Learningapps sind eine feine Sache und würdige Nachfolger der HotPotatoes. Attraktiv ist vor allem die Vielfalt der Vorlagen und die Möglichkeit der Selbst-Verwaltung für Lehrkräfte, Klassen oder Kurse. Diese Vielfalt der Vorlagen und Beispiele nimmt ständig zu und zwingt den Ersteller von Übungen zu Entscheidungen: Welche Übung ist für welchen Einsatz-Zweck am besten geeignet.

Das ergibt eine Problemlage, die mir in Fortbildungen immer deutlicher auffällt:

1. Die Kolleginnen und Kollegen

  • sind begeistert wegen der Einfachheit der Erstellung optisch ansprechender Übungen
  • sie sind inspiriert durch die Vielfalt der Vorlagen
  • und dankbar für den geringen zeitlichen und technischen Aufwand .

2. Dies kann dann aber dazu führen, dass

  • Schüler schon durch schnelles Klicken oder Hin- und Herschieben nach dem Prinzip Versuch und Irrtum zur Lösung der Aufgaben gelangen, ohne einen erkennbaren Lerneffekt
  • die Erstellung einer learningapp wesentlich länger dauert, als deren Lösung durch die Schüler.
  • Lehrkräfte zu schnell zufrieden sind mit ihren modernen digitalen Beschäftigungsangeboten und deswegen
  • learningapps ‚kontextlos‘ geplant und/oder eingesetzt werden.

Die Erstellung und  der Einsatz von learningapps birgt also das Risiko, zum bloßen Klick-Adventure (für Schüler) oder zum digital-didaktischen Aktionismus (für Lehrer) zu werden. Ein Beitrag in rpi-virtuell drückt das so aus:

Solche Quizzes machen zwar Spaß, sichern aber keinen dauerhaften Lernerfolg – es sei denn, man quält seine Lerngruppe damit, dass man das gleiche Quiz im Lauf von einigen Wochen mehrfach wiederholt. Oder aber, man bringt seine Lerngruppe so weit, dass sie selbst LearningApps-Quizze entwickeln: Dies sorgt erfahrungsgemäß für eine nachhaltige Wissensaneignung.“

3. Darum ist das didaktische Setting, innerhalb dessen learningapps eine produktive Rolle einnehmen können, enorm wichtig. Hier gibt es folgende Fragen zu bedenken:

  • An welcher Stelle im Lernprozess sind learningapps sinnvoll: Zur Einführung in ein Thema – zur Festigung von erworbenem Wissen – zum Abprüfen und zur Selbsteinschätzung?
  • Was geht dem Einsatz einer App voraus? Wie werden die Lerner darauf vorbereitet?
  • Welche Feedbacks und welche weiterführenden Aufträge erhält der Lerner beim Bearbeiten von learningapps?
  • Welche kommunikativen Prozesse löst das gemeinsame (Erstellen oder) Bearbeiten von learningapps aus? Oder sollen sie besser allein bearbeitet werden.
  • Was folgt im Anschluss an die Arbeit mit learningapps: Weiterarbeiten im Heft, Nachlesen im Buch, Verschriftlichung und/oder Kommunikation?

4. Wikis bieten eine solche Lernumgebung für den produktiven Einsatz von Learningapps. Die Übungen lassen sich z.B. In Lernpfaden so platzieren, dass ihre Bearbeitung angemessen vorbereitet und mit den nächsten Lernschritten verknüpft wird.

Ein anregendes Beispiel hierfür liefert Elena Jedtke mit ihrem Lernpfad „Quadratische Funktionen erkunden“. Die Übungen werden hier in eine didaktisch sinnvolle Progression eingebettet.

Im Willkommen-Wiki, einem offenen Portal für den Deutschunterricht mit Flüchtlingen und Asylsuchenden, sind learningapps thematisch zu Übungsabfolgen zusammengestellt, z.B. zum Themenfeld „Zeit“: Uhrzeit, Wochentage, Monate, Jahreszeit. Diese Übungen stehen dann in dem thematischen Kontext „Alltag in Deutschland“. Natürlich gibt es das auch für grammatische Phänomene wie „Präpositionen“ oder „Pronomen“.

5. Wenn learningapps von Schülern erstellt werden – was ja, wie schon erwähnt, eine gute Idee sein kann – welche Leitlinien sollen wir ihnen mitgeben? Hier ein Vorschlag:

  • Überlege, was Du zu diesem Thema gelernt haben solltest.
  • Überlege, was für Dich eine machbare Herausforderung wäre.
  • Überlege, ob Deine Übung schon durch bloßes Klicken und Herumschieben erledigt werden kann.
  • Wenn ja, dann lasse Dir dazu noch eine ‚Hausaufgabe‘ einfallen
  • Oder eine zweite und dritte Übung dieser Art (und eine Hausaufgabe!)

Bei vielen Übungen kann die Erstellung durch Schülerinnen und Schüler produktivere Prozesse auslösen als deren spätere Ausführung. So schlägt „Herrn Emrich“ schon für eine vierte Klasse vor:

So könnten zum Beispiel zu einer Lektüre Quizspiele im Stile von Wer wird Millionär gestaltet werden. … Die Erstellung der Fragen kann dann zum Beispiel auch zu Diskussionen führen, was denn nun leichte und besonders schwierige Fragen sind. Eine Millionenfrage sollte sich ja deutlich von einer 100€-Frage abheben.“ (Herrn Emrich schreibt)

 

Hier noch einige Erfahrungsberichte im Netz:

Lindas Blog: Erfahrungen mit Wortgitter, Kreuzworträtsel, Baumarten-Memory

domainderlehrerin „Hier drei von mir erstellte, mögliche Aufgabentypen zur Vertiefung von Englisch Vokabular: Kreuzworträtsel, Multiple Choice, Lückentext.“

Lernraumzeit.de LearningApps.org in der digitalen Schule – Beispiel einer Mathe-App

manu’s blog Bericht über die Erstellung einer Zuordnungsapp, einer Zeitstrahlapp und eines Mehrspieler-Quiz zum Bereich Sport

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