Projekt des Peter-Paul-Rubens-Gymnasium in Siegen (Projektleitung: Frau C. Schuster)

Schülergruppe Siegen: Projektverlauf 2018

 

März, April:         Gruppenfindung und erste Planung

Mai, Juni:             Zentrale Abschlussprüfungen, keine Projektarbeit

Juli:                     Selbstständige Organisation zum Besuch des Aktiven                                Museums Südwestfalen,

 Anfertigen von Notizen
Bildaufnahmen
Bilderrecherche
Recherche im Internet

September:           Bearbeitungsphase, Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Anfertigung des Projektes beruhte auf freiwilliger Mitarbeit und wurde von den Schülerinnen und Schülern über den Rahmen ihres regulären Unterrichtsrahmens hinaus angefertigt. Die Fachlehrer haben anschließend editiert.

 

Die Reichspogromnacht in Siegen

 

Die ersten Juden in Siegen und der Bau der Synagoge

Die ersten in Siegen wohnenden Juden waren (laut vorliegender Quellenlage) das Ehepaar Isaac und Betty Rosenberg. Sie zogen 1815 nach Siegen. 1856 starb Isaac und seine Frau zog nach Kirchhelden zu ihrer Tochter und starb dort im Jahre 1862. Fünf von sechs ihrer Kinder wanderten nach Amerika aus. Die in Deutschland verbleibende Tochter zog nach Attendorn zu ihrem Mann.     
Weitere Bürger jüdischer Abstammung sind für diesen Zeitraum im Siegener Stadtgebiet verbürgt. 1867 zog David Berg in die Krönchenstadt und 1870 lebten schon sieben jüdische Familien in Siegen und eine in Marienborn. 1871 wurde dann der jüdische Friedhof am Lindenberg eingeweiht und eine jüdische Schule in einem Privathaus in der Hinterstraße eingerichtet. Den Gottesdienst hielt die jüdische Gemeinde in verschiedenen privaten Räumen ab. 1903 lebten 24 jüdische Familien in Siegen und elf in Nachbarorten.

Am 25. März 1891 kaufte Gottfried Brast für 8000 Mark den Bauplatz der Synagoge am Obergraben. Die Arbeiten rund um den Bau der Synagoge, von den Bauentwurfszeichnungen bis hin zu den Klempnerarbeiten, wurden alle von Siegenern ausgeführt. Eine Abbildung von Teilen des Synagogeninneren befindet sich im Anhang.

(Quelle: Aktives Museum Südwestfalen e.V.)

 

Anzahl der Juden bis 1938

Im 19. Jahrhundert wuchs die jüdische Gemeinde – wie oben angeführt – stark an. Wohnansässig waren sie vor allem in der Oberstadt. Gemäß Quellenlage wird den Siegener Juden Anfang des 20. Jahrhunderts kein hoher Assimilationsgrad bescheinigt, obwohl ausgeführt wird, dass sie teilweise in lokalen Vereinen Mitglieder waren. Als 1933 die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, gab es in Siegen etwa 130 Juden und noch weitere 80 im gesamten Landkreis. In der Reichspogromnacht wurden dann allerdings alle jüdischen Männer festgenommen. Viele von ihnen wurden ins Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt.

(Quelle: www.jüdische-gemeinde.de)

 

Der befohlene Pogrom

In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde der Befehl für den Pogrom gegeben und auch schriftlich festgehalten. Der Befehl an die lokale SA lautete sinngemäß folgendermaßen:

Die SA sollte sowohl alle jüdischen Geschäfte zerstören sowie die sich darin befindlichen Wertgegenstände vor Plünderung schützen. Jüdische Symbole waren sicherzustellen und die Synagoge in Brand zu stecken. Um darüber zu berichten sollte die Presse herangezogen werden, aber die Feuerwehr durfte nicht eingreifen, ebenso wenig wie die Polizei.[1] Das einzige, was vor dem Feuer geschützt werden sollte, waren Wohnhäuser. Sowohl die der „Arier“ als auch jene der Juden, allerdings sollten letztere dann aus den Häusern vertrieben werden, damit dort dann „Arier“ einziehen konnten. Währenddessen sollten alle Juden entwaffnet werden. Diejenigen, die sich dagegen wehrten, sollten erschossen werden. Außerdem sollten an den zerstörten jüdischen Geschäften, Synagogen etc. Schilder angebracht werden, auf denen ein Text steht, der in etwa so lautet, wie der folgende:

            „Rache für Mord an vom Rath.“

            „Tod dem internationalen Judentum.“

            „Keine Verständigung mit den Völkern, die judenhörig sind.“

(Gemäß eines Aushangs im Aktiven Museum Siegen e.V.: Aus dem Urteil des Obersten Parteigerichts, vom 20. Januar 1939 in Sachen des August Frühling und Genossen, S.-F.: Original im Institut für Zeitgeschichte, München)

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[1]Diese Maßgabe galt offensichtlich nicht für die zivilen Wohnhäuser der Juden. So berichtete laut einer Darstellung der WP vom 09.11.2013 Mally Hermann von Polizeischutz vor ihrem Haus in der Pogromnacht: Mally Herrmann, die in Siegen zurückgebliebene Ehefrau von Eduard Herrmann, rief am Abend mehrfach die Polizei, als die Scheiben ihres Hauses an der Giersbergstraße klirrten. Schließlich wurde ein Beamter als Wache für den Rest der Nacht vor dem Haus abgestellt. vgl.: https://www.wp.de/staedte/siegerland/vor-75-jahren-ss-maenner-zuenden-synagoge-an-id8649528.html, 25.09.2018

 

Der Bericht eines Zeitzeugen

Im Folgenden wird zusammengefasst wie Hugo Herrmann (Sohn der oben erwähnten Mally Herrmann) den Synagogenbrand in Siegen erlebt hat (Die aus den Quellen zu extrahierenden Informationen sind hier nicht ganz eindeutig. So ist der oben erwähnten Darstellung aus der WP zu entnehmen, dass sich der Zeitzeuge zum Zeitpunkt des Brandes schon in Dortmund befand, wohingegen der Aushang im Aktiven Museum von seiner Anwesenheit zum Zeitpunkt des Brandes ausgeht. Es ist davon auszugehen, dass der Ablauf des Brandes ihm von seiner Mutter mitgeteilt wurde):

Er lebte in dem obersten Geschoss eines Geschäftshauses. Am 9. November kamen zwei in Zivil gekleidete Gestapo-Beamte, die nach ihm gefragt haben. Sie haben ihn zum Rathaus gebracht und dort inhaftiert. Nach und nach kamen sein Vater, sein Onkel und weitere Mitglieder, welche inhaftiert wurden, dazu. Er sagte, dass man gemerkt habe, dass nicht die Siegener Polizei diejenige war, welche die Sache geführt habe, sondern vielmehr auswärtige Gestapo-Mitglieder, da die Polizei ihnen gegenüber verlegen war. Am nächsten Tag, dem 10. November, erfuhren sie vom Brand der Synagoge.      
Trotzdem waren sie froh. Froh deswegen, weil ein Ostjude, Laser Reches, der mit ihnen inhaftiert war, seine Kinder schon nach Israel gebracht hatte, weshalb ihnen nichts mehr passieren konnte. Als Laser Reches hörte, dass die Synagoge brannte, sagte er übersetzt: „Der Hüter Israels schläft und schlummert nicht.“, und dann begann er ein Lied zu singen. Am Nachmittag wurden sie in einem Omnibus nach Dortmund ins Gefängnis gebracht, wo alle westfälischen Juden gesammelt wurden, um sie am nächsten Morgen mit dem Sonderzug nach Oranienburg ins Konzentrationslager zu schicken.

(Quelle: Aktives Museum Südwestfalen e.V.)

 

Weiterführende Netzverknüpfungen und Literatur:

http://aktives-museum-suedwestfalen.de
https://www.siegen.de/leben-in-siegen/bildung/stadtarchiv/
https://www.cjz-siegen.de
http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/s-t/1810-siegen-nordrhein-westfalen
http://www.ns-gedenkstaetten.de/nrw/siegen/wissenswertes/juedisches-leben-in-siegen.html
http://geschichtswerkstatt-siegen.de
Klaus Dietermann: Jüdisches Leben in Stadt und Land, Siegen, Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, 1998
Dieter Pfau: Christenkreuz und Hakenkreuz. Siegen und das Siegerland am Vorabend des „Dritten Reiches“. Bielefeld, Verlag für Regionalgeschichte, 2001

 

Zum Bau der Synagoge in Siegen:

Aushang im Ausstellungsraum des Aktiven Museums Südwestfalen e.V. (Juli 2018)

Aushang im Museum

 

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