Bausteine für eine Unterrichtseinheit zum „Goldenen Topf”
Ich schlage hierfür ein Fünf-Phasen-Modell vor, das sich für mich bewährt hat und ein so komplexes Projekt schlank und übersichtlich erhält.
I. Phase: Vorwissen aktivieren, für die Lektüre relevantes Wissen herstellen, Erwartungshaltung schaffenEinige Vorschläge zur Erarbeitung von Wissen, das die nachfolgende Lektüre erleichtern könnte. Die Stichworte sollen nur Hinweise sein, keine Antworten.
- Was zeichnet ein Märchen aus?
Unbestrittene Anwesenheit von Zauberei, Hexen und Wunder, magische Zahlen & Sprüche, Böses und Gutes klar erkennbar, Prüfung des Helden/der Heldin und glückliches Ende, Ort und Zeit der Ereignisse unbestimmt („einmal”) - Was fällt uns zu einem „Goldenen Topf“ ein?
Der heilige Gral, der Topf am Ende eines Regenbogens, Miraculix’ Zaubertrank ... - „Vigilie“ bedeutet so viel wie „Nachtwache“? Was lässt sich damit assoziieren?
Nacht und Gegenwelt, beschränkte Wahrnehmung, Schlaflosigkeit, Aufputschmittel, Gespenster... - Der Protagonist ist ein Student. Charakterisiere diese Existenzform ... diesen Lebensabschnitt?
In einem Zwischenzustand lebend, noch auf der Suche, noch nicht „Bürger/Kleinbürger/Spießer&ldquo, noch zu Träumen und großen Plänen fähig ... - Ein „Punsch” ist ein alkoholisches Getränk? Welche Assoziationen löst er aus?
Rausch, Geselligkeit, der „Wunschpunsch“ (Michael Ende), unvorhergesehene Wirkungen ... - Was sollten wir über E.T.A. Hoffmann wissen?
Komponist, Schriftsteller, preußischer Beamter, Jurist ... - Was wissen wir schon über „Romantik” und das „Romantische“?
Liebe Kollegin, lieber Kollege,
vielleicht sind Sie nicht damit einverstanden, dass hier eine fast vollständige Kapitelsynopse des „Goldenen Topfes“ zu finden ist. Sie meinen, dass manche Schüler es sich dann zu einfach machen könnten und Sie den Prozess der Inhaltssicherung nicht mehr in der Hand haben. So habe ich es lange auch gesehen, bis ich feststellen durfte, dass mehr oder weniger alle sich irgendwo im Internet mit Inhaltsangaben bedienen.
Daraus ziehe ich den Schluss: Wenn schon Inhaltsangabe (oder Kapitalsynopse) in Schülerhand, dann auf jeden Fall meine eigene! Diese kann ich dann mit Interpretationshinweisen versehen, mit Arbeitsvorschlägen verbinden und entsprechende Textstellen hervorheben. Zum Beispiel:
- Arbeite die Gesamtstruktur heraus, indem Du Kapitel zu Einheiten gruppierst und dies begründest (Exposition, Krise / Höhe- oder Wendepunkte, retardierende Elemente etc.)
- Finde zu jedem Kapitel/Vigilie eine treffende Überschrift, die Inhalt und Funktion dieses Kapitels deutlich macht.
- Verfolge anhand der Synopse die Einführung, Gestaltung und Weiterentwicklung der Protagonisten und erstelle daraus ein Figuren-Diagramm - oder ausgewählte Personenportraits.
- Achte auf zentrale Motive (Feuer, Schlange, Spiegel), wiederkehrende Symbole (Lilie) und Zustände (Traum), die für die Deutungsebene relevant sein können.
- Orte, Welten und Gegenwelten:
Wer gehört wohin? Wer ist in beiden zuhause?
III. Phase: Vertiefungen: Thematische Schwerpunkte, Schlüsselstellen, Motivbereiche
- Schlüsselstelle: Serpentinas Erzählung - Salamander, Schlange, Lilie und Topf (achte Vigilie)
- Der Erzähler: Wo steht er? Welche Haltung nimmt er zum Geschehen und den Figuren ein? Was bezwecken die Leseransprachen? (am Beispiel von Textstellen aus der 4., 7. , 10 und 12. Vigilie)
- Profane & magische Orte: Dresden, der Orient, Atlantis, das Haus des Archivars
- Sprache und Perspektive: Wie der Archivarius „davonfliegt“.
- Synästhetische Erfahrungen im Spiegel Vom Klängen, Farben und Düften
- Philister & Poeten: Der junge Mensch („Student“) zwischen Anpassung und Wahnsinn. Warum ist/wird Anselmus nicht wahnsinnig?
- Zusatzimpuls 1: Der Hoffmann’sche Held, sein Mentor und die Bürgermädchen
- Zusatzimpuls 2: Der goldene Topf, ein etwas anderer Entwicklungsroman? Anselmus' Weg von Dresden nach Atlantis.
- Genre-Bestimmungen: Volksmärchen und Kunstmärchen - herkömmliche und neue Elemente
- Romantische Ästhetik: Das Serapiontische Prinzip
- Dem Wahnsinn nahe: Zwei Studenten und ein Mönch (Anselmus, Nathanael, Serapion)
- E.T.A. Hoffmanns Doppelleben: preußischer Beamter und romantischer Dichter in Zeiten von Krieg und Restauration
V. Phase: Sicherung durch Schreibaufträge - Interpretationen ausgewählter Textstellen
- Was hierher gehört:
- Fachvokabular zur Beschreibung von literarischen Darbietungsformen
- Arbeitsmethodik am Textausschnitt: Gliedern, Sinnabschnitte charakterisieren, Veränderungen herausstellen (Kontraste, Brüche, Wiederholungen), Motive, Symbole, Schlüsselbegriffe
- Baupläne für den Interpretationsaufsatz: Kontextuierung - Hypothese - Inhaltswiedergabe - Text- und Sprachanalyse - Zusammenfassung - Einbettung der Textstellen in Werkganzes - (Literatur-)historische und eventuell biografische Bezüge
- Feedback-Verfahren: Schüler geben sich Rückmeldung anhand eines Kriterienkataloges
- Einiges hierzu in der Materialkiste: Zum ”Auffrischen”.
Ohne etwas Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte.