23.5.13
Museum Schloss Herrenhausen in Hannover eröffnet
Auftaktausstellung zeichnet lebendiges Bild einer
wechselvollen Gartengeschichte
Künftig locken die Herrenhäuser Gärten
mit einem weiteren Juwel und Hannover wird um ein Stück Museumskultur
reicher. An diesem historischen Ort ist in der vergangenen Woche
das neue Museum Schloss Herrenhausen (MSH) nach mehrjähriger
Planung durch die Verantwortlichen der Landeshauptstadt Hannover
(LHH), gut einem Jahr Ausbauzeit sowie mit Unterstützung des
Landes Niedersachsen und zahlreicher weiterer Förderer feierlich
eröffnet worden. Es ergänzt das vor wenigen Monaten wiedererrichtete
Schloss Herrenhausen.
Gemeinsam mit der VolkswagenStiftung hatte die LHH 2009 den Wiederaufbau
des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Schlosses beschlossen
und ein vielfältiges Nutzungskonzept entworfen. Die VolkswagenStiftung
ließ im Schloss ein modernes Tagungszentrum entstehen, die
LHH richtete in den Seitenflügeln hochmoderne Ausstellungsräume
ein - unter der Verantwortung des Historischen Museums Hannover.
Das Land Niedersachsen sowie die LHH
förderten die Einrichtung des MSH mit
jeweils einer Million Euro. Für Bau und Einrichtung des Souterrains
hat die Stadt vom Landesverband Metall Niedersachsen/ Hansestadt
Bremen eine Spende i.H. von 1,25 Millionen Euro erhalten.
Zur Eröffnung lädt das Museum Schloss
Herrenhausen (MSH) zur Auftaktausstellung „Schlösser
und Gärten
in Herrenhausen. Vom Barock zur Moderne“ ein. Sie erzählt
die Geschichte der Herrenhäuser Gärten und der zugehörigen
Schlösser vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

"Herzöge und Kurfürsten" im Barockflügel des Schlosses. Bild: Landeshauptstadt
Hannover
Die Ausstellung
„
Gebt mir ein Museum, und ich werde es füllen“, sagte
einst der spanische Maler Pablo Picasso. Ganz diesem Ausspruch
verschrieben haben sich MitarbeiterInnen des Historischen Museums
unter der Leitung von Museumsdirektor Prof. Thomas Schwark und
GestalterInnen des Büros „hg merz architekten museumsgestalter“ mit
der ersten Ausstellung. Sie zeigt, warum Herrenhausen einen der
schönsten Barockgärten Europas besitzt und wie er sich
entwickelte. Zugleich beantwortet sie die Fragen, warum gleich
daneben nach englischem Vorbild ein Landschaftsgarten entstand
und warum der Berggarten mit seinen exotischen Pflanzen europaweit
Berühmtheit erlangte. Darüber hinaus werden die wichtigsten
Akteure jener glanzvollen Epoche vorgestellt, darunter starke Persönlichkeiten
wie Herzog Johann Friedrich, Kurfürstin Sophie, Kurfürst
Ernst August - und natürlich der berühmte Universalgelehrte
Gottfried Wilhelm Leibniz.
Aber auch die Gartenmeister – oft in mehreren Generationen
im Garten tätig – treten auf. Ihre Geschichten verdichten
sich zur einmaligen Erfolgsstory des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg
mit Hannover als Zentrum, das 1698 zum Kurfürstentum erhoben
wurde. 1714 erhielt das Haus Hannover die Krone Englands und 100
Jahre später wurde Hannover Königreich.

"Zeitvertreib" im Gartenflügel. Bild: Landeshauptstadt Hannover
Wie kam es zu diesem mächtigen Welfenstaat? Welche Rolle
spielten Wirtschaft, Politik, Kultur und welche Bedeutung hatte
das Denken des Universalgelehrten Leibniz?
