulleiter und fährt daraufhin nicht mehr zu seiner Einheit zurück.

XIII.

Übernächtigt und verquollen empfängt Mahlke am nächsten Morgen in der Kirche die Kommunion. - Er läuft mit Pilenz ziellos durch die Stadt, einige Volksschüler bitten um eine Unterschrift des Ritterkreuzträgers. - Da Mahlke sich weigert, zur Truppe an die Front zu fahren, bleibt ihm nichts anderes übrig, als auf seinem Boot Zuflucht zu nehmen. Er stopft sich vorher noch den Magen mit unreifen Stachelbeeren voll, Pilenz besorgt ein Ruderboot, denn Mahlke kriegt das Magendrücken und kann nicht schwimmen. Während der Ruderfahrt zum Boot, hält Mahlke die Rede, die er für die Gymnasiasten vorbereitet hatte (170).
Auf dem Boot zieht er dann die Kleider aus, taucht ab - und nicht wieder auf.


Infos und Ideen

Über das Scheitern des Protagonisten Mahlke:

"In dem Kampf um Anerkennung kann sich die Maus nicht durchsetzen. Alle Bemühungen, den eigenen Makel zu verdecken oder durch überzogene Leistung auszugleichen, schlagen fehl. Schlimmer: Sie verleiten zu zerstörerischer, letztlich auch selbstzerstörerischer Aggression. Genau diese aggressiven Akte verdienen den Abscheu der Leserinnen und Leser. Es ist daher verwunderlich, dass die Onanie-Olympiade so große Entrüstung hervorgerufen hat, dass dagegen die im wahrsten Sinne obszönen Darstellungen des Luft- und U-Boot-Kampfes kaum diskutiert wurden.“ (aus Theodor Pelster, Günter Grass, reclam Stuttgart 1999 S. 72)

Schreibauftrag für 'Gestaltendes Interpretieren':

Stellen Sie sich vor, ein Literaturverlag wird auf Pilenz aufmerksam und bittet ihn, die Geschichte von Mahlke zu veröffentlichen. Pilenz stimmt zu, sammelt seine Aufschriebe, sichtet und ordnet sie und sucht jetzt nach einem Titel für das Buch. Er erwägt den Titel „Katz und Maus“ und versucht diesen Vorschlag in einem Brief an seinen Lektor zu begründen. Da der Lektor ein sehr gewissenhafter Mensch ist und nichts dem Zufall überlassen will, sollte die Begründung

  • etwas ausführlicher und in einem eher sachlichen Stil gehalten sein (Textsorte: Brief).
  • Die Argumentation sollte des Weiteren den Titelvorschlag auf das Leitmotiv der Novelle beziehen
  • auf die Person des Protagonisten
  • sowie seine Handlungsmotive.


Und hier noch vielleicht nützliche Links
Grass: Katz und Maus - Einsatz des Computers im Literaturunterricht
Diese Vorschläge möchten anhand konkreter Beispiele exemplarische Möglichkeiten aufzeigen, wie der Computer in einer Unterrichtseinheit über Katz und Maus eingesetzt werden könnte. Aus dem Inhalt: Textanalyse am Computer, mit Frame-Seiten, mit einem Präsentationsprogramm, mit Mindmaps usw.
Durchgeführt von Wolfgang Pflaum

(cc) Klaus Dautel

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