Klonen

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Technik, Ethik und Biogenetische Kunst Betrachtungen zur Schöpferrolle des Menschen
Jonas, H. in: Flöhl, R. Genforschung - Fluch oder Segen? 1985 S.1-15
Exzerpt von Heinz-Hermann Haar

Inhalt:


I. Definition "Technik":

Technik ist Ausübung menschlicher Macht

  • ---> und unterliegt als Form menschlichen Handelns moralischer Prüfung

Grundthese: Moderne Technik stellt völlig neue Fragen an die Ethik, die in der Vergangenheit bisher so nicht aufgetreten sind, und fordert daher neue Kriterien des Handelns.

1. Ambivalenz der Wirkungen

Bisher:

  • Im allgemeinen ist jede Fähigkeit "als solche" oder "an sich" gut und wird nur durch Mißbrauch schlecht.

    • <--- Vor.: Man kann zwischen dem richtigen und falschen Gebrauch einer Fähigkeit unterscheiden! Bisher war das auch so.

Das Neue durch moderne Technik:

Moderne Technik ist ein Bereich, in dem die gute Intention allein durch die schiere Größe der Macht in negative Folgen umschlagen kann, zumal die Langfristigkeit der Auswirkungen grundsätzliches Kennzeichen der Technik ist.

  • ---> Die Frage nach der Unterscheidung zwischen guter und schlechter Anwendung ist nicht mehr im Vorhinein zu entscheiden.

    • ===> Der Technik wird in ihrer Anwendung der Freiraum ethischer Neutralität verwehrt. Gerade das Vorantreiben des Guten kann das Schädliche mitproduzieren.

      • "Die Gefahr liegt mehr im Erfolg als im Versagen.- und doch ist der Erfolg nötig unter dem Druck der menschlichen Bedürfnisse."

Ethik der Technik muss sich einlassen auf diese Mehrdeutigkeit der Technik.

2. Zwangsläufigkeit der Anwendung

Bisher:

  • Besitz einer Fähigkeit bedeutet nicht automatisch auch deren Anwendung, auch ein Wissen kann sich seine Anwendung vorbehalten.

Das Neue durch moderne Technik:

Vor.: Unsere Gesellschaft hat sich in ihrer ganzen Lebensgestaltung auf die laufende Aktualisierung der technischen Möglichkeiten gegründet.

  • ==> Jede neue technische Möglichkeit erzwingt ihre Anwendung im Großen und tendiert dahin, diese Anwendung zu einem dauernden Lebensbedürfnis zu machen.

    "So wird der Technik, die gesteigerte menschliche Macht in permanenter Tätigkeit ist, […] auch die wohltätige Trennung zwischen Besitz und Ausübung einer Macht versagt."

Ethik der Technik muss sich einlassen auf die Folgen der Zwangsläufigkeit ihrer Anwendung

3. Globale Ausmaße in Raum und Zeit

Bisher:

  • Handlungen hatten begrenzte zeitliche und räumliche Auswirkungen.

Das Neue durch moderne Technik:

Die schiere Größe von Handlungen und Wirkungen gewinnt moralische Bedeutsamkeit und technische Handlungen neigen aufgrund der Einstellung unserer Gesellschaft zum Wachsen ins Große.

  • ==> "Die Werke der Technik breiten sich über den Erdball aus; ihre kumulativen Wirkungen erstrecken sich möglicherweise über zahllose künftige Geschlechter."

    • ---> Mit unserem Handeln (für meist selbsterzeugte Bedürfnisse) beeinflussen wir das Leben zukünftiger Generationen. Es hat Langzeitwirkung in Raum und Zeit.

  • <=== Es ist ein Gebot der Fairness gegenüber unseren Nachkommen so zu handeln,

"[…] daß deren Chance, mit jener Hypothek fertig zu werden, nicht im voraus kompromittiert."

  • --> Dies fordert die ethische Kategorie "Verantwortung" heraus.

    • "[…] Die Anforderungen an die Verantwortlichkeit wachsen proportional zu den Taten der Macht."

Ethik der Technik muss sich einlassen auf "[…] das Eindringen ferner, zukünftiger und globaler Dimensionen in unsere alltäglichen, welt-praktischen Entscheidungen […]".

4. Durchbrechen der Anthropozentrik

Bisher:

  • Bisher galt für alle Ethik das anthropozentrische Monopol. Es galten die Forderungen:

    • das menschliche Gut zu fördern

    • die Interessen von Mitmenschen in räumlicher und zeitlicher Nachbarschaft zu respektieren.
      <=== "Gegenstand menschlicher Pflicht waren Menschen, äußerstenfalls: die Menschheit, und sonst nichts auf dieser Erde."

