Zwangsarbeit - Lager vor Ort -
Interview mit Herrn Franz Specht

(geb. am 10.09.1928)

Zeitzeuge Gersthofer Geschichte, wohnhaft gegenüber der Firma Transehe

Mein Vater arbeitete von 1929 ab bis 1958 bei der LEW. Die Familie hatte ihre Werkwohnung direkt gegenüber des ab 1942 erbauten Chemiewerks Transehe. Ich besuchte die Fabrikschule von IG Farben in der Bayerstraße. Das Werkshaus von LEW in der Ludwig-Herrman-Straße 79 steht heute noch gebenüber der ehemaligen Fabrik von Transehe.

Einsatz als Luftwaffenhelfer

Während des Krieges wurde ich im vorletzten Jahr des Krieges als Luftwaffenhelfer eingesetzt, dann steckte man ihn in ein Wehrertüchtigungslager, dann in die Sammelstelle in der Synagoge in Augsburg, wohin man damals bei der Einberufung kam. Als Luftwaffenhelfer war ich auf der Höhe Meitingen - Waltershofen (Thierhaupten vor der Lechbrücke) einer Vierlingsflak gegen Tieflieger zugeteilt, um die Angriffe gegen Siemens-Plania abzuwehren. Auch dort arbeiteten zahlreiche Zwangsarbeiter.(Aussage von Theo Schoofs, Meitingen).

Bau eines Bunkers als Schutz gegen feindliche Flugzeuge

Ich kann mich noch gut erinnern, dass gegenüber der Firma Transehe, auf unserer Seite der Strasse ein Stollen in den Berg gebaut wurde, wo die Anwohner bei Bombenangriffen Zuflucht suchen konnten. Die Zwangsarbeiter durften nicht mit in den Stollen, wohl aber die Zivilangestellten der Firma Transehe. Ein weiterer Stollen befand sich auf der Höhe der Ludwig-Herrman-Straße 65. Max Haimer und Hildegard Gutschon sind hierfür weitere Zeugen. Ihr Vater war Verwalter im Helmhof, dem landwirtschaftlichen Betrieb für die IG Farben.

Firma Transehe

Auf dem Gelände des ehemaligen Stauweihers wurde Ende 1942 die Chemiefirma Transehe gebaut, von der man in Gersthofen nur ahnte, was dort hergestellt wurde Flüssigkeitstreibstoff für die V2 Rakete. Rings um den ehemaligen Stauweiher war das Gelände aufgeböscht und damit so gut wie nicht einsehbar, deshalb wusste man nicht, was da im Werk vor sich ging. Ringsherum war Stacheldraht. Eine Verbindung zu IG Farben lief nur durch ein Wasserrohr. Auf der Seite der Ludwig-Herrman-Straße befand sich auch kein Eingang zur Firma. Offensichtlich tat man alles, um die Aktivitäten dort vor der Gersthofer Bevölkerung geheim zu halten. Der Eingang in die Fabrik war vom Staudenweg aus. Wie auf dem Bild ersichtlich, waren die Hallen der Firma Transehe ca. 50 m lang.

Zwangsarbeiter

Ich kann mich noch gut erinnern, dass die Russen von ihrem Barackenlager mit der Bewachung von zwei älteren Soldaten jeden Morgen die Ludwig-Herrmann-Straße heruntermarschierten in ihren Holzpantoffeln. Sie arbeiteten in zwei Schichten. Im Jahr 1944, als sie Ausgang aus ihrem Lager hatten, tauschten sie gegen Lebensmittel ihr selbstgebasteltes Holzspielzeug. Im Lager sangen sie russische Lieder. Ihr Lager, ich glaube da waren ein oder zwei Baracken, befand sich gegenüber von Transehe, fast am Lechkanal und war umzäunt. Sie wurden Tag und Nacht bewacht. Die russischen Kriegsgefangenen kamen nur dann heraus, wenn sie Kohlen in die Lechkolonie verteilten. Dann untersuchten sie die Abfalltonnen nach essbaren Dingen.

Italienische Militärinternierte

100 m von unserem Haus entfernt befand sich in der Ludwig-Herrman-Straße ein Straflager für italienische Militärinternierte, das ebenfalls eingezäunt war. Hier waren die italienischen Arbeiter für die Firma Transehe untergebracht. Im Jahr 1943 brach dort ein Brand aus, die Baracke brannte lichterloh, weil der Ofen des Wachpersonals überhitzt war. Die vier Soldaten und alle Italiener gelangten ins Freie.

Franzosenlager

Weiter in Richtung des Ortskernes von Gersthofen befand sich ein Franzosenlager, das auch umzäunt war. Später aber konnten sich die Franzosen frei bewegen. Ich erinnere mich, dass sich einer der Franzosen mit Haareschneiden Geld verdiente. Auch in der Gaststätte Mohr befanden sich zeitweise Italiener.


Franz Specht


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