Dora - Das Leben der Häftlinge - Strafen
Willkür Das Leid, welches den Häftlingen im Konzentrationslager Mittelbau-Dora widerfahren ist, ist aus heutiger Sicht unbegreiflich. Sie wurden auf Grund geringster "Vergehen" von den Gefolgsleuten der SS durch unmenschliche Strafen in ihrern Menschenrechten verletzt, sie wurden beleidigt, missachtet und sogar geschändet. Strafen gehörten zum Lageralltag wie die Arbeiten im Raketentunnel und die täglich an- und abrollenden Deportationszüge (siehe Bild 1). Die Strafen waren vielschichtig und wurden willkürlich, nach dem Willen der SS-Wachmänner, ausgesprochen und vollzogen. Sie wurden beispielsweise durch Ohrfeigen bestraft, wenn sie während der Arbeitszeit saßen, oder zu langsam arbeiteten. Erhängen, Erschießen, Ersticken Die Vielschichtigkeit der vollzogenen Strafen, aber auch deren Grausamkeit und Brutalität zeigt sich an den verschiedensten Berichten ehemaliger Häftlinge, sei es mündlicher Natur oder schriftlicher. So sind der niedergeschriebenen Aussage des ehemaligen politischen, belgischen Häftlings Pierre-Joseph Denis vor dem Office of U.S. Chief of Council, am 16.04.1945, die "Gegenmaßnahmen gegen Sabotage" zu entnehmen. Hierbei wird auf die von SS-Leuten zu vollziehenden Strafen eingegangen, die angefangen bei "25 Schlägen auf das Gesäß" über "Erhängen" bis hin zu "Erschießungen in den Nacken" reichten. Hierbei ist zu sagen, dass diese Strafen, im Vergleich zu anderen wie z.B. "Ersticken in einem Eimer mit menschlichen Exkrementen", für die Betroffenen zu den "Angenehmeren" zählten. Erhängen als Strafmaßnahme Ebenfalls zu den sog. "angenehmen Strafen" zählte das Erhängen (siehe Bild 2 und Bild 3). Aus mehreren Dokumenten geht die Vorgehensweise der Wachmänner hervor: |
Notwendige Strafveränderungen Das anfängliche "Knüppeln" wurde wegen verschiedener Gründe eingestellt. Einer dieser Gründe war, dass die Arbeiter in den modernsten Abschnitten der V-Waffen-Produktion speziell angelernt werden mussten und dass es sich als unprofitabel erwies, solche Spezialisten wegen Geringfügigkeiten totzuschlagen. Außerdem bestand die Gefahr, dass durch das "Knüppeln" teure Raketenteile in Mitleidenschaft gezogen wurden, was aus der Sicht der Nationalsozialisten einem wirtschaftlichen Fiasko gleich kam. Diesen Verlust einer Terrormöglichkeit, versuchte die Lagerleitung durch Verschärfung des psychischen Drucks zu kompensieren. So wurden dir Formen des Terrors durch die Mittelwerkdirektion verändert, je nachdem ob primitive oder komplizierte Arbeiten überwogen, was eine Erklärung für die scheinbare Widersprüchlichkeit bei der Gestaltung der Existenzbedingungen in verschiedenen Abschnitten im KZ Dora bietet. Entwicklung eigener Strafsysteme Offiziell bestand die Vorschrift, alle Strafen bei der zentralen KZ-Inspektion in Oranienburg beantragen zu lassen, jedoch kam dieser Vorschrift weder das KZ Dora noch irgendein anderes Konzentrationslager nach. Allerdings musste ein SS-Mann im Mittelwerk den Häftling mit Nummer und vorliegendem "Vergehen" beim Arbeitseinsatzbüro melden, das dann das Strafmaß festlegte und bei der SS für die Vollstreckung sorgte, während ein SS-Mann bei den Baukommandos einen Häftling ohne weiteres erschlagen konnte. In den Produktionsstollen hatte jeder SS-Blockführer (siehe Bild 4) sein eigenes Strafsystem, wobei jeder Häftling, sofern das nicht den Produktionsablauf störte, mit allen herumliegenden Gegenständen, sei es eine Peitsche oder ein Gummikabel, geschlagen wurde, vereinzelt sogar bis zur Bewusstlosigkeit. Desweiteren gehörte es zu den alltäglichen Erscheinungen in den Werkhallen, wenn die Werkleiter und zivilen Meister gegen die Häftlinge tätig wurden. Durch das Entziehen der Essensrationen wollte die Lagerleitung den Widerstandswillen der Häftlinge abstumpfen. Dieses regelrechte Strafsystem war ein Teil des Plans der Nationalsozialisten, niemand lebend aus diesem Lager entkommen zu lassen. |
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