Zwangsarbeit - Lager vor Ort -
Zivilarbeiter und Kriegsgefangene
beim Säge- und Holzwerk Hery

Spätestens ab 1942 arbeiteten beim Säge- und Holzwerk Hery zeitweise bis zu 26 zivile "Ostarbeiter" und 32 russische Kriegsgefangene. Das Kriegsgefangenenlager stand ca. 20 m nördlich der Kastanienallee, die noch heute existiert, etwa in der Höhe des ehemaligen Möbelhauses. Es war ein Holzhaus im Almhausstil, d.h. es gab noch Zimmer im 1. Stock. Die Gefangenen wurden von Kriegsinvaliden bewacht und durften ihr Gefangenenlager außerhalb der Arbeitszeiten nicht verlassen. Die Arbeit begann für die Kriegsgefangenen um 6 Uhr, also eine Stunde früher als für die Zivilarbeiter. Zu jeder Mahlzeit verschwanden sie in ihrer Unterkunft. Die Kriegsgefangenen waren für ihre Verpflegung und die der zivilen Zwangsarbeiter verantwortlich.
Emil Hery gestattete den Kriegsgefangenen und Zivilarbeitern aber die Hasenhaltung. Nach Aussage eines deutschen Arbeiters hielten die Russen Dutzende von Hasen, um ihre Kost aufzubessern. Die Hasenställe sind noch heute hinter der Sägerei erhalten, 3 Gatter existieren noch.
Darüber hinaus wurde ihnen gestattet, vor dem Haus bzw. der Baracke Gemüse anzupflanzen.
Bei Hery arbeiteten die Kriegsgefangenen im Sägewerk und überall dort, wo sie gut bewacht werden konnten; die zivilen Zwangsarbeiter arbeiteten vorwiegend im Hobelwerk und im Freien beim Aufschichten von Holz.
Emil Hery war überaus korrekt zu den Arbeitern, aber dem Kapo Dotterweich konnte schon hin und wieder einmal die Hand ausrutschen, wenn nicht nach seinen Vorstellungen gearbeitet wurde.
Die Baracke der zivilen Ostarbeiter stand auf der anderen Seite der Kastanienallee, also zur Bahnhofstrasse hin. Sie war etwa 20 m lang und 8 m breit. Herr Ludwig Kroll, der im Alter von 16 bis 18 Jahren bis zu seiner Einberufung zur Wehrmacht bei Hery arbeitete, besuchte seinen Freund Arsen Karatschun regelmässig, v.a. am Wochenende.
Die zivilen "Ostarbeiter" trugen graue Kleidung und gesteppte Kittel, die russischen Kriegsgefangenen trugen ihre Uniformen ohne ihre Abzeichen und in den meisten Fällen Holzschuhe.

Quelle: Interviews mit Hilde Schmid, Ludwig Kroll, Schrettle J., Carolina Hery

Sex mit Ostarbeiterinnen?

Im November erreichte die Kreiswaltung der DAF Augsburg-Land eine Beschwerde des Holzschuhfabrikanten Georg Schraml aus Gersthofen, dass "... mehrere junge Männer von Herys Ostarbeiterlager dem Ostarbeiterinnenlager in der Ziegelei Gersthofen nächtliche Besuche" abstatteten.

Die Kreiswaltung teilte daraufhin am 23.11. 1943 Hery mit:

"Ich erlaube mir, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass Sie als Betriebsführer die Verpflichtung übernommen haben, die zugeteilten Ostarbeiter so zu betreuen und zu überwachen, dass ein Entweichen derselben bei Nacht ausgeschlossen ist. Um den zutage getretenen Missstand zu beseitigen, wollen Sie künftig Ihr Ostarbeiterlager nachts absperren. Um die Verrichtung natürlicher Bedürfnisse zu erledigen, wird es zweckmäßig sein, dass Sie dann einen Trockenabort innerhalb des Lagers unterbringen."

Heil Hitler
gez. s.w.

Offensichtlich waren also bereits Ende 1943 die strengen Auflagen zur Behandlung der "östlichen Zivilarbeiter", wie sie 1941 erlassen worden waren, nicht mehr in Kraft bzw. herrschte bereits eine liberalere Auslegung derselben, die ein striktes Ausgehverbot für diese Gruppe von Zwangsarbeitern nach Einbruch der Dunkelheit vorgesehen hatten.

Intensivere Betreuung der Zwangsarbeiter ab 1944

5.1.44 Empfehlung der DAF an Hery Gersthofen:

Die Zeitschrift "Lagerführer Sonderdienst" haben Sie noch nicht erhalten. Diese Zeitschrift enthält so viele Hinweise bezüglich der Betreuungsarbeit an den ausländischen Arbeitern, dass kein Betrieb mit Einsatz ausländischer Arbeiter darauf verzichten kann. Das Amt für Arbeitseinsatz verlangt deshalb auch , sich diese Zeitschrift zuzulegen und beim Verlag der DAF, Augsburg, Annastraße 8, bestellen zu wollen.

Mit zunehmend prekärer Kriegslage versuchte die DAF sogar, die Ostarbeiter für die Wlassow-Armee anzuwerben:

21.11.1944: Betreff: Rundfunksendung für Ostarbeiter am 19.11.44

Emil Hery an die DAF Kreiswaltung Augsburg-Land

".....beehre ich mich Ihnen mitzuteilen, daß sowohl meine Ostarbeiter, sowie die russischen Kriegsgefangenen der unterm 19.11.im Rundfunk bekanntgegebenen Grosskundgebung des General Wlassow mit großem Interesse beigewohnt haben."

Mit deutschem Gruß
Emil Hery

Austausch der zivilen Ostarbeiter bei Hery gegen Kriegsgefangene?

Leiter des Arbeitsamtes Augsburg an die DAF Gauwaltung Schwaben, Augsburg, Gutenbergstr. 1 an Emil Hery

Betreff: "Umsetzung von Arbeitskräften bei der Firma Emil Hery"

Auf Ihr Schreiben vom 20.1. 45 K/E B VIII und dem diesen beigefügten Schreiben der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Augsburg vom 11.1.45 habe ich nach Fühlungnahme mit der Firma Emil Hery, Gersthofen, den Herrn Präsidenten des Gauarbeitsamtes Schwaben gebeten, an Stelle der dort beschäftigten 12 Ostarbeiter eine entsprechende Anzahl sowjetischer Kriegsgefangenen oder amerikanischer Kriegsgefangener zur Erledigung ihrer vordringlichen Aufträge zuteilen zu wollen.
Der Herr Präsident des Gauarbeitsamtes Schwaben teilt daraufhin mit, "dass Kriegsgefangene gegenwärtig nicht mehr für den Einsatz zur Verfügung stehen und Neuzugänge vorerst in absehbarer Zeit kaum zu erwarten sind.
Nachdem ein Austausch von anderen sowjetischen Kriegsgefangenen innerhalb des eigenen Amtsbezirks nicht herbeizuführen ist, besteht keine Möglichkeit einer entsprechenden Änderung.
Amerikanische Kriegsgefangene können nach Weisung der Abwehrstelle des Stalags VII B zusammen mit sowjetischen Kriegsgefangenen ebenfalls aus abwehrmässigen Gründen nicht eingesetzt werden."

Dem Wunsch Emil Herys nach Austausch der bei ihm beschäftigten Ostarbeiter in russische Kriegsgefangene beschied die Kreiswaltung der DAF am 5.2.44 wie folgt:

"In meiner Erwiderung habe ich die misslichen Verhältnisse klargelegt, welche Sie seit dem Einsatz der Ostarbeiter neben den russischen Kriegsgefangenen im Betrieb zu bewältigen haben und mich ebenfalls auf den Standpunkt gestellt, dass Ihren Betrieb besser gedient wäre, wenn Sie an Stelle der Ostarbeiter russische Kriegsgefangene erhalten würden. Dieser Antrag wurde seitens der Gauwaltung dem Arbeitsamt weitergeleitet. Das Arbeitsamt hat hierauf unterm 30.1.45 mit dem in der Beilage beigegebenen Schreiben erwidert.
Ich bedaure, dass unserem Eintreten für Sie nicht den gewünschten Erfolg hatte."

Heil Hitler

i.A.

Der Austausch von russischen Zivilarbeitern zugunsten russischer Kriegsgefangenen hätte eine Verbilligung der Arbeitskraft bedeutet.

Zuteilung von Russen an die Betriebe

Am Donnerstag 5.8.43 wurde von der Gauwaltung fernmündlich mitgeteilt:

Am Samstag den 7.8.43 kommen 117 Ostarbeiter zum Einsatz, und zwar:

Firma Kroen, Schwabmünchen für 26 kriegsgefangene Russen, 27 Ostarbeiter, 4 Ostarbeiterinnen

Firma Mosfenster, Gessertshausen: 17 kriegsgefangene Russen, 17 Ostarbeiter

Firma Hery, Gersthofen: 32 Kriegsgefangene, 26 Ostarbeiter

Firma Lipp, Mering: 10 kriegsgefangene Russen, 10 Ostarbeiter, 2 Ostarbeiterinnen

Firma Lang/Hörgl, Mering: 5 kriegsgefangene Russen, 6 Ostarbeiter, 3 Ostarbeiterinnen

Chamottewerke Mering: 7 kriegsgefangene Russen, 6 Ostarbeiter, 3 Ostarbeiterinnen

Fa Muna, Schwabstadeln: 15 kriegsgefangene Russen, 15 Ostarbeiter

Nach Mitteilung des Stalag Memmingen werden die Kriegsgefangenen erst in die Bergwerksgebiete abgezogen, wenn von den militärischen Dienststellen die Anordnung hierzu erteilt wird.

Augsburg, den 9.8.43

Quelle: DAF Kreiswaltung Ordner 16 StA Augsburg


Arbeitskräftemangel


Altes Sägewerk


Ansicht Sägewerk


Kriegsgefangene statt Zivilisten


Bitte um Arbeitskräftezuweisung (1941)


Skizze des Lagers


Genehmigung für Zwangsarbeiterlager


Holzentladung


Holzverladung


Kriegswichtiger Betrieb


Lageplan Lager


Zwangsarbeiterlager


Namen der zivilen Ostarbeiter


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