Kurpfälzisches Museum Heidelberg:

Das Kunstwerk des Monats

Mai 2002
- Sammlungsblatt -

Charles de Graimberg
(Paars 1774 - 1864 Heidelberg)
Erste Ansicht des Heidelberger Schlosses

Louis Charles Francois de Graimberg kam am 30. Juli 1774 als zweiter Sohn eines französischen Landedelmannes zur Welt. Sein Zeichenlehrer entdeckte bald seine Begabung und förderte ihn. Mit der Französischen Revolution und der Emigration der Familie 1791 fand seine behütete Jugendzeit ein jähes Ende. Seit 1796 lebte er auf der Kanalinsel Guernsey und begann sich in dieser Zeit intensiv autodidaktisch weiterzubilden.

Neben Geschichte, Literatur, Geographie widmete er sich mit besonderem Eifer der Landschafts- und Porträtzeichnung. Bei seinen Landschaften orientierte er sich eng an der niederländischen Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts. Seinen Lebensunterhalt bestritt er u. a. mit seinen Landschaftszeichnungen, als Porträtist, Zeichen- und Hauslehrer. 1805 verließ er Guernsey, kehrte nach Frankreich zurück und ergriff die Gelegenheit zur weiteren Ausbildung im Atelier J. V. Berlins in Paris. 1810 brach er nach Karlsruhe auf, um sich beim badischen Hofkupferstecher Christian Haldenwang, einem Freund und Nachbarn seines dort ansässigen Bruders Louis, zum Kupferstecher ausbilden zu lassen. Außerdem wollte er die schöne Neckargegend und das Heidelberger Schloss zeichnen, um diese Zeichnungen später nach seiner Rückkehr nach Paris zu einem Landschaftsbild auszuarbeiten. Entgegen seiner ur-sprünglichen Absicht blieb Graimberg bis zu seinem Tod 1864 in Heidelberg. Die Heidelberger Schlossruine und die Geschichte der Kurpfalz faszinierten ihn derart, dass er sein Lebenswerk (kurpfälzisch-badische Sammlung, Kupferstichunternehmen, Erhaltung der Ruine) darauf ausrichtete.

Bereits an seinem Ankunftstag in Heidelberg begann Graimberg, unermüdlich zu zeichnen, und entschloss sich bald darauf, seine Zeichnungen des Heidelberger Schlosses stechen zu lassen. Mit seinen Ansichtenfolgen wollte er den Status quo und den besonderen Reiz der in seinen Augen schönsten Ruine Europas auch für kommende Generationen erhalten. Die an jenem ersten Tag in Heidelberg entstandene Zeichnung arbeitete Graimberg im kommenden Jahr als Vorlage für den ersten großen, von Haldenwang gestochenen Kupferstich aus.

Für seine erste Zeichnung der Schlossruine wählte Graimberg eine Ansicht des Schlosshofes. Über die Brücke kommend setzte er sich vis-ä-vis des Brunnenhauses in den Eingangsbereich des Hofes. Von dieser Position bietet sich ein schöner Blick auf die Prunkfassaden des Ensembles - vom Friedrichsbau über den Gläsernen Saalbau und Glockenturm zum Ottheinrichsbau. Insbesondere der Ottheinrichsbau rückte später mehr und mehr in den Mittelpunkt von Graimbergs Interesse, da er in ihm den architektonisch bedeutendsten Teil der Schlossanlage sah.

Die Vorzeichnungen für seine erste große Schlossansicht fügte Graimberg 1857 seiner Skizzensammlung hinzu und versah sie eigenhändig mit Erläuterungen: „Die Zeichnung N° 1 ist mein erstes Werk zu Heidelberg, wohin ich am 4. October 1810, [...] noch fruehzeitig genug gekommen war, um an demselben Tage, gegenwaertige Zeichnung zu beginnen. Seine erste Bestimmung war anzuzeigen welche Zahl von ausgezeichneten Stücken der Architektur und Sculptur auf die Zeichnung kommen koennten, ohne darauf Verwirrung anzurichten. Die Zeichnung N° 2 ist meine zweite Arbeit [18.10.1810]. Sie ward in allen Richtungen nach der Natur entworfen und gemessen, und [...] in Perspectiv gesetzt, auf derselben Zeichnung [...] habe ich die Zeichnung N° 3 durchgezeichnet welche auch die erste gros-se Platte der Ruine von Heidelberg gab, die unter dem Namen der Gross.Herzogin Stephanie von Baden gestochen, und ein Meisterwerk des Landschaftskupferstichs, unter dem unnachahmbaren Grabstichel meines Freundes Christian Haldenwang Kupferstecher am badischen Hofe geworden ist. [...]".

Mit Blick auf die druckgraphische Umsetzung seiner Vorlagen stand Graimberg in regem brieflichem Austausch mit Haldenwang. Zudem erhielt er von diesem Probedrucke zur Ansicht. Bei den von Graimberg stets als Kupferstich bezeichneten Blättern finden sich zumeist relativ große radierte Partien. Es handelt sich hierbei um eine für Haldenwang übliche Vorgehensweise des Arbei-tens mit Mischtechniken, in diesem Fall mit Kupferstich und Radierung. Oft ist der Anteil der radierten Bereiche so hoch, dass man gegebenenfalls auch von Radierung sprechen könnte. Zum badischen Hof hatte Graimberg über seinen Bruder Louis und dessen Gattin Amalie gute Kontakte. Letztere führte in Karlsruhe ein Institut für junge Damen und wurde 1816 Erzieherin der badischen Prinzessinnen Luise und Josephine. Dementsprechend widmete Graimberg seine erste große Schlossansicht einem Vertreter des badischen Herrscherhauses.

In den ersten Jahren stießen Graimbergs Kupferstiche auf reges Interesse und sein Kupferstichunternehmen hatte bald einen bedeutenden Umfang erreicht. Besondere Beachtung fanden die großen Kupferstiche. Graimberg selbst sprach 1847 in ihrem Zusammenhang von der Morgenröte „[...] mit welcher das Heidelberger Schloß in das glänzende Ansehen gekommen ist, das es heut zu Tage genießt [...]". Insgesamt 7 Ansichten erschienen in dieser Folge. In den ersten vier großen Schlossansichten sah Graimberg die wesentlichsten Ansichten der Ruine, da sie einerseits wahre Bildnisse ihres gegenwärtigen Zustandes und andererseits Werke seines Freundes, des hervorragenden Kupferstechers Haldenwang (bzw. Schnell) seien.

Der Verkauf der Graimberg'schen Ansichten fand u. a. über verschiedene Buch- und Kunsthändler im In- und Ausland statt. So waren die Druckgraphiken beispielsweise bei Winter in Heidelberg, bei Artaria in Mannheim, bei Bance in Paris oder auch bei Haldenwang selbst erhältlich. So schrieb dieser 1816 an Graimberg: „Lieber Freund! Ein Architect will 2 Exempl. von der ersten großen Landschaft welche der Stephanie gewidmet ist haben. Ich bitte Sie mir mit dem ersten Postwagen diese zu senden. [...] Mit Achtung und Freundschaft Ihr Haldenwang."

Anja-Maria Roth

Literatur:
Charles de Graimberg: Notice de l'entreprise des vues de Heidelberg. Heidelberg 1820
Charles de Graimberg: Nachrichten von der Alterthümerhalle des Heidelberger Schlosses, o. O. 1842.
Hasso von Haldenwang: Christian Haldenwang, Kupferstecher (1770-1831). In: Frankfurter Fundamente der Kunstgeschichte. Hrsg. von G. Eimer. Band XIV. Frankfurt a. M. 1997.
Thomas A. Leger: Erklärendes Verzeichnis der Denkmäler in der Graimbergi-schen Alterthümersammlung des Heidelberger Schlosses. Hrsg. v. Karl von Graimberg. Bd. 1. Heidelberg 1838.
Anja-Maria Roth: Charles de Graimberg (1774-1864). Denkmalpfleger, Sammler, Künstler. In: Buchreihe der Stadt Heidelberg. Bd. 8. Heidelberg 1999.

siehe auch: Graimberg-Zeichnungen
bei "Biedermeier in Heidelberg"
"Erste Ansicht des Heidelberger Schlosses, vom Innern des Hofes aus. Dediee a Son Altesse Imperiale & Royale Stephanie Adrienne Grande Duchesse de Bade. Par son tres humble et tres obeissant serviteur Charles de Graimberg."
Zeichnung: Charles de Graimberg (1811); Kupferstich: Christian Haldenwang (1812) 46,3 x 55,6 cm (Platte); Inv. Nr. S 860
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