21.10.16
Große Landesausstellung 2016/ 2017 im Landesmuseum
Württemberg
Die Schwaben. Zwischen Mythos und Marke
(lmw) Die Begriffe der „Schwaben“ und des „Schwabenland“ sind
im deutschen Südwesten ebenso traditionsreich wie diffus,
in jedem Fall aber bis heute weit über die Grenzen der
Region hinaus in aller Munde. Die Verwendung der Bezeichnung „Schwaben“ löst
Assoziationen aus und erfüllt offenbar seit jeher bestimmte
Funktionen. Welche das sind, dem will die Große Landesausstellung „Die
Schwaben. Zwischen Mythos und Marke“ auf über
1.300 Quadratmetern nachgehen. Sie zeigt zu diesem Zweck
bedeutende Phänomene der Kunst-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte
Schwabens auf teilweise neue, bisher ungesehene Art.

„Die Sieben Schwaben“.
Anton Sohn,
Zizenhausen, 1830/31.
Terrakotta, bemalt, H. 15 cm, B. 30 cm, T. 10 cm.
Landesmuseum Württemberg, Stuttgart. ©
Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Hendrik Zwietasch
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In der Landesausstellung werden ca. 300 Kunstwerke und Objekte
der Alltagskultur, darunter 150 internationale und nationale
Leihgaben, spannungsvoll präsentiert. „Schwäbische
Kunst“ setzte sich immer aus Höchstleistungen der
verschiedenen Metropolen zusammen, die international vernetzt
waren und Spitzenprodukte exportierten. Konstanz und Ulm, Augsburg
und Stuttgart werden mit ihren großen Marken und Exportschlagern
seit dem Mittelalter vorgestellt. Kunstvolle Skulpturen, herausragende
Tafelgemälde und Goldschmiedearbeiten stehen neben modernen
Industrieprodukten und faszinierenden Objekten wie dem „Heiligen
Blechle“. |
Der
Name „Schwaben“ lässt sich, anders als die
Bevölkerung selbst, auf die germanischen Sueben zurückführen.
Im Mittelalter, als feste Grenzen noch unbekannt waren, setzte
er sich als Bezeichnung eines bedeutenden Herzogtums durch,
aus dem mehrere deutsche Kaiser hervorgingen. Auch nach dem
Untergang der Staufer blieb der Begriff Schwaben an Südwestdeutschland
haften. Dieses immer stark von Ein- und Auswanderung geprägte
Gebiet umfasste sehr unterschiedliche Landschaften wie den
Schwarzwald, das Neckarland, die Alb, Oberschwaben oder das
Allgäu und bestand bis zur Zeit Napoleons aus unzähligen
katholischen und evangelischen Kleinstaaten.
Anton Graff (1736– 1813): Porträt Friedrich Schiller
(1759– 1805),
Dresden, 1786– 1791. Öl auf
Leinwand; H. 71 cm, B. 57 cm.
Museen der Stadt Dresden – Städtische Galerie,
Kunstsammlung, Dresden. ©
Städtische Galerie Dresden - Kunstsammlung Kügelgenhaus,
Museen der Stadt Dresden, Foto: Franz Zadnicek Als im 19. Jahrhundert das neu geschaffene Königreich
Württemberg seinen „Traum von Schwaben“ identitätsbildend
nutzte und gleichzeitig der Ostteil Schwabens mit dem Königreich
Bayern verschmolz, wurden die Mythen der Vergangenheit neu
entdeckt. Man identifizierte sich mit berühmten großen
Schwaben wie den Staufern, Herzog Eberhard oder Friedrich
Schiller. Daneben rückten die „vaterländische“ Landschaft
und großartige Gebäude wie das Ulmer Münster
oder das neu erbaute Schloss Lichtenstein ins allgemeine
Bewusstsein.
Zugleich fand im Land selbst die altbekannte Spotterzählung
von den „Sieben Schwaben“ weite Verbreitung.
Die tölpelhaften Schwaben als Kontrast zu den Erfindern
und Genies sind nur ein Aspekt der im Laufe der Epochen sehr
wechselhaften Schwabenbilder. Solche Widersprüche werden
in der Ausstellung anhand faszinierender Objekte entlarvt.
Die Besucher, die sich an vielen Stellen der Ausstellung
selbst zu Wort melden können, begegnen am Beispiel eindrucksvoller
Persönlichkeiten auch der Frage, wer eigentlich Schwabe
ist? Wer grenzt sich ab, wer will dazu gehören?

Motorblock 911 Carrera, neuester 911er Motor mit Turboaufladung.
Porsche AG,
Stuttgart, 2016.
Metall, Kunststoff, Aluminium, H. 145 cm, B. 135 cm, T. 98
cm.
Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG, Stuttgart. © Dr. Ing.
h. c. F. Porsche Aktiengesellschaft, Stuttgart |
Der
schwäbische Dialekt, für viele das eindeutigste
Merkmal der Schwaben, wird in einem eigenen Bereich auf den
Prüfstand gestellt. Über die Verkleinerungsform
des „le“ hinaus geht es um den schwäbischen
Wortschatz, die Besonderheiten der Aussprache – und
wie sich die Mundart auf dem Dorf und in der Stadt unterscheidet.
Stimmen die Dialektgrenzen überhaupt mit den Identitätsgrenzen überein?
Manuelle Spätzlemaschine „Fix fix“,
Erste Hälfte 20. Jahrhundert.
Aluminium, Stahl, Holz, H. 22 cm, B. 32 cm, T. 20 cm.
Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, Museum der Alltagskultur, ©
Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Hendrik Zwietasch
Die Ausstellung untersucht auch „gefühlte Realitäten“ wie
die behaupteten Eigenschaften, die den Schwaben in besonderem
Maße zugeschrieben werden: Fleiß, Sparsamkeit,
Ordnungsliebe und Putzwut, Häusle-Bauen, Spätzle-
und Maultaschen-Essen. Ob diese Klischees auch heute noch
stimmen, oder wie sie von „Medienschwaben“ als
schwäbische „Marken“ stilisiert und gepflegt
werden, darüber berichtet die Ausstellung mit einem
Augenzwinkern. |
Auf einen Blick
Die Schwaben. Zwischen Mythos und Marke
22. Oktober 2016 bis 23. April 2017
Landesmuseum Württemberg, Altes Schloss, Schillerplatz 6, 70173 Stuttgart
www.schwaben-stuttgart.de,
Tickets auch online erhältlich |
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