Schon länger währt die Diskussion um die Einführung und den Stellenwert des Faches Informatik an deutschen Schulen. Die Oktober-Ausgabe der Computerzeitung c’t (23/2021) widmet sich diesem Thema aktuell gleich in mehreren Artikeln. Dabei geht es u.a. um die Frage, ob Informatik als Pflichtfach oder als Querschnittsaufgabe in den bestehenden Schulfächern eingeführt werden soll. Für beides gibt es Fürsprecher und Argumente, aber der Trend scheint in Richtung Pflichtfach zu gehen.

Da fügt es sich, dass im September in der „Big Fat Notebook“-Reihe des Loewe-Verlages ein neues Buch erschien mit dem Titel „Alles, was du für Informatik brauchst – Das Starter-Kit für angehende Programmierer“. Der Autor Grant Smith macht sich damit zur Aufgabe, alltagsnah und unterhaltsam Schüler:innen ab der 7. Klasse, Studierenden und neugierigen Erwachsenen die Grundlagen der Informatik und den Spaß am Tüfteln zu vermitteln.

LOOK AND FEEL

Das Layout ist tatsächlich einem Notizbuch nachempfunden, der gewählte Schrifttyp („Brotfont”) ist schnörkel- bzw. serifenlos, die vielen Grafiken sind unaufdringlich bunt und von einer comic-haften Schlichtheit, wie von Schüler:innen-Hand gezeichnet. Die einzelnen Seiten sind mit Schreiblinien, Schriftfarben und viel Zwischenraum  gestaltet, sie machen keineswegs den abschreckenden Eindruck von Überfülltheit, der Schulbüchern oft genug eigen ist. Das Cover ist biegsam („Flexcover”), dadurch liegt das „Notebook” trotz seiner 570 Seiten gut in der Hand und lässt sich aufschlagen ohne auseinanderzubrechen. Leider ist es zu dick, um geöffnet auf dem Tisch liegen zu bleiben, falls man etwas daraus abschreiben möchte. Es will sich am liebsten wieder zusammenklappen.

Titel und Untertitel versprechen nicht weniger als „Alles”, was angehende Informatiker brauchen. Dabei ist jedem sofort klar, dass da etwas zu viel versprochen wird, aber der Ton ist gesetzt und hört sich viel versprechend an.

INHALT

Das Notebook ist in der Tat gehaltvoll und für Einsteiger – trotz sanftem Einstieg – ganz bestimmt eine Herausforderung.
Die acht Lektionen haben zum Inhalt

  1. Computersysteme
  2. Datenanalyse
  3. Softwareentwicklung
  4. Algorithmen
  5. Programmierregeln
  6. Programmieren mit Scratch
  7. Programmieren mit Python
  8. Webentwicklung, HTML & CSS

Aufbau und Progression sind von sachlogischer Konsequenz, bis es dann zum ‚eigentlichen‚ Programmieren kommt, ist einiges (fünf Lektionen!) an Vorgeschichte abzuarbeiten, deren Bedeutung für spätere Programm-Arbeit nicht sofort ersichtlich ist und etwas Geduld verlangt. Dann aber ist es so weit und die Programmierumgebungen Scratch und Python werden ausführlich vorgestellt.

Längere Scripte bzw. Codes allerdings, die man abschreiben, studieren und variieren könnte, gibt es nicht. Alles ist stark auf Einführung von und in Grundprinzipien ausgerichtet, was didaktisch zwar angebracht ist, letztenendes aber auch von einer gewissen Abstraktheit gekennzeichnet ist. Eine gute Idee wäre da ein Repositorium mit kopierbaren Snippets und Codes, das den Erwerbern des Buches auf der Webseite des Verlags zur Verfügung gestellt wird. Oder einige kommentierte Link-Hinweise darauf, wo solche im Netz zu finden sind.

FÜR WEN?

Das Buch ist auf jeden Fall auf der Höhe der Zeit. Gemessen an den Informatik-Schulbüchern, in denen noch Delphi oder Turbo-Pascal die gewählte Programmiersprache ist und die Webseiten-Entwicklung noch gar keine Rolle spielt, entsprechen die in diesem Notebook gewählten Programmierumgebungen Scratch und Python dem Stand aktueller Informatik-Didaktik.

So z.B. nennt der Ba-Wü-Lehrplan für den Aufbaukurs-Informatik  (Klasse 7, Juli 2018) keine konkreten Programmsprachen, sondern spricht von „visuellen Programmierumgebungen” und „blockbasierten Sprachen”. Diese „ermöglichen im Anfangsunterricht eine Fokussierung auf die algorithmischen Bausteine (Anweisungen, Kontrollstrukturen) und deren Zusammenspiel durch Strukturierung. Die Möglichkeit eines ansprechenden grafischen Outputs hat für Schülerinnen und Schüler einen hohen Aufforderungscharakter und motiviert dazu, eigene Ideen umzusetzen…” (S.12).

Das Notebook stellt mit Scratch eine solche blockbasierte Programmierumgebung vor und leitet darin zum Erstellen einfacher grafischer Spielabläufe an.

Das abschließende Kapitel über Webentwicklung kommt vielen Schüler:innen entgegen, die eigene Versuche und Erfahrungen mit Webseitenerstellung (HTML) und -Gestaltung (CSS) machen wollen.

Deswegen kann dem Big Fat Notebook INFORMATIK eine neugierige und intrinsisch motivierte Leserschaft versprochen werden, seien es Schüler:innen, die sich selbst schlauer machen wollen, oder Kolleg:innen, die Anregungen für einen zeitgemäßen Informatik-Unterricht in den Klassenstufen 5-9 suchen.

Erschienen in deutscher Version im September 2021 im Loewe Verlag, 576 Seiten,

eingebunden in Flexcover mit Spotlack, zum Preis von 16,95 €

Für eine Leseprobe HIER klicken.

Klaus Dautel

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