Michael Schulte, Mitbegründer der Kinder-Wikipedia “Klexikon”, stand der Zeitschrift SCHULWELT NRW Rede und Antwort. Das Interview ist nun im Novemberheft erschienen. Wir drucken es mit Genehmigung von Michael ab. Herzlichen Dank! Ein weiterer Bericht aus einer Schreibwerkstatt mit Grundschulkindern bei Wikimedia Deutschland und im Deutschen Technikmuseum Berlin folgt demnächst.

Klexikon.de bietet 6- bis 12-jährigen den Zugang zum Wissen dieser Welt

Die Wikipedia belegt in Deutschland aktuell Platz 6 der meistbesuchten Internetseiten. Erwachsene benutzen die Wikipedia seit vielen Jahren wie selbstverständlich und regelmäßig. Aber warum gibt es keine eigene Wikipedia für Kinder? Die gibt es schon, sie heißt nur anders: Das Klexikon ist ein Online-Lexikon für Kinder, das nun schon seit 10 Jahren existiert. Einer der beiden Gründer, der Journalist Michael Schulte, beantwortet hier sechs Fragen. Ein Blick hinter die Kulissen der ersten Wikipedia für Kinder in deutscher Sprache, die diesen Namen verdient hat. 

Was hat das Klexikon mit der Wikipedia zu tun?

Das Klexikon ist die erste Wikipedia für Kinder im deutschsprachigen Raum. Vor zehn Jahren habe ich mir die Frage gestellt, warum es eigentlich noch keine Wikipedia-Alternative für 6- bis 12-jährige gibt. Damit habe ich bei Wikimedia Deutschland, dem weltgrößten Wikipedia-Förderverein offene Türen aufgestoßen. Im Auftrag von Wikimedia habe ich 2014 dann ein Konzept für eine „Online-Enzyklopädie für Kinder“ verfasst, zusammen mit Ziko van Dijk, mit dem ich gleichzeitig auch Klexikon.de gegründet habe. Denn wir wollten natürlich nicht nur ein Konzept haben. 

Warum ist die Wikipedia nicht für Kinder geeignet?

Natürlich kennen und nutzen viele Kinder die Wikipedia. Aber ist sie wirklich ein geeignetes Angebot für junge Leute? Wenn wir diese Frage in Schulklassen stellen, ist die Antwort klar: Nein, die Wikipedia-Artikel sind meistens zu kompliziert, zu lang und enthalten auch nicht die Informationen, die zum Beispiel für Hausaufgaben oder eine Präsentation in der Schule wichtig sind. Deshalb möchten mit Klexikon.de erreichen, dass auch Kinder ab dem Grundschulalter freien Zugang zum Wissen dieser Welt haben. Inzwischen sind rund 3.500 Artikel zu den wichtigsten Themen von A wie Aachen bis Z wie Zypern entstanden, die ungefähr 20 Millionen Seitenaufrufe pro Jahr haben. Das Klexikon ist also bereits eine der beliebtesten Wissensseiten für Kinder im Internet, noch dazu ist unser Lexikon werbefrei, gemeinnützig verankert und ehrenamtlich geprägt. 

Welche Kompetenzen können Kinder mit dem Klexikon erlangen?

Mit dem Klexikon können Kinder erstmals ein altersgerechtes Online-Lexikon nutzen, das alle relevanten Themen der Schuljahrgänge 1 bis 6 abdeckt und auch viele weitere Themen aus der Lebenswelt von Kindern. Außerdem wird mit dem Klexikon wird die Recherchekompetenz von Kindern gefördert, wenn sie etwa die Suchfunktionen nutzen, die zahlreichen Artikelübersichten und Wissensgebiete durchstöbern oder sich von Link zu Link durch die Wissens-Welt bewegen. Wenn Themen fehlen, können die jederzeit vorgeschlagen werden. Am liebsten beteiligen wir ganze Schulklassen am Klexikon. 

Wie können sich auch Kinder im Klexikon mitmachen?

Auf unserer „Klexikon-Schultour“ konnten wir dank der Förderung durch Wikimedia Deutschland bisher rund 40 Schulklassen in fast allen Bundesländern mit Workshops über mehrere Wochen zu „Klexikon-Klassen“ ausbilden. Dabei sind viele neue Klexikon-Artikel entstanden und Vorschläge für unsere Wunschliste mit den nächsten Artikelthemen im Klexikon gemacht worden. Die beteiligten Schülerinnen und Schüler erleben die Entstehung eines neuen Artikels, indem sie Informationen sammeln, Bilder auswählen und gemeinsam als Klasse einen Lexikon-Text verfassen – so wie in der Wikipedia. Auch Schulen und Schulklassen aus NRW wurden beteiligt und sind weiterhin herzlich eingeladen, sich um eine Teilnahme an der Schultour zu bewerben. Denkbar wäre auch eine eigene Startseite für Kinder aus Nordrhein-Westfalen, die von Schulklassen mitgestaltet wird. Mit dem Schulministerium und einzelnen Schulträgern des Landes sind wir da bereits im Gespräch. 

Welche Rolle spielen Erwachsene im Klexikon?

Die allermeisten Inhalte im Klexikon stammen von erwachsenen Autorinnen und Autoren, die das ehrenamtlich neben ihren Berufen in Wissenschaft, Schule oder Journalismus machen. Doch die Beteiligung und das Feedback von Schulklassen war von Anfang sehr wertvoll für uns. Zum Beispiel haben Kinder vorgeschlagen, dass Fremdwörter in Audioboxen vorgelesen werden. Um Kinder noch kontinuierlicher einzubeziehen, planen wir eine virtuelle Kinderredaktion, die sich auch um die Themen auf der Startseite von Klexikon.de kümmert. 

Was hat sich das Klexikon für die Zukunft vorgenommen?

Das Klexikon gibt es im Moment nur auf deutsch. Die hohen Besucherzahlen in Millionenhöhe ermutigen uns, auch über Sprachversionen auf Englisch und Französisch. Erste Versuche und Überlegungen dazu gab es schon in Zusammenarbeit mit bilingualen Schulen in den USA, in der Schweiz und in Luxemburg. Das wollen wir gerne ausbauen. Natürlich ist auch ein App wünschenswert, über die beispielsweise Lehrkräfte mit ihren Klassen sich direkt mit uns austauschen, Artikel verbessern oder sogar neu anlegen können. Die Wikipedia als Top-10-Website in Deutschland zeigt, welches Potential auch das Klexikon hat.