Die Ratten. Tragikomödie

Akt IV

In der Wohnung der noch abwesenden Frau John an einem Sonntag Morgen um 8 Uhr.
Maurerpolier John, aus Hamburg mit dem Nachtzug angereist, rasiert sich, während Hausmeister Quaquaro das neulich im Haus Vorgefallene berichtet: Die Sache mit dem Kind der Knobbe, die Geschichte, dass Schwager Bruno mit der Piperkarcka gesehen wurde und letztere nun verschwunden ist. Den Gemütsmenschen John interessiert dies alles nur mäßig, doch die Behauptung, dass das tote Kind bei seiner Frau in Pflege gewesen sein soll, macht ihn stutzig.

Deswegen fragt er Selma noch einmal darüber aus, diese aber erzählt nicht alles, was sie weiß. Der in der Zwischenzeit erschienene Spitta erzählt John von seinem Zerwürfnis mit dem Vater und dass er nun gänzlich mittellos sei. Er hungert sich durch, doch nicht ohne Stolz.

Walburga kommt. Sie hat sich aus dem elterlichen Hause weggestohlen. Sie und Spitta versichern sich ihre Treue, eine rührende Szene, in der Spitta eine längere Rede über die Zukunft dieser unglücklichen Jugend und über falsches Christentum hält. Walburga ist darüber hinaus in Aufregung, weil sie eine gerichtliche Vorladung erhalten hat, allerdings ohne nähere Erklärung.

Frau John mit Säugling kehrt von ihrem Verwandtschaftsbesuch auf dem Lande zurück, ziemlich fertig und verstaubt. Sie redet etwas wirr von toten Kindchen, die in der Sonne wieder zum Leben erwachen, so dass Spitta und Walburga rasch das Weite suchen.

Herr John kommt und freut sich, seine Frau und das Kind zu sehen, doch Frau John ist auch ihm gegenüber zerstreut, fahrig, "geistesabwesend", verängstigt. Er schreibt es der nicht ganz überstandenen Geburt zu. Sie erinnert ihn an ihre erste Begegnung (1872), als der junge Mann stolz und mit Orden aus dem deutsch-französischen Krieg heimkehrte - jetzt würde er nicht mehr für König und Vaterland ins Feld ziehen, kein "Kanonenfutter" mehr. Dann schlägt Frau John plötzlich vor nach Amerika auszuwandern, erkundigt sich nach dem "Freilein" ... ein rätselhaftes Verhalten.

Von John zuerst unbemerkt schleicht sich Bruno Mechelke ins Zimmer, Frau John erschrickt vor ihm wie vor einem Gespenst, John sieht ihn und holt seine Armeepistole aus dem Schrank, Frau John bringt ihn zur Vernunft, die beiden Männer belauern sich, bis John seiner Frau zuliebe das Haus verlässt und beim Weggehen damit droht, mit einem Wachmeister wiederzukehren.

Bruno braucht Geld um sich abzusetzen: Er hat sich im Auftrag seiner Schwester an die Piperkarcka herangemacht und versucht sie einzuschüchtern, damit sie die Frau John in Ruhe lasse. Dabei ist es nach Brunos Darstellung zur handgreiflichen Auseinandersetzung gekommen, und zwar in der Nacht zwischen 3 und 4 Uhr (94), was Bruno recht gespenstisch-poetisch schildert, da war es um sie geschehn: Der Außenseiter Bruno hat sich für seine Schwester nützlich gemacht, das ist seine Rechtfertigung, jetzt will er Geld um über die Grenze zu flüchten. Er geht mit dem Geld ab und Frau John bricht zusammen.

  • Zwei Existenzen am Abgrund:
    Spitta und Frau John:
    Beschreiben und vergleichen Sie deren Krisensituation.
    Wer hat eine Chance, da wieder heil herauszukommen?

    Einige Stichworte:

Spitta:
- materielle Krise bei seelischer Festigkeit (persönlicher Stolz, weltanschauliche Überzeugungen und Prinzipientreue: Kein Pfarrer, kein Maurer, lieber ungebeugt und aufrechten Hauptes zugrunde gehen),
- Walburga als treue Gefährtin
- berechtigte moralische Entrüstung über Doppelmoral und Heuchelei in der Gesellschaft
Frau John:
- seelische Krise bei materieller Sicherheit,
- ohne Aussicht auf Verständnis bei ihrem Mann (Wozu auswandern?!)
- schwer belastetes Gewissen durch ihre eigene Tat und nun auch durch Brunos Tat
- schuldig im Sinne des tragischen Konflikts
- aber auch schuldig im Sinne des geltenden Rechts


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Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte.
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