Die Französische Revolution

Copyright des Textes: Dr. Christoph Bühler, Heidelberg

Das vorrevolutionäre Frankreich Von den Generalständen zur Revolution Die Herrschaft der Nationalversammlung Die Diktatur der Jakobiner - Die Schreckensherrschaft Die bleibenden Errungenschaften der Revolution Probleme und Schwierigkeiten der Revolution

Zeittafel

F. Probleme und Schwierigkeiten der Revolution

Das Hauptproblem, das die ganze Revolutionszeit durchzog, war das Aufeinandertreffen von innerer Dynamik und äußeren Ereignissen: jene hervorgerufen durch die sozialen Spannungen, die auch die Träger der Revolution (bes. die Gironde) nicht zu beseitigen vermochten, diese durch die Revolutionskriege, die als Mittel revolutionärer Politik angesehen wurden, aber zurückwirkend wieder die Politik der Revolution beeinflußten.

Die sozialen Differenzen entstanden fast gesetzmäßig im Verlauf der Revolution, da die Interessen des Großbürgertums und der Handwerker und Arbeiter zwangsläufig kollidieren mußten. Die Pariser Massen, besonders die Sansculotten, erhoben weit radikalere Forderungen, was die Reform des Wirtschaftslebens anging, als die Bourgeoisie, sie setzten aber vor allem diese radikalen Forderungen auch mit Druck und Gewalt durch. Das Bürgertum verhielt sich demgegenüber zurückhaltender, da eine Politik der Preisbeschränkungen und Zwangsbewirtschaftung ihren (liberalen) Interessen widersprach. Auch die Kriegswirtschaft mit ihrem staatlichen Zwang diente mehr den Interessen des Großbürgertums als der städtischen Massen. Da das Bürgertum sich die Machtmittel zu erhalten verstand, mußten die Sansculotten letztendlich unterliegen, auch wenn sich die radikalen Jakobiner zeit weise ihre Forderungen zu eigen machten.

Ausdruck dieser Differenzen ist der Zwiespalt zwischen Verfassungstheorie und politischer Wirklichkeit, wie sie sich in der Ausformulierung des Wahlrechts widerspiegelt. Trotz der formulierten Rechtsgleichheit beruhte die Volkssouveränität nach der Verfassung von 1791 auf dem Nachweis von Besitz, der erst das Wahlrecht brachte.

Durch die Radikalisierung war die Revolution insofern zum Scheitern verurteilt, als sie die politischen und wirtschaftlichen Probleme Frankreichs nicht mit Lösungskonzepten anging, sondern durch revolutionären Schwung zu überdecken suchte. Je mehr der Wohlfahrtsausschuß daher zu Unterdrückungsmechanismen griff, um so mehr verstärkte er den Widerstand gegen seine Politik. Die Reaktion der Bourgeoisie und die Hinrichtung Robespierres sind daher letztlich nur die Antwort auf diese Radikalisierung.

5. Napoleon - Bruch mit der Revolution oder Kontinuität?

Da die Frage nach der revolutionären Kontinuität der napoleonischen Herrschaft sich nicht eindeutig mit ja oder nein beantworten läßt, ist zu diskutieren, inwieweit Napoleon in der revolutionären Tradition steht: einerseits zeigen sich wohl Punkte, die ihn direkt in die Nachfolge der Revolution stellen, andererseits werden aber auch Punkte deutlich, in denen er sich vom Gedankengut der Revolution entfernt; zum dritten schließlich sind auch Bereiche zu nennen, die sich nicht eindeutig in die Rubriken Kontinuität oder Bruch einreihen lassen.

Napoleon behielt folgende Errungenschaften der Revolution bei:
bürgerlicher Charakter der Gesellschaft mit allgemeinem Staatsbürgertum und persönlicher Rechtsgleichheit;
Sicherung der persönlichen Freiheit;
privatkapitalistischer Charakter der Wirtschaft mit Aufstiegsmöglichkeit für jeden;
zentralistischer Charakter des Staatsaufbaus und
Beibehaltung der Verwaltungsorganisation.

Dagegen entfernte er sich in folgenden Punkten z.T. erheblich von den Gedanken der Revolution:
Einschränkung der politischen Freiheit, der Rechte der selbständigen Mitwirkung und Mitbestimmung;
Ersetzung der allgemeinen und freien Wahlen durch ein scheindemokratisches Plebiszit;
Wiedereinführung der Monarchie.

Zu berücksichtigen sind indessen die veränderten Verhältnisse, die geradezu nach einem "starken Mann" verlangten, der das unbeliebte Direktorium mit seinen Mißerfolgen beseitigte und durch eine militärisch begründete Machtposition Frankreichs ersetzte. Insofern steht Napoleon also in unmittelbarer Kontinuität des nationalen Gedankens, wie er am Beginn der Revolutionskriege in patriotischer Begeisterung aufkam.

In folgenden Punkten muß die Frage nach der Kontinuität differenziert gesehen werden:
Die Kirche mußte zwar auf die durch die Revolution säkularisierten Güter verzichten, konnte aber ihre Wirkung - sogar mit Hilfe des Staates - frei entfalten;
Die Mehrzahl der emigrierten Adligen kehrte nach Frankreich zurück, mußte aber die Besitzveränderungen anerkennen - ihr neuer Platz war in der bürgerlichen Gesellschaft, nicht mehr innerhalb eines privilegierten Standes;
Die Verwaltung wurde zwar in ihrer Organisation beibehalten, aber ausschließlich von oben gesteuert: Präfekten und Bürgermeister wurden von der Zentralregierung in Paris ernannt, das demokratische Element im Verwaltungsaufbau trat zugunsten eines zentralistischen Elements zurück.
In der Außenpolitik wurde als Erbschaft der Revolution die Politik der "natürlichen Grenzen" Frankreichs, die durch Eroberungen zu gewinnen waren, fortgesetzt, sie diente aber mehr und mehr den Zielen eines militärisch- politischen Expansionsstrebens, das schließlich 1814/15 auf seinem Höhepunkt zusammenbrach.
Die Wirtschaftsordnung blieb zwar von merkantilistischen Prinzipien und den Schranken der Ständeordnung befreit, bevorzugte aber ausschließlich das gehobene Bürgertum, während für die unteren Schichten die Ungleichheit fixiert war.


Dieser Text erschien in: Abitur-Training Grundkurs Geschichte 1. 1. Aufl. 1989, Stark-Verlag, Freising, und wurde in der Neuauflage des Bandes nach der Revision des Baden-Württembergischen Lehrplans nicht mehr abgedruckt.

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