Elisabeth Charlotte wurde von ihrem Vater, dem Kurfürsten
Karl Ludwig von der Pfalz, aus politischen Gründen mit Philippe
von Orléans, dem Bruder des französischen Königs
Ludwig XIV., verheiratet. Die Enttäuschungen dieser Ehe
und ihre politische Bedeutungslosigkeit am französischen
Hof in Versailles kompensierte sie durch eine Fülle von
Briefen, die sie hauptsächlich an ihre Tante Sophie von
Braunschweig schrieb.
Die Ehe mit Philippe von Orléans nutzte Ludwig XIV.
nach dem Tod des letzten Simmernschen Kurfürsten Karl 1685
aus, um im Zuge seiner Ausdehnungspolitik Erbansprüche auf
pfälzische Besitzungen geltend zu machen. Der so genannte
pfälzische
Erbfolgekrieg begann.
Pierre Mignard: Liselotte von der Pfalz, Herzogin
von Orléans
(Nancy, Musée Historique Lorrain)
Biografische Notiz: Elisabeth Charlotte von der Pfalz
Ihren Namen trägt sie von ihrer Großmutter Elisabeth
Stuart, der Frau des Kurfürsten Friedrich V., des Winterkönigs",
und ihrer Mutter Charlotte von Hessen-Kassel, der Frau des Kurfürsten
Karl Ludwig. Geboren wurde sie am 27. Mai 1652 im Heidelberger
Schloß als zweites Kind ihrer Eltern. Die Ehe ihrer Eltern
war nicht glücklich, Liselotte blieb das letzte Kind - was
sich für die Geschichte der Kurpfalz verhängnisvoll
auswirken sollte. Ihr Vater Karl Ludwig heiratete, nachdem er
sich von seiner Frau getrennt hatte, die junge Hofdame Louise
von Degenfeld und richtete ihr das Schloß Schwetzingen
als standesgemäßen Wohnsitz her. Da sie der lutherischen
Konfession anhing, baute er ihr zu Ehren auch die lutherische
Providenzkiche in Heidelberg.
Bereits im Alter von sieben Jahren kam Liselotte zu ihrer Tante
Sophie, der Schwester Karl Ludwigs und Gemahlin des Herzogs Ernst
August von Braunschweig-Lüneburg. Diese Sophie, von Liselotte
zeitlebens innigst verehrt und ma tante" genannt, war nach
dem Erlöschen
der pfälzischen Kurlinie Simmern die einzige überlebende
Erbin ihrer Mutter Elisabeth Stuart und damit Erbin des englischen
Throns, der damit auf das Haus Braunschweig-Lüneburg überging.
Elisabeth Charlotte selbst war durch den britischen "Act
of Settlement" nicht erbberechtigt, weil sie katholisch
geworden war.
Vier Jahre blieb Liselotte in Hannover, dann kehrte sie für
die nächsten acht Jahre nach Heidelberg zurück.
1671, im Alter von 19 Jahren, verheiratete sie ihr Vater aus
politischen Überlegungen mit dem Bruder des französischen
Königs, Philipp von Orleans, um damit die Verbindung zu
Frankreich zu festigen. Aus dieser Zeit stammt auch Karl Philipps
Plan, mit französischer Unterstützung ein Königreich
Austrasien" zu begründen, dem in der Festung Mannheim eine
großartige königliche Residenz gebaut werden sollte
(Entwurf von Jean Marot, 1671). Residenz und Königreich
blieben Pläne.
Philipp, Herzog von Orleans, Bruder des französischen
Königs Ludwuigs XIV. ("Monsier"),
Ehemann der Liselotte von der Pfalz.
Musée des Beaux-Arts, Orléans
Liselotte war von 1671 bis zu ihrem Tod 1722 in die französische
Hofetikette eingebunden. Der Vergleich ihrer Porträts zeigt,
daß die Kompensation ihrer Enttäuschungen eine gewisse
Zunahme der Leibesfülle nach sich zog. Vor allem aber schrieb
sie ihre Gedanken und Beobachtungen nieder - fast 60000 Briefe
schrieb sie während ihres 50jährigen Lebens am Versailler
Hof, vor allem an ihre Tante Sophie. Sie schrieb in der ihr eigenen
kräftigen, deutlichen, auch deftigen Sprache über alles,
was nicht niet- und nagelfest war, über den Hof und seine
Intrigen, über den König, die Politik, den Klatsch
- und über ihre Sehnsucht nach der Pfalz, fragt immer wieder
nach Heidelberg und nach Schwetzingen.
Liselotte überlebte viele ihrer engsten Verwandten und
die meisten ihrer Widersacher, wie auch den König (gestorben
1715) und ihren Mann, der schon 1701 gestorben war. Sie starb
am 8. Dezember 1722 im Schloß von St. Cloud, wo sie sich
in ihren letzten Lebensjahren oft aufgehalten hatte, und wurde
in der Königsgruft von St. Denis beigesetzt.
Philipp, der spätere Herzog von Chartres,
Sohn Liselottes von der Pfalz und des Herzogs Philipp von Orleans,
Neffe des französischen Königs Ludwig XIV.
Musée des Beaux-Arts, Orléans
Saint-Simon, ein kritischer Beobachter am französischen
Hof, schreibt über sie in seinen Memoiren: Madame
war eine Prinzessin nach altem Stil; sie hielt auf Ehre, Tugend,
Rang, Größe und war unerbittlich in Hinsicht auf Schicklichkeit.
Sie war nicht ohne Geist, und alles, was sie sah, sah sie sehr
richtig. Eine gute und treue Freundin, zuverlässig, wahrhaftig,
aufrichtig, leicht einnehmbar und verletzlich und sehr schwer
eines Besseren zu überzeugen; grob, gefährlich wegen
ihrer Vorliebe für Auftritte in der Öffentlichkeit,
sehr deutsch in all ihren Lebensgewohnheiten, dabei freimütig,
ohne Rücksicht auf Bequemlichkeiten für sich und andere,
mäßig, schroff und voll eigener, wunderlicher Grillen." |