Sébastien Le Prestre, Seigneur de Vauban, auch Marquis
de Vauban (* 1. Mai oder 4. Mai, getauft am 15. Mai) 1633
in Saint-Léger-Foucheret (Dept. Yonne); † 30. März 1707
in Paris), französischer General, Festungsbaumeister Ludwigs
XIV. und Marschall von Frankreich.

Hyacinthe Rigaud (1659 - 1743): Portrait Vaubans
Pastell, genannt "aux trois crayons" (drei Kreiden),
17. Jh. |
Sébastien le Prestre, der spätere Marquis de Vauban, stammte
aus bescheidenem burgundischem Landadel und wurde Anfang
Mai 1633 in Saint-Léger-le-Foucheret bei Avallon als Sohn
von Urbain le Prestre und Edmée Cormignolles geboren. Die
Le Prestres wirkten als Notare und waren in der Land- und
Fortwirtschaft tätig. Urbain le Prestre führte auf seinen
Ländereien im nördlichen Morvan das dort bis dahin unbekannte
Veredeln von Obstbäumen durch Pfropfen ein. Dorf und Herrschaft
Vauban (Dept. Nièvre), nach der sich Sébastien le Prestre
später nannte, hatte sein Urgroßvater Emery le Prestre erworben.
Schon als Schüler im Kolleg der Karmeliter in Semur-en-Auxois
zeigte der Junge eine große Begabung für Mathematik.
Im Alter von knapp 18 Jahren trat Vauban als Kadett in
das Regiment des Prinzen Condé ein, ein Vetter von Ludwig
XIV. und einer der führenden Köpfe der Fronde genannten
Opposition des französischen Adels gegen die Krone. Hier
machte Vauban erste Erfahrungen im Festungsbau. 1653 geriet
er in Gefangenschaft, und Kardinal Mazarin selbst überzeugte
den talentierten und vielversprechenden jungen Ingenieur-Soldaten
zum Übertritt in die königliche Armee, in der er bis in
die höchsten Positionen aufstieg.
1655 wurde der gerade 22-jährige Vauban zum "Ingénieur
ordinaire du roi" ernannt. Im den folgenden Jahren leitete
er erfolgreich Angriffe auf Montmedy, Gravelines, Ypern
und Oudenaarde. 1663 erhielt er eine eigene Kompanie im
Regiment der Picardie. 1676 wurde Vauban zum Feldmarschall,
1678 schließlich zum "Commissaire géneral des fortifications"
ernannt, also Generalkommissar aller französischen Festungen.
Den höchstmöglichen Rang in der königlichen Armee erreichte
Vauban im Jahr 1703 als er nach der Rückeroberung von Alt-Breisach
- der letzten Belagerung, an der der 70-Jährige aktiv teilnahm
- zum Maréchal de France erhoben wurde. 1705 folgte die
Aufnahme als Ritter in den exklusiven königlichen "Ordre
du Saint-Esprit".
Vauban war seit dem 25. März 1660 mit seiner
Kusine Jeanne d'Aunay, der Tochter des Baron d'Epiry verheiratet.
Das Paar hatte drei Kinder: zwei Töchter und einen Sohn,
der schon früh verstarb. Vauban war die meiste Zeit des
Jahres im Dienst des Königs in ganz Frankreich und den angrenzenden
Gebieten unterwegs. 1675 erwarb Vauban die Herrschaft Bazoches
mit Dorf und Schloss unweit von Vézelay. Es wurde von ihm
zum Landsitz für seine Familie aber auch zum technischen
Hauptquartier mit einem eigens angefügten Atelierflügel
ausgebaut.
Festung Belfort © Wikimedia
Commons
Die zu Beginn des Jahres 1707 anonym publizierte und von
Vauban an zahlreiche Freunde und politisch interessierte
Bekannte verteilte Schrift "Projèt d'une dixme royale" (Projekt
eines königlichen Zehnten], in der er eine Reform der vor
allem für die Landbevölkerung drückenden Steuern vorschlug,
brachte Vauban am Ende seines Lebens beim König in Ungnade.
