Hygiene und Gesundheit
Der schlimmste Feind der Soldaten in den Schützengaben, die
sich bei Regen in regelrechte Kloaken verwandelten, war neben der
Kälte der Schlamm. Er war überall, wie in vielen Kriegsromanen
ausführlich beschrieben. Für die Soldaten, die lange
in vorderster Frontlinie ausharren mussten, kam erschwerend hinzu,
dass sie zahlreich auf engstem Raum zusammenlebten, kein Wasser
für die Körperhygiene zur Verfügung hatten und die
Unterwäsche nicht wechseln konnten. Hygiene und Gesundheit
litten unter Parasiten, vor allem Flöhen, und unter den vielen
Ratten. Nur in Kampfpausen hatten die Soldaten die Möglichkeit,
sich in sanitären Einrichtungen im Fronthinterland zu waschen
und Unterwäsche und Kleidung in Ordnung zu bringen.
Latrinenanlagen waren in den militärischen Vorschriften eindeutig
geregelt. Bei einer Parasitenuntersuchung der Nutzschichten eines
auf der deutschen Frontseite ergrabenen Latrinenhauses in Geispolsheim
wurden mehrere Parasiten ermittelt: Spulwürmer, Peitschenwürmer
und Bandwürmer.
Diese Wurmerkrankungen des Verdauungstraktes führen zu schweren
Verdauungsstörungen und Unterleibsschmerzen und lassen auf
den schlechten Gesundheitszustand der Soldaten an diesem Frontabschnitt
schließen. Zurückzuführen sind solche Parasiten
im Allgemeinen auf mangelnde Sauberkeit und eine unausgewogene
Ernährung, was natürlich angesichts der Knappheit und
der schlechten Qualität der verfügbaren Lebensmittel
nicht verwundert.
Zeitvertreibe
Zwischen den Bombardierungen und den kurzen Angriffen auf die
feindlichen Stellungen vergingen lange Wartezeiten. Um die damit
verbundene Angst und Langeweile zu töten, war es in den Schützengräben
oder auch im Hinterland überlebenswichtig, sich in diesen
Ruheperioden die Zeit zu vertreiben. Die Soldaten bastelten alle
möglichen Gegenstände, spielten Karten und Domino, würfelten
und lasen, um den zermürbenden Alltag für eine Weile
zu vergessen. Viele korrespondierten auch mit ihren Angehörigen,
und die erhaltenen Briefe waren für sie ein unverzichtbarer
moralischer Rückhalt.
Tintenfläschchen und Schreibzeug
Neben Wein bot auch Tabak den Soldaten die Möglichkeit, der
Wirklichkeit für eine Weile zu entfliehen. Verweise darauf
finden sich bei vielen Schriftstellern, von Barbusse über
Dorgelès und Cendrars bis hin zu Genevoix. Der Staat verteilte
kostenlose Tabakrationen, doch aufgrund der Mangelwirtschaft wurde
die Qualität des Tabaks im Laufe der Monate immer schlechter.
Tabakersatz wurde mit dem Laub von Buchen, Eschen, Nussbaum oder
auch Rhabarberblättern gestreckt. Nach wenigen Monaten in
den Schützengräben zogen die meisten Soldaten der Zigarette
die Pfeife vor, da diese länger brannte und im Winter die
Hände wärmte.
Bestattungsarten
Aufgrund der prekären sanitären Verhältnisse kamen
besondere Bestattungsformen zum Einsatz. Durch die sorgfältige
Ergrabung zufällig entdeckter Soldatengräber lässt
sich immer genauer auf deren Einzelheiten schließen. Von
der furchtbaren Brutalität der Kämpfe zeugen durch Detonationen
verstümmelte Körper, die zwischen den Schützengräben
liegengelassen oder in Bombenkratern unter wenigen Zentimetern
Erde begraben wurden. Solche Notbestattungen fanden in den Kampfgebieten
statt, wenn der Abtransport der Leichen ins Hinterland nicht möglich
war. Bei einem Angriff oder einer Bombardierung gefallene Soldaten
der gleichen Einheit wurden in Gruppengräbern (wie dem des
Schriftstellers Alain-Fournier und seiner Kameraden, das 1991 in
Saint-Rémi-la-Calonne, Meuse, freigelegt wurde) oder in
Massengräbern beigesetzt.
Auf würdigere Art konnten die Toten im Fronthinterland bestattet
werden. Hier wurden die Gräber befestigt, und man setzte die
Angehörigen einer Einheit auf improvisierten Friedhöfen
gemeinsam bei. Die anfänglich zur Markierung der Gräber
aufgestellten einfachen Holzkreuze wurden später teilweise
durch steinerne Stelen ersetzt, die die Soldaten für ihre
gefallenen Kameraden in Auftrag gaben. Bereits gegen Ende des Krieges
begann man mit der Zusammenlegung der Kriegsgräber. Die damit
beauftragte Bestattungsbehörde ließ in der Folge große
nationale Soldatenfriedhöfe anlegen. Doch unter dem Bombenhagel
und in den weiteren Kriegsjahren wurde die Existenz bzw. der Standort
vieler Gräber einfach vergessen.
Religion und Glaubensvorstellungen
Durch die ständige Konfrontation mit dem Tod lebten die Soldaten
in einem permanenten Gefühl der Angst und Bedrohung. Viele
wandten sich deshalb der Religion zu und suchten im Glauben Beistand
und Trost. Mit religiösen Anhängern, Kreuzen, Rosenkränzen,
Heiligen- und Marienfiguren, die getragen oder in die Kleidung
eingenäht wurden, erbaten sie den Schutz Gottes. Auch viele
Glücksbringer in Form von durchlöcherten Münzen
oder anderen Glückssymbolen wurden gefunden. An den Rückzugsorten
wurden einfache Kapellen errichtet, im Freien abgehaltene Messen
und Gottesdienste fanden großen Zuspruch. |