Projekt kulturer.be
Die
frühgriechische Kunst der sogenannten archaischen
Zeit baut ganz wesentlich auf den Errungenschaften der ägyptischen
Kultur auf. Zur Verdeutlichung dieser Parallelen wird als
Auftakt der Ausstellung eine Auswahl farbiger Skulpturen
und Reliefs der Ägypter aus dem reichen Bestand der
Sammlung des Liebieghauses präsentiert. Einen Schwerpunkt
der Ausstellung bildet die frühe griechische Marmorplastik,
die sich durch eine außergewöhnlich reiche und
schöne Ornamentik auszeichnet. Durch prächtig
verzierte bunte Gewänder, Waffen und Geräte wurde
die ästhetische und narrative Aussagekraft der Objekte
gesteigert.
Eines der bekanntesten Beispiele ist die Figur eines Bogenschützen, des trojanischen Prinzen „Paris“, vom Westgiebel des Aphaia-Tempels auf der griechischen Insel Ägina. Die reich bemalte Figur ist in der Ausstellung gemeinsam mit der griechischen Göttin Athena und dem griechischen Bogenschützen Teukros zu sehen. Nicht weniger beeindruckend ist die Figur des „Perserreiters“ der Athener Akropolis, die im Tempietto des Liebieghauses inszeniert wird.
Die frühgriechische Skulptur wurde in einem aufwändigen 3D-Verfahren gescannt. Aus den Daten wurde eine originalgroße Kopie in einem marmorähnlichen Werkstoff (PMMA, kristallines Acrylglas) angefertigt. Die Auswertung der Farbmessung mithilfe der UVVis-Absorptionsspektroskopie hat ein sehr differenziertes Bild der verwendeten Pigmente ergeben. Für das stark ornamentierte Gewand der Reiterfigur fanden wertvolle und leuchtende Farben Verwendung, während Mähne, Fell, Schwanz und Hufe mit weniger farbkräftigen Erdpigmenten bemalt waren.
Kriegerkopf ("Prinz Paris"),
aus dem Ostgiebel des
Aphaia Tempels
Farbrekonstruktion des griechischen Marmororiginals, entstanden um 490/480 v. Chr
Stiftung Archäologie, München
Foto: Stiftung Archäologie, Vinzenz Brinkmann
Peploskore der Athener Akropolis
Farbrekonstruktion des antiken Originals
Stiftung Archäologie
Foto: Stiftung Archäologie
Aus ungefähr derselben Zeit wie der „Perserreiter“ stammt das berühmteste Mädchenbildnis der frühgriechischen Kunst, die um 530/20 v. Chr. entstandene sogenannte Peploskore. Spuren von roter, blauer, gelber und grüner Farbe haben sich an Haar, Augen, Gürtel und Gewand des im Jahr 1880 entdeckten Originals erhalten. Unter starkem Streiflicht kamen in jüngster Zeit unerwartet weitere Bemalungen zum Vorschein. Die Statue trug ursprünglich ein zusätzliches, reich mit Tieren besticktes Kultgewand – ein Beleg dafür, dass sie keine einfache junge Frau, sondern eine Göttin, wahrscheinlich Athene oder Artemis, darstellt. Durch die Farbuntersuchungen wurde somit eine neue, spektakuläre Deutung möglich. Weitere Werke wie der kostbare „Alexandersarkophag“ aus der griechischen Klassik oder das eindrucksvolle Porträt des römischen Kaisers Caligula aus der römischen Antike, das in der Ausstellung im Original und als Rekonstruktion zu sehen ist, lieferten den Wissenschaftlern bei der Untersuchung der Farbreste zahlreiche neue Erkenntnisse zur Polychromie und führen den Besucher in die faszinierende Welt der bunten Götter.
Oben:
Der Bogenschütze und trojanische
Prinz "Paris" aus
dem Westgiebel des Aphaia-Tempels auf Ägina
Farbrekonstruktion des griechischen Marmororiginals von 500-470 v. Chr.
Foto: Dieter Rehm
2005-2006 Vinzenz Brinkmann & Ulrike Koch Brinkmann, Hermann Pflug
Unten:
Westgiebel des Aphaia-Tempel auf Ägina
Farbrekonstruktion des griechischen Marmororiginals von 500-470 v. Chr.
Foto: Dieter Rehm
2005-2006 Vinzenz Brinkmann & Ulrike Koch-Brinkmann, Sylvia Kellner
Die Ausstellung „Bunte Götter“ ist Teil der neuen Initiativen, die das Liebieghaus unter der Direktion von Max Hollein gesetzt hat. Nicht nur die grundlegende Neuaufstellung der Sammlung und ein weitreichendes neues Vermittlungskonzept, sondern auch eine verstärkte Ausstellungstätigkeit, die sich vor allem der Kontextualisierung der Entstehung, Rezeption und Vermittlung von Skulptur widmet, bilden dabei ein zentrales Anliegen.
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