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12 Thesen, eine Vorgeschichte und eine Wirkung

Antje Vollmers „12 Thesen zum Denkmalschutz..."

Das Hoffmann-Axthelm-Gutachten

Am 14. Juni dieses Jahres stellte Antje Vollmer ihre Position selbst in einem Artikel in der FAZ dar. Sie stellt zunächst fest, dass kulturelle Fragen die einzigen seien, die den engen Zirkel der politischen Insider verlassen und eine breite Öffentlichkeit bewegen. Dazu gehörten auch Denkmalsfragen. Interessanterweise bringt sie aber gerade dafür ausschließlich Belege über Großprojekte in Berlin: die Verhüllung des Reichstags etwa oder den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses.

„Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit" habe sich der Denkmalschutz der alten Bundesrepublik auf die neuen Länder ausgebreitet (wie eine Flutwelle, die eigentlich hätte eingedämmt werden müssen?) und immer mehr als schutzwürdig erklärt. Während aber der Denkmalschutz in der alten Bundesrepublik sich oft genug gegen eine zerstörerische Stadtplanung richtete, sei die Situation in den neuen Ländern völlig anders. Hier sei, weil die Modernisierung ausgeblieben sei, ungleich mehr an historischer Bausubstanz erhalten. Das aber ist laut TAZ (16.6.) eine Chimäre. Den Vollmerschen „Schreckgespenstern von ‘Industriedenkmälern in gewaltiger Zahl und gigantischem Umfang’, die zu pflegen wären, ... Oberschoeneweide, Bitterfeld, Vockerode!" hält sie entgegen: „Doch wer die Orte kennt, weiß, was dort bereits alles abgeräumt wurde."

Dieser Menge der Baudenkmäler steht ein Rückgang der öffentlichen Mittel zu ihrem Erhalt gegenüber. Frau Vollmers Forderung ist sach- und staatsorientiert: Nicht die Mittel zum Erhalt müssen aufgestockt werden, sondern die Menge der zu schützenden Denkmäler muss reduziert werden.

Frau Vollmers Konsequenz: „Denkmalschutz in einer selbstbewussten Bürgergesellschaft kann nicht obrigkeitlich und vom Bewusstsein des unendlichen Abstands zwischen Experten und Bürger geprägt sein." Damit macht sie sich Hoffmann-Axthelms Sicht zu eigen. Damit verkennt sie aber die grundsätzlichen Entwicklungsstrukturen der Denkmalpflege in den letzten hundert Jahren und erweist sich als ein typisches Mitglied der jungen politischen Elite der Bundesrepublik, die ihren Blick nicht über die Geschichte dieses Staates hinaus lenkt. Sie folgt damit Hoffman-Axthelms Sicht: „Entstanden ist die Denkmalpflege als eine Pflegeinstanz für eine streng begrenzte Anzahl kostbarer, kollektiv bedeutsamer Bauten." (Die ZEIT, 23.5.2000)

Genau das ist falsch. Denkmalschutz ist in seinen Ursprüngen eine Bürgerbewegung, die sich gegen den kulturellen Raubbau sowohl des Staates als auch der privaten Investoren richtete. „Kostbare, kollektiv bedeutsame Bauten" mussten seit 1871 nicht mehr geschützt werden, ganz im Gegenteil. Die Kaiserpfalz in Goslar steht so prächtig da wie kaum je in ihrer Geschichte, ebenso wie der Friedrichsbau im Heidelberger Schloss. Denkmalpflege war immer eine Bewegung zum Schutz der „kleinen" historischen Umwelt. Den Denkmalschutz effizienter gestalten hieße also beispielsweise, diese Bürgerorientierung wieder zu stärken und das Instrumentarium des Staates (Subventionen, Abschreibungsmöglichkeiten) in diese Richtung zu lenken.

Badische Heimat e.V.
Bezirksgruppe Bergstraße - Neckartal (Heidelberg)


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