![]() Das Internet als NachhilfelehrerImmer mehr Schüler nutzen den Cyberspace für den Unterricht. Dabei sind sie cleverer als ihre Lehrer |
![]() Wenn's bei den Hausaufgaben zu knifflig wird, klappt Jonas Hahn (18) seine Schulbücher zu, greift zur Computermaus und loggt sich ins Internet ein. Selbst auf schwierige Fragen bekommt der angehende Abiturient aus Freiburg im weltweiten Datennetz schnell die richtige Antwort. Die Erklärung des Begriffs »bootlegger« für den Englischunterricht? »Übers Internet kein Problem«, schmunzelt der Pennäler. »Ich habe einfach eine E-Mail an die Uni von Chicago geschickt. Ein Professor hat innerhalb einer halben Stunde geantwortet.« Dank der schnellen Online-Verbindung weiß der Schüler jetzt: Bootlegger - das sind Stiefel aus der Zeit der Prohibition, in denen Alkoholflaschen versteckt wurden. Als virtueller Nachhilfelehrer wird das Netz bei Schülern immer populärer. Nach einer Studie des Hamburger Marktforschungsinstituts Fittkau & Maaß nutzen es inzwischen 46,9 Prozent der Online-Fans im Teenageralter »oft oder sehr oft« für schulische oder universitäre Zwecke. Vor einem Jahr waren es erst 29 Prozent. »Das Internet ist für die jungen Leute keineswegs nur eine Spielwiese«, kommentiert Institutsleiter Holger Maaß. Auch jüngere Kids setzen in puncto Wissen schon aufs World
Wide Web: Wenn Lutz Kessler (11) (Name von der Redaktion geändert),
Sechstkläßler des Freiburger Theodor- Lutz' Schulkameradin Rosalind Salecker (13) ist der quicklebendige
Beweis dafür, daß auch Mädchen verstärkt in den Cyberspace
eintauchen. Zwar, so räumt sie ein, steuert sie bevorzugt die Homepages
von »Arabella« und »Herzblatt« an, aber natürlich
nutze sie das Web auch für die Hausaufgaben - etwa für Referate
im Biologieunterricht.
Bei ihren Netzrecherchen setzt die Info-Elite von morgen weitgehend
auf sechs große Internet-Foren, die sich an Schüler und Lehrer
richten und jede Menge Lernhilfen bieten. Infos über die Entstehung
des antiken Rom sind hier ebenso zu finden wie die Biographie des Komponisten
Carl Orff. Eines der wichtigsten Angebote, die Zentrale
für Unterrichtsmedien im Internet (ZUM), hat sogar eine Lehrerin
von Lutz und Rosalind initiiert: Margit Fischbach
vom Freiburger Theodor-Heuss-Gymnasium. |
Natürlich gibt es auch Serviceseiten von Schülern
für Schüler: Das Students Network etwa liefert Trickreiches für
den Schulalltag. Besonders beliebt: der Bereich »Spicker« mit
nützlichen Schummeltips (www.cheat.net).
Auch die kommerziellen Online-Dienste nehmen den Bildungshunger ihrer jungen
Klienten immer ernster: AOL bietet ein Nachhilfeforum an, in dem Schülerfragen
binnen 24 Stunden beantwortet werden, bei T-Online können Probeaufgaben
fürs Mathe-Abi gepaukt werden.
Mit der Initiative »Jugend ans Netz« erprobt das Land Baden-Württemberg im Großraum Freiburg sogar ein geschlossenes E-Mail-System für Schüler: Wer sich für 35 Mark das erforderliche Software-Paket auf seinen Rechner lädt, kann hier beliebig viele Nachrichten für 12 Pfennig am Tag abrufen. »Wir schieben uns gegenseitig Referate zu und erhalten kostbare Tips, wie es in anderen Schulen zugeht«, erklärt der 15jährige Roland Moriz, Gründungsmitglied der Initiative. Dem Riesentempo, mit dem die Jugendlichen derzeit ins Netz drängen, sind die meisten Schulen und Lehrer aber kaum gewachsen. Selbst bei den rund 3500 Instituten, die im Rahmen des Projekts »Schulen ans Netz« mit Hilfe des Bundesbildungsministeriums und der Telekom erste Gehversuche im Cyberspace machen, herrscht oft Notstand: Ungeklärt bleibt etwa, wie die anfallenden Telefonkosten fürs Internet-Surfen aufgebracht werden sollen. Zudem beklagen Schüler fehlendes Know-how bei ihren Lehrern. »Viele haben von der neuen Technik keine Ahnung. Das Lernen ist für sie eine Qual, für uns Schüler dagegen Hobby«, beschwert sich Roland Moriz. Erst ein Generationswechsel beim Lehrpersonal könnte das Problem lösen. »Ältere Lehrer freunden sich langsam mit neuen Technologien an«, meint ZUM-Initiatorin Margit Fischbach, »junge Lehrer besitzen meist schon PC- und Internet-Erfahrung.« Doch die haben derzeit kaum Chancen auf eine dauerhafte Anstellung. Solange die neuen Pauker noch nicht im Einsatz sind, bleibt PC-kundigen
Schülern nur ein Trost: Zumindest auf einem Wissensgebiet sind sie
ihren Lehrern haushoch überlegen. Stefan Krüger
Hier finden Schüler und Lehrer online Unterrichtshilfen Im Internet:
In AOL:
In T-Online:
Internet-Adressen zum Thema finden Sie unter:
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