J. W. v. Goethe  Faust  I

Faust

Faust

Der Tragödie erster Teil

Nacht

Szenerie: Mitternacht, vollgestopftes enges Zimmer, Faust ist allein, es herrscht ein trübes Licht
Gedankengehalt der Szene: Größe und Grenzen des Menschen: Gottes Ebenbild oder Tier?
Szenenverlauf: In einem Monolog stellt Faust seine für ihn unbefriedigende Lage dar. Kennzeichnend sind

-> Gefühl der Unwissenheit und                      / Erkenntnis
   Wissen um die Begrenztheit der                  /                 Bin
   Wissenschaft                          Schwarze                    ich
   ('Kerker', 'dumpfes Loch', Nacht) ---\ Kunst ----> Entgrenzung    ein
                                     ---/  M A G I E                 Gott?
-> Streben nach unbegrenzter                       \                (Z.439)
   Erkenntnis: Allwissenheit                        \ Licht
   ('lichte Höhe','schweben')
Faust wendet sich dem Zeichen des Makrokosmos zu, dies jedoch kann ihn nicht befriedigen (454) da noch zu abstrakt, zu unfassbar ('Schauspiel nur'), er will zu den 'Quellen allen Lebens', an die Brüste der Natur.
So unternimmt er nun die

Beschwörung des ERDGEISTES als dem Geist des organisch-irdischen Lebens, der die Kräfte der Natur verkörpert, doch dieser weist ihn zurück:

"Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir."
Anstatt ÜBERMENSCH (490) zu sein, muss er sich als WURM (498) erfahren! (-> Motiv: "Staub soll er fressen...")

Mitten in diese Niederlage hinein klopft Famulus WAGNER an, der jedoch Faust mit seinem beflissenen Geplapper über die Vorteile der Rhetorik vorübergehend aus seiner Verzweiflung reißt.
Aber im zweiten MONOLOG bricht sie wieder durch:

> "Ich, Ebenbild der Gottheit"(614) <--> "Den Göttern gleich ich nicht"(653)
SELBSTMORD
als Ausweg und Versuch
den Göttern zu trotzen
(„Manneswürde" 712/13)

Da ertönt der Engelschor der Osterspiele: Es ist OSTERSONNTAG

VOR DEM TOR

    Leitfragen:
  • Analysieren Sie den Aufbau der Szene (Abfolge der szenischen Einheiten)
  • Worüber sprechen Faust und Wagner (1010 ff)(Gedankengang und Ideengehalt)
  • Was erfahren wir Neues über Faust?

Szenen-Aufbau:
1. -> Alle Arten von VOLK ('buntes Gewimmel') ziehen vor die Stadt:
Handwerker, Dienstmädchen, Schüler, Bürgermädchen, Bettler, Bürger, Soldaten - und unterhalten sich über Liebe, Kommunal- und Weltpolitik.
Die Buntheit, Weitläufigkeit, Offentheit dieser Welt steht im Gegensatz zur Enge und Düsterkeit der Gelehrtenstube

-> Fausts MONOLOG fasst das Augenscheinliche gedanklich zusammen und stellt Natur und Gesellschaft unter das gleiche Wirkungsprinzip
Er richtet sich an Volk und Natur wieder auf: 'Hier bin ich Mensch' (940)

-> Die Bauern unter der Linde ehren Faust für seine Verdienste - während der Pestzeit - als junger Mann

2. Gespräch FAUST-WAGNER (1011-1147): Die Ehrbezeugungen der Bauern erwecken Fausts Unzufriedenheit (Vanitas) mit den menschlichen Möglichkeiten aufs Neue (1065) - doch wieder richtet er sich an der Natur (Abendsonne) auf: Streben, göttergleicher Lauf -> Trieb wird geweckt (1070 ff)

Faust sinniert über die 'zwei Seelen in seiner Brust', sein widersprüchliches Innenleben (1113), das hin und herschwankt zwischen erdenschwerer Triebhaftigkeit und höheren Gefilden. Daraus resultiert der Wunsch nach Entgrenzung und Lebensfülle, nach einem 'Zaubermantel'... und schon schleicht ein merkwürdiger Pudel sich heran, dessen unheimlich magische Ausstrahlung Fausts Aufmerksamkeit erregt.

