Dos and Don‘ts (nicht nur) für den Deutschunterricht
Deutsch als Zweitsprache (DaZ): Was bedeutet „sprachsensibler Unterricht“?
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Das Wichtigste vorweg:
- Ziel ist es, den Schüler zur aktiven Teilnahme am Regelunterricht zu befähigen.
- Voraussetzung ist der Erwerb einer Sprachkompetenz, die im Wesentlichen im Bereich „konzeptioneller Schriftlichkeit“ liegt. Dazu müssen Fachunterricht und Deutschunterricht ihren Teil beitragen. Auch Gute umgangssprachliche Fähigkeiten z.B. von hier geborenen Kindern mit Migrationshintergrund lassen nicht auf gleichwertige Schreibfähigkeit schließen - auch nicht auf fachsprachliche Fähigkeiten.
- Zweitsprachenerwerb ist erfolgreich auf der Basis einer gesicherten Erstsprache. Muttersprachliche Kompetenz (die „Denkbasis“) ist förderlich für den Erwerb der Zweitsprache.
- Interessieren Sie sich für die Biografie und die kulturelle Lebenswelt der DaZ-Lerner.
- Interessieren Sie sich für die Herkunftssprache und deren System (z.B. Präpositionen im Türkischen!?).
- Zeigen Sie Wertschätzung für die sprachlichen und auch lebenspraktischen Leistungen der Schüler.
- Schaffen Sie Gelegenheiten, bei denen das Kind/der Schüler sein spezielles Wissen vermitteln kann.
- Geben Sie klare Anweisungen und sprechen Sie deutliches, aber nicht künstlich vereinfachtes Deutsch.
- Seien Sie sich der besonderen Sprache und Spracherwartungen Ihres Faches bewusst!
- Denken Sie über Wortschatzlisten für Ihr Fach nach, die Sie dann an den Schüler weitergeben können (an den Förderlehrer, den Deutschlehrer oder die Nachhilfe)
- Seien Sie sich auch der besonderen Syntax und Formenbildung in Texten ihres Faches bewusst („Beim Erhitzen des Säure-Basen-Gemisches ist eine Farbveränderung zu beobachten.“)
- Reflektieren Sie die Aufgabenformate und -formulierungen, vermeiden Sie z.B. mehrteilige Aufgabenstellungen, die in einen Satz gezwängt werden: „Erarbeite a/b/c... unter Berücksichtigung von d/e/f ... Überlege dabei auch wie g und h!“
- Halten Sie sich an vereinbarte Operatoren!
- Denken Sie schon vor der Präsentation von Texten über deren Entlastung nach: Wortgeländer, Zwischenüberschriften, Randmarkierungen, Unterstreichungen. Dafür sind auch Muttersprachler dankbar und es entlastet den Unterrichtsfortgang. Fragen Sie nicht in die Klasse hinein („Wer weiß, was ... heißt?“), sondern lassen Sie die Schüler (angstfrei) Fragen stellen (Was heißt / Was bedeutet ....?“).
- Auch Nicht-Deutschlehrer sollten über Grundkenntnisse in deutscher Grammatik und Terminologie verfügen, um sich mit Schülern in der im DU gelernten Terminologie zu verständigen (Siehe „Stolpersteine“ der deutschen Sprache).
- Lassen Sie im Fremdsprachenunterricht (wieder) öfter Texte übersetzen.
- Die Lehrkraft kann immer wieder interkulturelle Aspekte in Sprach-Unterricht oder Literaturbehandlung einbeziehen.
- Die Lehrkraft kann in der Literaturauswahl auf den Erfahrungshorizont dieser Schüler Rücksicht nehmen: Jugendbücher zum Thema Integration und interkulturelle Verständigung ( Extra-Liste), Kurzgeschichten, Reiseberichte, Literatur von Migranten, ausländische Literatur in Übersetzungen ...
- Grammatik-Unterricht muss systematisch und regelmäßig sein! Durch lediglich situativ veranlasste Behandlung von grammatischen Phänomenen entsteht für DaZ-Lerner kein systematisches Sprachwissen.
- Lassen Sie bilinguale Zusatzmaterialien zu: Wörterbücher, Übersetzungen, Lexika, (Smartphone!?) ermuntern Sie Schüler, Übersetzungslisten anzulegen.
- Lassen Sie den Einsatz von Rechtschreibprogrammen am Computer zu. Empfehlen Sie Lern-Software (z.B. „Cesar“ Lernspielreihe, www.ces-verlag.de).
- Stellen Sie (auch für die Leistungsmessung) das richtige Wörterbuch zur Verfügung: Das muss auch Informationen über die Pluralform des Substantivs und die Bildung des Genitivs enthalten, über Umlautungen, starke Verbformen und die besonderen Formen der 2./3. Person Singular Präsens ( Imperativ).
- Bauen Sie eine gemeinsame Unterrichtssprache auf (im Sinne von Classroom-phrases“), an die Sie sich halten.
- Lassen Sie DaZ-Schüler besondere Sprachtagebücher oder Textsammlungen führen, die Sie regelmäßig und wohlwollend anschauen.
- Schauen Sie ab und zu die deutsche Sprache mit einem „fremden Blick“ an, damit Sie deren Komplexität und Zumutungen erkennen („Stolpersteine“).
- Praktizieren Sie explizite Techniken der Texterfassung: Erfassen der „Konnektoren“ (Pronomen, Konjunktionen, Adverbien), Aufsuchen und Verknüpfen von Schlüsselwörtern, Reduktion von komplexen Sätzen auf ihren Kern (Subjekt, Prädikat, Objekt), Zerlegung von Hypotaxen in Hauptsätze ...
- Erleichtern Sie die Textproduktion durch Textmuster und Wortspeicher: Redemittel (Sprechakte: Zustimmen, vorschlagen, begründen, zweifeln, widersprechen, bekräftigen), Gliederungsformeln und sachlogische Verknüpfungen.
- Lassen Sie Schreibaufträge in Tandems abarbeiten: Ein DaZ- und ein Nicht-Daz-ler.
Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte.