Der "rote Mann" im Freiburger Münster ist fast allen Freiburger bekannt, vor allem jedoch der katholischen Schuljugend, insbesondere derjenigen der Münster-Pfarrei. Beim "roten Mann" handelt es sich um den sogenannten "Münster-Schweizer", dessen Aufgabe es ist, während der Gottesdienste für Ruhe und Ordnung, Anstand und Sicherheit im Münster zu sorgen. Sein Gewand ist purpurfarben, daher die volkstümliche Bezeichnung roter Mann.
Mit dem Bau des Freiburger Münsters wurde im Jahr 1200 begonnen. Mit einigen Unterbrechungen dauerte das Werk etwa 300 Jahre lang. Um 1513 erfolgte die Einweihung durch den Konstanzer Bischof. Im Jahre 1527 sprach man erstmalig von einer Kathedrale. Im Südwesten stellt das Freiburger Münster mit nur einem Turm eine Besonderheit dar. 16 Glocken mit einem Gesamtgewicht von 27240 kg, darunter die "Hosanna", die im Jahre 1258 im Freiburger Münster ihren Einzug hielt und nach einem Gelübde, das zur Zeit der Pest in Freiburg abgelegt wurde, nur drei Mal in der Woche mit ihrem außergewöhnlichen Klang zur Ehre Gottes läutet.
Nun aber zum "roten Mann" im Freiburger Münster. In Wirklichkeit handelt es sich bei dem Mann im roten Gewand um den sogen. "Münster-Schweizer" der seinen Ursprung in der "Schweizer Garde" hat, und bereits im Jahr 1505 von Papst Julius 11. zur eigenen Sicherheit und Ordnung im Palast in Rom geschaffen wurde. Die Kleidung war ursprünglich militärischer Art, wurde aber im Lauf der Jahrhunderte mehr und mehr der geistlichen Kleidung angepaßt. Dazu gehörte auch der talarartige, lange Rock, Barett und Stock, der dem Pilgerstab ähnelte. Zu früheren Zeiten trug der Freiburger Münster-Schweizer einen roten Frack, Kniehosen, weiße Strümpfe, Schnallenschuhe und als Kopfbedeckung einen sogenannten Schiffhut. Die Kleidung des Freiburger MünsterSchweizers dürfte nach einem Kostümbild des Hofmalers Wilhelm Dürr, verstorben im Jahre 1890, entstanden sein und soll auch sofort die Zustimmung der damals tätigen Kommission gefunden haben. Besonderen Wert legte man darauf, daß die Kleidung des MünsterSchweizers beim Publikum einen entsprechenden Eindruck hinterließ. Auch die Farben der Kleidung mußten denjenigen des Bistums entsprechen, also in Rot und Gelb gehalten sein.
Die heutige Kleidung des Münster-Schweizers besteht aus einem purpurfarbenem Barett und Gewand (sogenannten Kardinalsrot), Stehkragen und hochglanzpoliertem Stab, schwarzen Schuhen und als Unterbekleidung eine schwarze Hose. Schließlich hatte diese Tracht in weiteren Stadtkirchen und im ganzen Land Nachahmung gefunden. Heute versehen zwei männliche Angestellte den Dienst des MünsterSchweizers. Sie sind dem Dompfarrer unterstellt, und ihre Aufgabe besteht darin, während der Gottesdienste für Ruhe und Ordnung, Anstand und Sicherheit im Münster zu sorgen. Der Hauptdienst des Münster-Schweizers im roten Gewand findet an Sonn- und Feiertagen statt. Der Dienst besteht auch im sogenannten "Wegbereiten" für den Erzbischof, den Weihbischof und das Domkapitel. Am Sonntag Morgen zum Kapitelamt wird zunächst im Kapellengang Aufstellung genommen, dann erfolgt der Einzug durch die Nikolauskapelle und schließlich durch den Mittelgang des Münsters zum Hochaltar. Der MünsterSchweizer verneigt sich kurz zuvor und beendet damit seinen Wegbereiterdienst, um seinen Ordnungs- und Aufsichtsaufgaben innerhalb der Kirche nachzukommen. Wird die Predigt vom Erzbischof oder Weihbischof von der Kanzel aus gehalten, führt diese der Münster-Schweizer bis zur Kanzel und holt sie nach Predigtende von dort wieder ab. Ansonsten wird das Wort Gottes vom Ambo aus verkündet und gepredigt. Zu den sogen. Nebendiensten des Münster-Schweizers, die meist in bürgerlicher Kleidung vorgenommen werden, gehören auch Führungsaufgaben innerhalb Münsters. Diese erfordern Kenntnisse über die Baugeschichte, Kunstgeschichte, Schnitzereien und Außerdem muß der Münster-Schweizer auch über die Stadtgeschichte Auskunft geben können. Weitere Nebendienste, die sich bis auf die Reinhaltung des Kircheninnern erstrecken, nehmen den Münster-Schweizer voll in Anspruch. Der Tourismus, der in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, bracht hierbei zusätzliche Arbeit für das Personal des Münsters. Weggeworfene Eisbecher, Zigarettenstummel, vor allem jedoch Taschentücher, die von den Besuchern zwischen die Säulen gesteckt werden, müssen tägich von den Reinigungsdiensten, zu denen auch der Münster-Schweizer gehört, entfernt werden. Männer, die ihren Hut während des Rundgangs durch das Münster nicht abnehmen, werden in höflicher Form auf die Sitte des Hutabnehmens im Gotteshaus aufmerksam gemacht. Auch das Verzehren von Lebensmitteln während des Besuchs des Münsters, wie auch in anderen Kirchen, ist vermehrt festzustellen. Hundeliebhaber bringen oftmals ihre Lieblinge mit, obwohl entsprechende Hinweise angebracht sind. Nur Blindenhunde dürfen mit ins Innere der Kirche. So beschwerte sich eine Dame, die gleich zwei Hunde mitgebracht hatte, wie folgt: "Meine Hündchen sind doch auch Geschöpfe Gottes und haben Anspruch auf einen Besuch des Münsters." Darauf die Antwort des Münster-Schweizers: "Richtig, der heilige Franziskus liebte die Tiere, suchte diese jedoch in den Wäldern auf." Fremdenführer mißachten oftmals mit ihren sehr lauten Ausführungen die Ruhe des Münsters. Auch von Dieben wird das Freiburger Münster immer wieder heimgesucht. Waren es bisher Kerzenleuchter, Kerzen und weitere kleine Dinge, die den Dieben in die Hände fielen, wird in letzter Zeit vermehrt von Weihwasserkessel-Diebstählen berichtet, die sogar während der Gottesdienste begangen werden. Über Störungen durch alkoholisierte Männer, die sich z. T. schon während der Gottesdienste mit lautem Geschrei bemerkbar machen, wird hin und wieder berichtet.
Auch bei der jeden Samstag stattfindenden Beichtgelegenheit, die in einer der Chorkapellen angeboten wird, nimmt der Münster-Schweizer im Gang der Chorkapellen auf einem grünen Sessel seinen Platz ein, um etwaige Störungen zu unterbinden. Im Münsterturm, der vom Turmwächter bewacht wird, hat der Münster-Schweizer keine Aufgaben. Unvergessen dürfte der ehemalige Münster-Schweizer Markus Harter bleiben, der seit dem Jahr 1908 bis zu seiner Pensionierung den Dienst im Freiburger Münster verrichtete. Mit seiner ehrwürdigen Haltung, seinem weißen, langen Bart und seinem stets aufrechten Gang brachte er alles mit, was man von einem Mann in dieser Position verlangen konnte. Eine Persönlichkeit, die im Freiburger Münster und darüber hinaus, als volkstümliche Erscheinung galt. Sein höfliches und entschiedenes Auftreten brachte ihm höchste Anerkennung. Allerdings ve rschaffte er sich durch seine bekannt strenge Aufsichtspflicht während der Schülergottesdienste im Münster eine Menge Respekt. Ja, es breitete sich sogar eine Art Angst unter den Schülern aus, denn der "rote Mann" sah und hörte alles. Zum Schluß noch einige Begebenheiten, bei denen der MünsterSchweizer ebenfalls eine Rolle spielte. Ein eigenes Erlebnis mit dem roten Mann' sollte doch nicht unerwähnt bleiben. Im Alter von fünf Jahren erhielt ich seitens meiner Mutter den Auftrag, zusammen mit meiner Großmutter, die aus Bretten zu Besuch nach Freiburg gekommen, war, das sonntägliche Hochamt im Freiburg Münster zu besuchen und dabei auch der Oma den Herrn Erzbischof zu zeigen. Der kleine Bub deutete auf den roten Mann und erklärte der Großmutter gegenüber, daß es sich bei diesem um den Erzbischof handele. Zu Hause angekommen war es meiner Mutter sofort klar, daß meiner Großmutter der falsche Erzbischof gezeigt worden war, worauf der Kirchgang mit einer Ohrfeige abgeschlossen wurde.
Am Fronleichnamstag vor sechs Jahren mußte einer der Münster-Schweizer in seiner Dienstkleidung am südlichen Chorportal des Freiburger Münsters Wache halten, um die dort um Einlaß bittenden auf andere Eingänge umzuleiten. Dabei kam ihm ein älterer Herr im roten Ornat entgegen, umarmte ihn und stelle ihm die Frage: "Ach, sind sie auch ein Kardinal?" "Nein", antwortete der Münster-Schweizer "ich bin kein Kardinal, ich werde auch nie einer werden!" Schließlich stellte es sich heraus, daß es sich bei dem Fragesteller um einen richtigen Kardinal aus Peru handelte. Ein nicht gerade ernster Zwischenfall ereignete sich während eines sonntäglichen Hochamts im Freiburger Münster, wobei sich der rote Mann auch als Helfer in der Not betätigte. Ein Kindermädchen besuchte mit ihrem anvertrauten Mädchen den Gottesdienst. Während der Wandlung als gerade tiefe Stille herrschte, machte sich das Mädchen in sehr lautem Ton wie folgt bemerkbar: "Hermin, ich mueß e Rolii!". Dem Münster-Schweizer war diese Störung nicht entgangen, nahm das Kind samt der Hermine an die Hand und führte die beiden zum südlichen Ausgang in Richtung "Alte Wache", in der es zu jener Zeit noch eine öffentliche Toilette gab.