STUDIERZIMMER:

    Leitfragen:
  • v.1335-1384 Mephistopheles: Wie charakterisiert er sein Geschäft und welche Schlüsse zieht Faust daraus?
  • v.1675-1784 Die WETTE: Warum und worum wettet Faust, was bietet Mephisto, was sucht Faust?

1. Faust, nun voll der frommen Denkungsart ("reget sich die Menschenliebe"V.1184), wird vom Unwesend es Pudels gestört und Unfrieden bemächtigt sich seiner aufs Neue (V.1210). Auf der Suche nach des "Lebens Quelle" schlägt er das Neue Testament auf und interpretiert es um:
Am Anfang war das Wort - nein, der Sinn - nein, die Kraft - nein, die TAT (1224-37).

Mephistopheles, von Faust beschworen, erscheint und stellt sich vor als
Prinzip der NEGATION alles Bestehenden (ab V. 1335):

"Denn alles was entsteht, ist wert, daß es zugrunde geht" (1340)
    Er ist also:
  • Teil der Schöpfung (Antipode zum Licht und der Materie zugehörig)
  • somit abhängig vom Positiven, auf dessen Existenz angewiesen
  • mit genauer Arbeitsplatzbeschreibung:
    Das menschliche Streben nach Höherem aufzuhalten und ins körperlich-sinnliche herabzuziehen
  • dies jedoch im klaren Bewusstsein seiner Vergeblichkeit
  • Alles in allem ein über sein paradoxe Existenz aufgeklärter Teufel.
Faust zieht daraus den Schluss, Mephisto überlegen zu sein, woraufhin dieser ihn in einen tiefen Schlaf fallen lässt.

2. Faust, erneut in tiefer Depression, verflucht in Mephistos Anwesenheit die Schöpfung als Blendwerk. Da bietet Mephisto seine PAKT an.

- M. bietet F. Noch-Nie-Dagewesenes, was noch kein Mensch gesehen (1674),
er bietet Befriedigung aller Lüste, Leidenschaften und Genüsse (1690).

Faust setzt eine WETTE dagegen:
- Faust will das Gegenteil: Nicht "Ruhe" sondern "Taumel" (1766),
mit gesteigerter Lebensintensität Freuden und Leiden, Genuss und Verdruss auskosten
- Leben in seiner Fülle und Widersprüchlichkeit umgreifen (1770),
- Streben ohne Ziel, Genuss ohne Befriedigung, Reise ohne Ankunft

DENN: Wahres Menschsein erfüllt sich in rastlosem Tatendrang und immerwährendem Streben, geboren aus Unzufriedenheit mit dem Bestehenden !!!
Der Vertrag wird mit Blut besiegelt, aber: Was Mephistopheles als “Pakt” vorschlug, wird von Faust als “Wette” verstanden! (Vertragsformular).


Und jetzt hinein ins volle Leben! In Auerbachs Keller in Leipzig langweilt sich Faust bei dem faulen Zauber, mit dem Mephisto ihn unterhalten will ("Ich hätte Lust, nun abzufahren." V.2296). Also müssen ihm wohl andersgeartete Genüsse zugeführt werden. Dazu allerdings bedürfte es einer kleinen Verjüngungskur und die erhält er in der

Hexenküche
Dort braut ihm die Hexe einen besonderen Trank, der ihn jung und vor allem geil machen wird. Mephisto:
"Du siehst mit diesem Trank im Leibe
Bald Helenen in jedem Weibe. (V. 2603/4)

Siehe auch Das Hexeneinmaleins.


© Klaus Dautel, 2001-10

Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte.
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