Das Neue durch moderne Technik:

Die fast monopolistische Macht versetzt den Menschen in die Rolle einer planetarischen Macht ersten Ranges.

===> Er darf (und kann) nicht mehr nur an sich und seine Gattung denken.

  • <--- Die Verletzlichkeit alles Lebendigen gegenüber den Eingriffen des Menschen ver langt ihren Anteil an Beachtung und Achtung durch den Menschen.

    • Vor: Alles Lebendige trägt seinen Zweck in sich selber. (Es muss sich nicht rechtfertigen, dass es da ist.)

      • ---> Es entsteht die Verpflichtung, unseren Nachkommen keine verödete Welt zu hinterlassen. Der Mensch wird zum Verwalter und Wächter der Schöpfung. (Dies war bisher eine religiöse bzw. metaphysische Position.)

    • Egoistischer Anteil: "[…] verarmte Natur , bedeutet auch ein verarmtes menschliches Leben."

      Das Übermaß an Macht legt dem Menschen die transzendente (unbedingte) Pflicht auf, "[…] die am wenigsten wiederherstellbare, unersetzbarste aller 'Ressourcen' zu schützen - den unglaublich reichen Genpool, der von Äonen der Evolution hinterlegt worden ist."

Ethik der Technik muss sich darauf einlassen, dass menschliche Verantwortung zum erstenmal in der Geschichte der Menschheit kosmisch wird.

 

5. Die Aufwerfung der metaphysischen Frage

Bisher:

  • Die Menschheit stand nie vor der Frage, ob und warum es in Zukunft auch ein Menschheit geben soll.

Das Neue durch moderne Technik:

"Das apokalyptische Potential der Technik - ihre Fähigkeit, den Fortbestand der Menschengattung zu gefährden […] wirft die metaphysischen Frage auf […] ob und warum es in Zukunft auch eine Menschheit geben soll."

  • ---> Die Antwort auf diese Frage ist bedeutsam dafür, wieviel wir erlaubterweise in unseren großen technischen Wetten riskieren dürfen und welche Risiken gänzlich unzulässig sind.

    • "Mit jedem neuen Schritt (= 'Fortschritt') der Großtechnik setzen wir uns schon unter den Zwang, zum nächsten und vermachen denselben Zwang der Nachwelt, die schließlich die Rechnung zu zahlen hat."

Das Dilemma liegt nun darin, dass die Segnungen der Technik, je mehr wir auf sie angewiesen sind, die Drohung enthalten, sich in einen Fluch zu verwandeln. Hinzu kommt die große Zahl der Menschheit. (

---> Wir können nicht hinter den technischen Stand zurück,

  • ---> Es ist z.B. moralisch undenkbar, hinter den erreichten Bestand z.B. der biomedizinischen Betreuung zurückzufallen, weil dies das Todesurteil für viele heute lebenden Menschen wäre.

    • --->Wir können nur mit der Technik vorwärts gehen, um aus der Technik selbst, mit einer Dosis mäßigender Moral, die Heilmittel für die Krankheit zu finden.

Ethik der Technik muss sich auf die Forderung einlassen:

"Um der menschlichen Autonomie willen, der Würde, die verlangt, daß wir uns selbst besitzen und uns nicht von unserer Maschine besitzen lassen, müssen wir den technologischen Galopp unter außertechnologische ( = ethisch verantwortete ) Kontrolle bringen."

II. Gentechnik als ethisches Problem

In der Gentechnik schafft der Mensch neue Lebewesen, die sich sozusagen ihrem Schöpfer gegenüber selbständig machen, er kann sie nicht mehr nach Belieben ein- und ausschalten.

  • ---> Diese neuen Lebewesen vermehren sich und entwickeln sich eventuell zu neuen Formen. Sie gewinnen selbsttätige Kraft, der Mensch begibt sich damit seiner Alleinursächlichkeit.

    • Unterscheidung zwischen Züchtung und gentechnologischer Veränderung der Züchtung:

      • Auslese der gewünschten natürlicherweise hervorgebrachten Phänotypen

      • Es bleibt aber die Natur, die das Auslesematerial liefert

      • Die Rückkreuzbarkeit reißt in der Regel nicht ab.

    • Kennzeichen gentechnologischer Veränderung

    • Es wird artfremdes genetisches Material eingespeißt

    • es handelt sich also um eine künstliche, hergestellte Lebensform

Was ist bisher real möglich?

Genetische Umschaffung von Bakterien (z.B. zur Erzeugung von: Insulin, Interferon)

  • Sie sind so geschaffen, dass sie außerhalb der künstlichen Laborwelt nicht lebensfähig sind, d.h.,

    • Gefahr bei Entkommen kaum gegeben

      Hilfreich, da sie einen Mangel in der medizinischen Versorgung beheben.

