In der ecfra14-Session von Mandy zu Thema Wiki-Nutzung merkte ich, dass viele Wikis vor allem als Kooperationswerkzeug für Schüler nutzen wollen.

Gleichzeitig wurde natürlich auch angesprochen, dass man aufpassen muss, dass Wikis nicht vor allem kopierte Sachen enthalten. Denn wenn Schüler zu einem Thema etwas zusammensuchen sollen, warum dann nicht das vorhandene kopieren. Und da haben sie wieder …   die digitale Variante, über die sich viele Wikipedia-hassende Kollegen aufregen, wenn Schüler ihr Referat aus unserem aller-liebsten Online-Lexikon kopieren.

Natürlich will ich, dass Schüler aktiv sind, aber ist das Herauskopieren von fertigen Texten oder das Herausschnippeln von Textbestandteilen aus verschiedenen Quellen zu einem Text ist doch nur bedingt sinnvoll, oder?

Genau deshalb bin ich bei solchen Aufgabenstellungen eher zurückhaltend. Das Zusammensuchen von Informationen ist nicht die wesentliche Leistung, sondern eher das anwenden. Dazu eine Story aus meinem Schulalltag:

In Chemie in Klasse 8 beschäftigt man sich mit den Eigenschaften von Stoffen. Früher war es üblich, den Schülern die Aufgaben zu geben, sich mit einem Stoff aus dem Alltag (Wasser, Bronze, Gold, Graphit, …) zu beschäftigen und dessen Eigenschaften auzuzählen. Sobald der erste Schüler mit dem Thema Bronze als Lösung einen Ausdruck des Wikipedia-Artikels abgeliefert hat, waren solche Aufgabenstellen schon mal gegessen.

Eine ehemalige Kollegen gab mir schon in der Prä-Wikipedia-Phase den Tipp, dass die Schüler ihr Referat umschreiben müssten, in die Ich-Form. Da kann es dann passieren, dass man eine quasi 1:1 Kopie des Textes bekommt, bei nur die Verben verändert wurden und „ich“ eingefügt wurde. Oder – wie es in einer Klasse mal vorkam – ein Schüler sich leidenschaftlich als Bronze darüber beschwert, dass „er“ nur für den dritten Platz vergeben wird, wo er doch so viele gute Eigenschaften hat.

Besser ist es aber, wenn es nicht nur um einen Artikel geht, denn die Schüler beachten müssen. So könnte eie Aufgabe heißen: „Informiere dich über die Eigenschaften von Bronze und Gold und argumentiere für und gegen ihre Benutzbarkeit als Material für Glocken.“ Der Schüler muss also schon mal mindestens zwei Artikel zu Gold und Bronze durchlesen, eventuell noch etwas zu Glocken und es dann passend zusammenfassen. Die Argumentation kann auch alltäglich Aspekte, wie den Preis umpassen. Hier wäre durchaus auch eine Zusammenarbeit möglich, ob es ein Wiki sein muss oder ob ein Etherpad reicht, weil man vielleicht nur Infos zusammensuchen will und die Ergebnisse dann in Impress oder mit einem einfachen Text präsentiert, sei mal dahingestellt.

Fazit: Ich nutze das Wiki im Moment vor allem für mich, bzw. natürlich für die Schüler, die damit arbeiten können. Die Schüler zusammenarbeiten lassen ist sicher sinnvoll … aber dann bitte jenseits von Copy-und-Paste-Aufgaben.

3 Kommentare zu “Wikis für wen … für Schüler oder Lehrer?

  1. kdautel says:

    Hallo Birgit

    Hallo Birgit, das ist eine der wichtigsten Fragestellungen für die Schule geworden: Wie sollen Aufgabenstelung und Leistungsbewertung in Zeiten des Internets aussehen? Ich habe mich dazu – das Fach Deutsch betreffend – in diesem Blogbeitrag (http://unity.zum.de/networks/blog/post.kdautel:24) beschäftigt. Vielleicht ist das auch ein Beitrag zum Weiterdenken! – Interessant ist für mich noch ein anderer Aspekt: Die Problemlage scheint sich für manche Fachrichtungen akuter darzustellen als für andere. Ich denke da tatsächlich an die Naturwissenschaften und die Mathematik, MINT genannt. Die Fakten, die Formeln, die Gleichungen sind jederzeit abrufbar, die Aufgaben sind seit Jahrzehnten ähnlich oder gleich, die Klassenarbeiten und ihre Lösungen finden sich alle irgendwo im Netz … ich übertreibe vielleicht etwas, aber es hat schon seinen Grund, dass z.B. bei uns in der Schule die Naturwissenschaften das größte Interesse an der Anschaffung von Plagiat-Findungs-Software haben. – Folglich ginge es also darum, sich verstärkt auf Verfahrensweisen und deren Darstellung zu konzentrieren (wie in Deinem Beispiel). Das würde mich dann als Deutschlehrer dahingehend freuen, dass auch in den MINT-Fächern die sprachliche Leistung, also sich in grammatisch und satzlogisch korrekten Sätze mitzuteilen, eine größere Rolle spielen könnte. Dann wären die Deutschleute nicht mehr die einzigen (oder wenigen), die Schülern noch vollständige Sätze abverlangen.

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  2. Bernhard Heim says:

    Erstens möchte ich bemerken,

    Erstens möchte ich bemerken, dass das Kopieren von fertigen Texten nicht ein Wikipedia-Phänomen ist. Echte Wikipedia-Hasser scheinen das Internet gleichzusetzen mit Wikipedia und die Qualität dieser Artikel zu unterschätzen. Zweitens ist das, was Birgit anspricht, genau das Problem, wenn man mit Schülern in einem Wiki oder auf eine Etherboard arbeitet. Das Kopieren wird leicht gemacht. Wie sollten also Aufgabenstellungen aussehen? Wir sollten die Anregung von Klaus auf dem Frankfurter Wikiseminar aufgreifen und uns neben der Wiki-Technik auch einmal mit Unterrichtskonzepten zum Wiki-Einsatz beschäftigen.

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  3. TNolte says:

    Mal provokant gefragt:

    Mal provokant gefragt: Ahmen die Schüler mit dem Kopieren nicht etwas nach, was in der Natur alltäglich ständig passiert? Müssen wir uns nicht vom Ziel des ständig neuen Ertrags verabschieden? Nicht jeder Schüler ist als begnadeter Forscher auf die Welt gekommen, der Neues schafft. Remixen, ist das Trendwort. Ok, die Quellen, aus denen man schöpft, sollte man der Fairness halber schon nennen (CC-BY). Wikis fördern m.E. die zivilgesellschaftliche Beteiligung und Vernetzung. Und deshalb halte ich sie für kostbar.

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