Planung meint hier
alle Gedankengänge vor dem eigentlichen Plan, der Plan-Zeichnung.
Der planerische Aufwand war und ist je nach Kultur, Größe und
Funktion des Bauwerks recht unterschiedlich. Das reicht vom schnellen Überlegen,
wo die Schutzhütte hinkommt, bis zur Planung heutiger,
eindrucksvoller Repräsentationsbauten, die ohne CAD kaum noch planbar
sind - zumindest nicht unter heutigem Kostendruck. Planen heißt,
folgende Fragen zu berücksichtigen :
- wo und wie darf
ich bauen?
- welche funktionalen
und ästhetischen Anforderungen stellt der Bauherr?
- welche Materialien,
Hilfsmittel, Werkzeuge habe ich zur Verfügung?
Der Planer sollte
die Zusammenhänge zwischen all diesen Teilgebieten berücksichtigen,
um möglichst optimal bauen zu können. In diesem Abschnitt werden
die baurechtlichen, die entwurfsplanerischen Fragen behandelt und die nach
dem Bauplatz. Die Art der Darstellung der Pläne, auf Papier, Stein,
Bildschirm o.ä. wird im Kapitel Baubetrieb "Maßstab/Zeichnungen..."
beleuchtet. Fragen nach dem "dürfen" werden im folgenden Absatz
Baurecht behandelt. Ein Problem, welches in jüngster Zeit wieder
Beachtung findet, ist das nach der Qualität eines Ortes, Bauplatzes.
Geomantie nennt man die entsprechende Disziplin. Mehr dazu unter Bauplatz.
Zur Ästhetik des Bauens, der Architektur gibt es eine große
Menge an Literatur. Ich möchte hier deshalb nur auf grundlegende Probleme
des Entwurfs und vor allem dessen Beziehung zur Bautechnik eingehen.
Dies geschieht im Kapitel Entwurfsplanung.
Allgemein: In
den uns bekannten Kulturen stand es wohl nie frei, irgendwo und irgendwie
zu bauen. Eine Grundbedingung für ein Baurecht im heutigen Sinne ist
Seßhaftigkeit. Erst diese erforderte dauerhaftere, größere
Gebäude. Mit zunehmender "Verstädterung" wurde eine Regelung
des Baugeschehens immer notwendiger. Feuersbrünste sind nur ein, allerdings
markanter Anlaß. Dabei hatte man die Beziehung der direkten Nachbarn
zu regeln und ebenso öffentliche, gesellschaftliche Interessen zu
berücksichtigen. Da dies nie auf ungeteilte Zustimmung stößt,
bildete sich neben den Bauordnungen auch bald ein Baupolizeirecht heraus.
Praktisch setzte z.B.
im Mittelalter der Feudalherr einen Vogt ein, um seine Verordnungen überwachen
zu lassen. Das Baurecht entwickelt sich, allgemein gesagt, stetig
mit der immer komplexer werdenden Bautätigkeit. So verwundert es sicher
nicht, daß bereits die Römer ein umfangreiches Baurecht besaßen.
In unseren "Breiten"
bildeten Gewohnheitsrechte auf Grundlage der alten Stammesrechte den Anfang
einer gewissen Bau"normung". Natürlich waren diese vorwiegend mündlich
geregelt. Daraus entwickelten sich viele lokale Stadt-, Land- und Hofrechte.
Eine solche, frühe und recht "bunte", Sammlung von Rechten und Pflichten
ist überliefert. Es ist das älteste, uns bekannte "Baugesetz"
und stammt von Luitbrand, König der Langobarden. Es beinhaltet u.a.
Lohnregelungen der Werkleute.
Vor allem in den schnell
wachsenden Städten des
Mittelalters
wuchs der Bedarf an Normen des baulichen Miteinanders. Träger waren
mittlerweile Dörfer, (reichsfreie) Städte, freie Grundherren,
usw.. Man hatte die Beziehungen der Gebäude bzw. Grundstücke
untereinander, die Rechte und Pflichten ihrer Eigentümer zu klären.
Grob kann man zwischen Unterlassungspflichten, Duldungspflichten
und "Pflichten zu positivem Tun" unterscheiden. Die
Unterlassungspflichten
sollten Belästigungen und Schädigungen des Nachbarn verhindern.
Insofern sind sie Anfang des heutigen Immissionsschutzes. In Graubünden
(Schweiz) gibt es z.B. eine sehr alte "Tropffallbestimmung", die verhindern
soll, das Regenwasser auf das Nachbargrundstück abgeleitet wird. Ebenso
alt und strittig ist z.B. das Problem des Pflanzens von Bäumen an
den Grundstücksgrenzen.
Duldungspflichten
dagegen hielten an, bestimmte Dinge zuzulassen. Dabei ging es meist darum,
Zugang bzw. Zufahrt zum öffentlichen Grund und Boden zu gewährleisten.
Es geht also - an sich - um uraltes Wegerecht. Man kannte z.B. den Tränkeweg
(fürs liebe Vieh), den Brachweg (Dreifelderwirtschaft!), den Holzlaß,
den Reck- oder Leinweg (an Ufern für Schiffahrt ...), das Tretrecht
(erlaubte das Betreten nachbarlichen Bodens beim Pflugwenden) oder Wasserabzugsrechte
(erlaubten den Regenwasserablauf über nachbarlichen Grund). Zu den
Pflichten zu
Positivem Tun gehörten gewisse Wegeunterhaltspflichten und
Einfriedungspflichten.
Außer diesen
nachbarschaftlichen wurden Bestimmungen im Interesse der öffentlichen
Wohlfahrt, Hygiene und Sicherheit erlassen. Im späten Mittelalter
wurden die gewohnheitsrechtlichen Bräuche dann auch schriftlich in
Form von Bauordnungen festgehalten. Aus dieser Zeit sind auch die ersten
Versuche einer Vereinheitlichung (Kodifizierung) der Bestimmungen bekannt.
Aus dem städtischen Baurecht der damaligen Zeit sind uns Texte erhalten
über Fenster- und Lichtrecht, Verbote des Grenzbebaus, des Bauens
auf oder an der Stadtmauer. Ebenso kennt man Regelungen der Abwassserbeseitigung
oder der Aufstellung von Brandmauern. Auch die Ästhetik spielte darin
auch eine gewisse Rolle. Die Städte oder der "Landesherr" legten architektonische
Vorschriften fest, um ein gewolltes Stadtbild zu erreichen. Dazu mehr im
folgenden Abschnitt "Entwurfsplanung".
Offenbar konnten Streitigkeiten
recht lange Zeit durch gütliche Einigung beigelegt werden. Mit der
Zeit entwickelte sich aber ein "blühendes" Gerichtswesen, auf Grundlage
eines Baupolizeirechtes. Dieses enthielt (und enthält) Vorschriften
über : zweckmäßige Ausnutzung des Baugrundes, Fluchtlinien,
Trink- und Abwasserleitungen, Feuerschutz und vieles andere mehr.
Diese mittelalterlichen Regelungen sind Anfang und Grundlage des Baurechts
Heutiger Zeit.
Es entstanden immer umfangreichere Verordnungen und Bestimmungen, die
nach System und Vereinheitlichung verlangten. Heute kennen wir ein ausführliches,
bundesweites Baugesetz, sowie ein Bauordnungsrecht, welches jeweils auf
Bundes-, Landes- und Gemeindeebene ausgestaltet wird. Der Bauherr selbst
hat nur mit dem Bebauungsplan der Gemeinde unmittelbar zu tun. Dieser wiederum
wird auf Grundlage des Flächennutzungsplanes erstellt, welcher überregional
abgestimmt wird.
Auf dem Gebiet der
Bauvorschriften scheint das Optimum allerdings hin und wieder überschritten
.
Allgemein: Zur
praktischen Entwurfsplanung gehören nach heutigem Verständnis
sowohl die (Vor-) Entwürfe, als auch die möglichst genaue Ausführungsplanung
für die Handwerker. Letzteres habe ich in das Kapitel "Maßstab,
Pläne,..." gepackt. Entwurfsplanung setzt eine Bestandsaufnahme
(was ist vorhanden an Mitteln, Geld, bautechnischen Lösungen) und
die Auseinandersetzung mit neuen Ideen voraus. Wie groß der Aufwand
im Einzelnen betrieben wird, ist natürlich sehr unterschiedlich.
Aber je größer, je komplexer ein Bau, umso notwendiger wird
(durchdachte) Planung. Und dies war bei den Tempelanlagen in Mesopotamien,
den Ägyptischen Pyramiden oder heutigen Großbauten gleich. Solcherart
Großprojekte fordern neben der Entwurfs- auch einiges an Bauablaufplanung.
Die "sozio-ökonomischen"
Grundlagen sind eine Voraussetzung für die Planung.
Ebenso wirken die Ideen einer Kulturepoche - wie soll der Bau aussehen?
- und bestimmen damit maßgeblich die Richtung der Entwicklung.
Die Architektur ist damit immer ein Spiegel der geistigen (intellektuellen)
Strömungen einer Zeit. Ob neue technische Mittel, Entdeckungen oder
Wille und Ideen die (bautechnische) Entwicklung mehr vorantreiben, scheint
der Frage nach dem Primat von Huhn oder Ei zu gleichen. Der Wille und Ideen
zu neuen architektonischen Lösungen (höher, filigraner, ... )
von Bauherren und Architekten, als auch das Bestreben der Ausführenden
nach mehr Wirtschaftlichkeit waren und sind Motoren der bautechnischen
Entwicklung.
Den Begriff Planung
darf man im Bezug auf ältere Kulturen nicht mit "Berechnen" gleichsetzen.
Was die Statik angeht, wurde früher mehr aus Erfahrungen und der Kenntnis
der Baustoffe heraus geplant. Offenbar ist dies nicht unbedingt ein Nachteil.
Auch war es nicht wie heute notwendig, für alles einen Plan zu erstellen.
Man beschrieb und schaute vor Ort.
Grundlagen der Entwürfe
im frühen
Mittelalter
(in Mitteleuropa) waren natürlich einerseits die eigene Baugeschichte,
aber vor allem auch das, was die Römer in unseren Landen gebaut hatten.
In den Klöstern wurden römische Schriften (z.B. Vitruvius) bewahrt,
die die Bautechnik und auch die Entwürfe der Romanik befruchteten.
Nicht zu vergessen die Einflüsse aus dem Nahen Osten. Die Kreuzfahrer
- zumindest soweit sie heimkehrten - brachten Fertigkeiten und An-sicht-en
aus der arabischen Welt mit heim. Das vielfältige religiöse Leben
der romanischen Zeit brachte eine Vielzahl regional unterschiedlicher (Kirchen-)
Bautypen hervor. (Ein Hinweis auf die Abhängigkeit von geistiger Situation
und Architektur.) Neben den eigenen Ideen spielte auch der "Erfahrungsaustausch"
das "Abschauen" an bereits fertigen Bauten eine große Rolle. Man
weiß aus schriftlichen Überlieferungen, daß Baumeister
von den Bauherren extra den Auftrag bekamen, selbst weit entfernte Kirchen
zu studieren.
Diese Kultur
des "Inspirieren-Lassens" führte zu sogenannten Muster-oder Skizzenbüchern.
Sie enthielten Zeichnungen und Skizzen von architektonischen, konstruktiven
und geometrischen Details, die offenbar als Vorlage dienten. Das Buch des
Villard de Hanoncourt (etwa 1235) ist das älteste uns bekannte Buch
dieser Art. Abb.005 zeigt unten
den abgezeichneten Chor von St. Faron in Meaux, oben einen "erfundenen",
aus diesem Buch. Als Entwürfe dienten sowohl Grund- als auch Aufrißzeichnungen
und Ansichten. Bauteile (Kapitelle, Kuppeln, usw.) wurden häufig (nur)
in Form von Signaturen, also symbolisch dargestellt. Die konkrete Ausführung
wurde vor Ort vom jeweiligen Werkmeister bestimmt.
Gestritten wird noch,
wie die mittelalterlichen Baumeister die Proportionen ihrer Kirchen ermittelten.
Einige gehen davon aus, daß menschliche Körperverhältnisse,
wie in der Malerei zum Beispiel, direkt als Vorlage genommen wurden. Andere
meinen, daß die gotischen Meister ihre Formen (nur) über geometrische
Konstruktionen mit ganzzahligen Teilungen ermittelten. Nahegelegt wird
Letzteres z.B. durch die Figurenkomposition aus Hanoncourt`s Buch (Abb.801).
Sie wurde mit Hilfe geometrischer Schemata gezeichnet.
Zur praktischen Planung
von Kirchen wurde ausgegangen von der lichten Weite des Chores. Darauf
aufbauend legte man die Höhe fest (in der Gotik meist zwischen 1,5:1
bis 3:1) und die Mauerstärke (meist gleich den Strebepfeilern).
Ganz so durchdacht wie heute, sollte man sich Planung im Mittelalter nicht vorstellen. Schon die Bauzeit und damit die Menge der verschiedenen Baumeister setzten dem Grenzen. Anschaulich wird dies bspw. am Freiburger Münster. Man hatte auf das Langhaus eine Kombination aus Sparren- und Pfettendach geplant (Abb.523) und errichtet. Üblicherweise wölbte man die Kirchenschiffe erst nach Fertigstellung des Daches ein. Dabei waren allerdings teilweise die Zuganker im Weg (!) und man schnitt diese ersatzlos weg (was wiederum die des Daches Stabilität verschlechterte). |
Allgemein: Die
Frage nach dem wohin eines Bauwerks hängt ab von den Anforderungen
an selbiges. Schutz vor Sturm und Hochwasser, Repräsentation oder
die Suche nach einem "heiligen" Ort - z.B. für Kirchenbauten sind
bzw. waren häufig gestellte Anforderungen. Die Infrastruktur oder
das Bedürfnis nach "Ruhe" sind weitere Aspekte der Platzwahl.
Daraus folgt die "Wunschliste" des jeweiligen Bauherrn. Zumeist gibt es
noch ein paar Dinge mehr zu beachten. So schrieb oder schreibt der "Landesherr"
häufig bestimmte Plätze oder Baugebiete vor, bzw. verbietet andere
(Baurecht).
Ein etwas in Vergessenheit
geratenes Problem ist die "energetische" Qualität eines Ortes. Heute
wird die Kunde dessen als Geomantie bezeichnet. Diese beschäftigt
sich mit Energiephänomenen, die in unterschiedlicher Intensität
und Qualität auf der Erde auftreten. Nach Untersuchungen sind "alte"
Bauten, besonders Sakralbauten, sehr häufig an speziell ausgezeichneten
Kreuzungspunkten dieser "Energielinien" ausgerichtet. Die Suche
nach solchen Linien wird als Mutung ("Wünschelruten-Gehen") bezeichnet.
Auf Grund derartiger Mutungen sei z.B. in England das Wissen verbreitet,
daß zwischen bestimmten Heiligen Stätten eine Art energetischer
Verbindungslinien bestünde. Am Bau selbst lassen sich Linien finden,
die direkt in Bezug zur Ausrichtung des Gebäudes stehen. Eines von
vielen Beispielen ist Abb.302,
eine sehr einfache irische Kapelle "Gallarus Oratory" aus dem 7.Jh., mit
den eingezeichneten "Mutungs-Streifen" im Grundriss.
Im Mittelalter
waren es Adel und Kirche, also die Landeigentümer, die Städte
und andere Siedlungen gründeten. Gründe waren u.a. erhoffte Gewinne
aus Zöllen, Markt- und anderen Rechten. Eine gewisse Besonderheit
sind die Stadtgründungen der Zähringer, wozu auch Freiburg im
Breisgau zählt. Besonders insofern, als diese Städte nach einem
festen Plan nach einheitlichen Grundsätzen angelegt wurden. Ein von
Mauern und Türmen umschlossenes Oval wird von einem rechtwinkligen
Achskreuz von Hauptstraßen durchzogen. An deren Enden liegen die
Stadttore. Dies erinnert stark an römische
Gründungen. Um die Hauptstraßen gruppieren sich regelmäßig
angeordnete Straßen und Plätze. Die Kirche bekam einen zentralen
und doch vom Trubel etwas abgelegen Platz. Dabei hatte auch das heutige
Münster Vorgängerbauten. Der direkte Vorgänger war die sogenannte
konradinische Anlage. Inwieweit davor ebenfalls schon Bauten standen, ist
mir nicht bekannt. Ebensowenig, ob die mittelalterlichen Baumeister ihre
Kirchen nach "geomantischen" Gesichtspunkten, nach früheren Bauten
oder nach der aufgehenden Sonne ausrichteten, ist zumindest umstritten.
Es gibt Anhaltspunkte, daß bis ins 18.Jh. hinein die Kenntnis geomantischer
Standortqualitäten verbreitet war. Ein älteres, ich finde recht
bemerkenswertes Beispiel ist Abb.305,
eine Holz-Stab-Kirche in Torpo, Norwegen. Erbaut wurde diese Kirche 1150,
und 1880 teilweise abgerissen. Die heutigen Mutungsergebnisse (orange,
rechts oben im Bild) sprechen für sich, zumal der Untersuchende von
dem teilweisen Abbruch nichts wußte.
Entwicklung :
Die heutige Standortwahl ist, abgesehen von den Wünschen der Bauherrin
natürlich abhängig vom Geld und immer mehr auch vom verfügbaren
Bauland.
Mit zu starker Versiegelung
und Zersiedelung der Landschaft entstehen neue Probleme, die unseren Ahnen
unbekannt, für uns noch einige Jahre Knobeln bereithalten. Vielleicht
ist das neuerwachte Interesse an der Geomantie auch Ausdruck einer Suche
vieler nach "ganzheitlichen" Lösungen der Probleme, die das Bauen
so mit sich bringt...