Erschaffung neuer Neomikroben, die gerade für Freilandversuche geschaffen werden.

Sie müssen in der natürlichen Umwelt überlebensfähig sein --->

  • Es ist nicht vorherzusehen, ob sie sich völlig ungeplant weiterentwickeln.

    • <--- Nicht erst auf den Benutzern, schon auf den biologischen Neuschöpfern liegt hier eine ganz neuartige Verantwortung.

      <--- Es muss eine Güterabwägung geschehen, was ist wichtig und notwendig (z.B. zur Behebung eines Mangels), und was überflüssig (z.B. begründet in menschlicher Eitelkeit oder in Vorurteilen)?

Mit all diesen Fragen wird ethisches Neuland betreten für dessen nie zuvor gestellten Fragen wir noch gänzlich unvorbereitet sind.

Es stellt sich die ethische Haupt- und Grundfrage, ob den Objekten solcher Kunst der willkürlichen Umschaffung nicht Unrecht geschieht. Späte stens bei der Frage nach der Erlaubtheit der Anwendung solcher Experimente am Menschen stellt sich diese metaphysische Frage der Erlaubtheit solchen Tuns.

Die Anwendung gentechnologischer Veränderung zielt im Kern auf die Ausschaltung des Zufalls in der Entwicklung, der in natürlichen Abläufen eine auch existentiell entscheidende Rolle spielt, denn:

  • der Zufall, der in der natürlichen Artentwicklung waltet, ist die Garantie, dass jedes Geborene Lebewesen einmalig ist und keines dem anderen gleicht. Er ist Last wie Chance zugleich in seiner Unberechenbarkeit.

Durch die Ausschaltung des Zufalls wird der Mensch zum Herren auch seiner eigenen Entwicklung.

Zwei Arten der Gentechnik müssen in der ethischen Bewertung unterschieden werden.

1. Rekombinante DNS-Technik

  • Verändert das Zufallsgegebene durch Genmanipulation

2. Klonierung als Vervielfältigung von Musterindividuen

Hier wird eine genetische Auswahl fixiert und unendlich reproduzierbar gemacht.

  • Kritik

    a) zur Möglichkeit der Klonierung, die sich aus der Frage, wie sich ein kloniertes Wesen empfinden muss, ergibt:

    • die Authentizität des einzelnen geht verloren, wenn er sich als Abklatsch eines Seins empfinden muss

    • die Freiheit des sich erst Entdeckens und Überraschens geht verloren

    • Umwelt legt mich fest und ist mir gegenüber nicht frei

    • das Grundrecht auf Nichtwissen, das zur existentiellen Freiheit uner lässlich gehört, ist von vornherein verletzt.

  • b) Allgemeine Kritik an der Klonierung.

  • Sie ist auch deshalb ethisch fraglich, weil:

  • kein Übel und keine Krankheit nach Heilung rufen

  • einmal erworbenes Wissen unwiderstehlich nach Neuem und nach Anwendung schreit.

  • Weder dem Wahren noch dem Guten wird hier gedient.

1. Zu Anwendung der Gentechnik im engeren Sinne

Hier lassen sich ethisch bejahenswerte Motive für deren Anwendung anführen: Z.B. im Beheben von genetisch bedingten Krankheiten. Hier geht es eher um Reparatur als um Menschenschöpfung.

  • Einschränkende Kritik:

    • Experimente an Ungeborenen sind unethisch, da diese Experimente zusätzlich auch noch mit einem hohen Risiko verbunden sind.

    • Was tun mit Fehlern der Technik?

    • Unser Verhältnis zu Behinderungen insgesamt wird negativ beeinflußt.

    • Biogenetische Fehler sind irreversibel.

    • Biogenetische Kunstfehler breiten sich aus.

    • Wir wissen zu wenig über die Interaktion von genetischem Material untereinander, manches mag sich auch erst in Generationen erweisen und sichtbar werden.

    • Wir sind zu solchen Experimenten nicht ausgerüstet. Weder mit der Weisheit noch mit dem Wertwissen und auch nicht mit der notwendigen Selbstzucht; und keine alten Ehrfürchte halten uns von unserem Tun ab.

--> Klug wäre ein Verzichten auf solche Experimente. Für einen solchen Verzicht spricht aber im Moment wenig.

2. Schlußthese:

Unsere völlig enttabuisierte Welt muß angesichts ihrer neuen Machtarten freiwillig neue Tabus aufrichten.

 


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Letztes Update dieser Seite: Samstag, 14. Oktober 2000


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