Am 30. März 1707 starb er in seinem Pariser Stadtpalais
an einer Lungenentzündung und wurde am 16. April in der
von ihm selbst als Familiengrablege an die Pfarrkirche Saint-Hilaire
von Bazoches (Dept. Nièvre) angefügten Sebastianskapelle
begraben. 1793 brachen Revolutionäre die Gruft auf und raubten
die Bleisärge, um daraus Kugeln zu gießen. Bei Bauarbeiten
in der Kirche fand man 1804 die separat bestattete Bleiurne
mit Vaubans Herz. Sie wurde auf Veranlassung Napoleons I.
nach Paris gebracht. Am 28 Mai 1808 wurde die Urne feierlich
in den Invalidendom überführt. Das eigens geschaffene mächtige
Grabdenkmal Vaubans in der östlichen Seitenkapelle bildet
seither das Pendant zu einem Monument für Turenne in der
gegenüberliegenden Kapelle, das schon 1800 auf Befehl Napoleons
aufgestellt worden war. Vaubans Geburtsort Saint-Léger-le-Foucheret
erhielt 1867 per Dekret Napoleons III. zu Ehren des Marschalls
den Namen "Saint-Léger-Vauban".
Literarisches und wissenschaftliches Werk
In seinen 56 Dienstjahren hat Vauban, schon zu Lebzeiten
mit dem Ehrentitel "Ingénieur de France" belegt, 33 neue
Festungen geplant, für 160 Plätze über 400 Projekte geliefert
und unzählige bestehende Festungsanlagen modernisiert. Er
ist der eigentliche Schöpfer der "enceinte de fer", des
eisernen Gürtels, mit dem Frankreich unter Ludwig XIV. seine
Außengrenzen sicherte. Vauban gilt zu Recht als der bedeutendste
Militärachitekt der Barockzeit. Als Soldat und Feldherr
nahm er an 53 Belagerungen und 140 Gefechten teil und wurde
mehrfach verwundet. Vor Maastricht führte er 1673 das Angriffssystem
der Parallelen ein und erfand den Rikoschettschuss, den
er 1697 vor Ath erstmals einsetzte. Als sein Hauptwerk gilt
die Festungsstadt Neuf-Brisach/Neu-Breisach (Dept. Haut-Rhin).
Neben dem eigentlichen Festungsbau befasste sich Vauban
mit Fragen der Stadtplanung, der Landwirtschaft, des Ackerbaus
und der Viehzucht, des Wasser- und Verkehrswegebaus mit
Schleusen, Kanälen und Aquädukten, darüber hinaus auch mit
Statistik, Ökonomie, Steuerwesen und Finanzpolitik, Religion
und Philosophie. Sein besonderes Interesse galt der Verbesserung
der Lebensbedingungen für die ärmeren Schichten des Volkes.
Ausdrücklich warnte er vor den ökonomischen Folgen der Verfolgung
und Vertreibung der Hugenotten nach der Aufhebung des Ediktes
von Nantes. Vauban pflegte eine ausgedehnte Korrespondenz
mit zahlreichenden führenden Geistesgrößen seiner Epoche,
darunter die Minister Louvois und Colbert, oder Literaten
wie Racine, Fénelon und anderen. Seit 1699 war Vauban Ehrenmitglied
der französischen Akademie der Wissenschaften.
Vauban veröffentlichte wenige seiner Schriften selbst,
legte aber in zahlreichen handschriftlichen "Mémoires" und
Traktaten, darunter den 12 Bänden seiner als "Mes Oysivetés"
(Meine Müßiggängereien) zusammengefassten Gedanken, die
Grundlage der unter seinem Namen gedruckten Publikationen.
Ein Teil der "Oisivetes" wurde 1843-1846 in 4 Bänden publiziert;
ferner erschienen nach seinem Tod unter Benutzung seiner
Handschriften:
- Traite de l'attaque et defense des places (1737, 2
Bände; neue Ausg. 1829 - deutsch als Der Angriff und die
Vertheidigung der Festungen (hg. von Major de Humbert,
2 Bände, Berlin 1744)
- Traite des mines (1737)
- Traite des sieges (1747, neue Ausg. 1829)
- Œuvres militaires (hrsg. von Foissac, 1793, 3 Bände)
- Memoires militaires (hrsg. von Fave, 1847)
- Memoires inedits du marechal V. sur Landau. Luxembourg
etc. (hrsg. von Antoine-Marie Augoyat, 1841)
Vaubans 1707 anonym publizierte Schrift "Projèt d'une dixme
royal" wurde zeitweise auch seinem Vetter Bois-Guillebert
zugeschrieben.
|