Naturlyrik Überlegungen und Arbeitsvorschläge

Spazierengehen: Hobby des Bürgertums

Spaziergang (Wikipedia)

Der Spaziergang in der Literatur - Exemplarische Untersuchung Aus einer Hausarbeit von Sebastian Polmans und Ana-Marija Pasic. Eine Definition:

Friedrich Schillers große und großartige "Elegie" (1795) ist zwar "Der Spaziergang" überschrieben, gleicht aber eher einer Wanderung, die durch eine realistisch geschilderte Landschaft in die Vorzeit der Menschheit führt und dann zu einem idealisierten Gang durch die Geschichte wird.

Friedrich Schiller, "Der Spaziergang"
    [...]
    Frei empfängt mich die Wiese mit weithin verbreitetem Teppich;
        Durch ihr freundliches Grün schlingt sich der ländliche Pfad. 
    Um mich summt die geschäftige Bien', mit zweifelndem Flüge
        Wiegt der Schmetterling sich über dem röthlichten Klee. 
    Glühend trifft mich der Sonne Pfeil, still liegen die Weste,
        Nur der Lerche Gesang wirbelt in heiterer Luft. 
    Doch jetzt braust's aus dem nahen Gebüsch: tief neigen der Erlen
        Kronen sich, und im Wind wogt das versilberte Gras; 
    Mich umfängt ambrosische Nacht; in duftende Kühlung
        Nimmt ein prächtiges Dach schattender Buchen mich ein. 
    In des Waldes Geheimniß entflieht mir auf einmal die Landschaft,
        Und ein schlängelnder Pfad leitet mich steigend empor. 
    Nur verstohlen durchdringt der Zweige laubigtes Gitter
        Sparsames Licht, und es blickt lachend das Blaue herein. 
    Aber plötzlich zerreißt der Flor. Der geöffnete Wald gibt
        Überraschend des Tags blendendem Glanz mich zurück. 
    Unabsehbar ergießt sich vor meinen Blicken die Ferne,
        Und ein blaues Gebirg endigt im Dufte die Welt. 
    Tief an des Berges Fuß, der gählings unter mir abstürzt,
        Wallet des grünlichten Stroms fließender Spiegel vorbei. 
    Endlos unter mir seh' ich den Äther, über mir endlos,
        Blicke mit Schwindel hinauf, blicke mit Schaudern hinab. 
    Aber zwischen der ewigen Höh' und der ewigen Tiefe
        Trägt ein geländerter Steig sicher den Wandrer dahin. 
        [...]
zit. nach Projekt Gutenberg-De.

Heinrich v. Kleist schildert in einem Brief an Luise von Zenge, die Schwester seiner Verlobten, Wilhelmine von Zenge, die Vergnügungen der Einwohner von Paris, im August 1801:

Wie immer hat Heinrich Heine seine eigene Sicht auf dieses moderne bürgerliche Vergnügen:

    XXXVII
    
    Philister* in Sonntagsröcklein
    Spazieren durch Wald und Flur;
    Sie jauchzen, sie hüpfen wie Böcklein,
    Begrüßen die schöne Natur.
    
    Betrachten mit blinzelnden Augen,
    Wie alles romantisch blüht;
    Mit langen Ohren saugen
    Sie ein der Spatzen Lied.
    
    Ich aber verhänge die Fenster
    Des Zimmers mit schwarzem Tuch;
    Es machen mir meine Gespenster
    Sogar einen Tagesbesuch.
    
    Die alte Liebe erscheinet,
    Sie stieg aus dem Totenreich,
    Sie setzt sich zu mir und weinet,
    Und macht das Herz mir weich.
    

aus: Buch der Lieder. Lyrisches Intermezzo (v. 1824)

Carl Spitzweg: Der Sonntagsspaziergang (1841)
- mehr dazu in Lore Wageners "lerncafe.de".

 

* Mehr zum Begriff 'Philister' ist zu finden auf meinen Seiten zum Thema Von Spießern, Kleinbürgern, Künstlern und Genies.

 

(cc) Klaus Dautel

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