Das und vieles mehr kann man anhand von über 500 wertvollen
Objekten und Gemälden aus dem 17. und 18. Jahrhundert erfahren
und sich hineinversetzen in die aufregende Welt des höfischen
Barocks. Wie an einer langen festlichen Tafel sind die kostbaren
Zeugnisse und Dokumente aus der großen Geschichte Hannovers
serviert. In einer „Kunst- und Wunderkammer“ präsentieren
sich überraschende Ausstellungsstücke und dokumentieren
Licht und Schatten dieser Epoche, in der das hannoversche Welfenhaus
Macht und Einfluss gewann. Das schönste Exponat ist und bleibt
der faszinierende Große Garten, den die Kurfürstin Sophie
so sehr liebte. Doch präsentiert er sich nach dem Besuch des
Museums womöglich in einem neuen Licht.
Eine kleine Führung durch das MSH
Die Besucher betreten die Ausstellung im Ostflügel. In
diesem Raum, der in herrschaftlichem Rot und Gold gestaltet ist,
wird thematisch auf die Entstehung des Großen Gartens und
seine Funktion in der höfischen Repräsentationskultur
eingegangen. Die Welfen nutzten ihn im 17. und 18. Jahrhundert
intensiv als Festraum und zur glanzvollen Demonstration von Macht
und Ansehen. Eine vor schwerem, grünem Samt schwebende Portraitgalerie
stellt die Auftraggeber, Gestalter und Gäste des Gartens vor.
Karten und Ansichten veranschaulichen die räumlichen Dimensionen,
in denen sich die Entwicklung der Herrenhäuser Gärten
vollzog. Zeittypische Exponate verweisen auf die politischen, wirtschaftlichen,
militärischen und kulturellen Grundlagen der Geschichte Herrenhausens.
Am Ende des Raumes ragt die Leibniz-Büste auf. Gottfried Wilhelm
Leibniz, der zwischen 1676 und 1716 in Hannover lebte, zählte
zu den berühmten Gästen des Großen Gartens. Er
soll dort viele Stunden im geistvollen Gespräch mit Kurfürstin
Sophie verbracht haben. Sophie liebte den Großen Garten sehr. „Der
Garten ist mein Leben“, sagte sie über ihn. 1714 soll
sie dort hochbetagt bei einem Spaziergang gestorben sein.
Die BesucherInnen des neuen Museums steigen nun zu barocker Tafelmusik
eine Treppe hinab und gelangen in einen einzigartigen, geheimnisvoll
dunkel gehaltenen Museumsraum. Edle und kostbare Objekte tauchen
hier aus der Dunkelheit auf: Die prächtige Sänfte der
Gräfin Yarmouth, der Mätresse König Georgs II.;
ein reich beschnitzter, farbig gefasster Schlitten, mit dem sich
Adelige im Garten vergnügten und der nach aufwendigen Restaurierungsarbeiten
zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wird; feine
Seidenschuhe, auf denen sich die modebewusste Adelsdame am Hof
bewegte. Neben diesen Luxusobjekten aus der Welt der Fürsten
und des Adels stehen ebenso Dinge aus der Alltagswelt des Bürgertums
und des einfachen Volkes. Die scheinbar beliebig angeordneten Exponate
sind gleichwohl streng nach Begriffspaaren wie „Nähe
und Ferne“, „Muße und Mühe“ oder „Leben
und Tod“ gruppiert. Sie verdeutlichen die Gegensätze
in der Lebenswelt der Menschen, wie sie für die Barockzeit
typisch waren.
Wer die „Kunst- und Wunderkammer“ im Souterrain wieder
verlässt, betritt nach dem Aufstieg den erwartet in frischen
Weiß- und Grüntönen gehaltenen, Licht durchflutenden
Westflügel. Hier wird die Geschichte der Schlösser und
Gärten weitererzählt: von der Aufklärung bis zur
Gegenwart. Die Ausstellung erläutert den „revolutionären“ Wandel
der Gartengestaltung, die Veränderungen der Schloss-Bauwerke
und ihrer Nutzungen, die Öffnung der Gärten für
die Allgemeinheit und die Übernahme der Gärten in städtischen
Besitz. Dabei gibt es mancherlei Überraschungen zu entdecken:
beispielsweise den Garten von Schloss Monbrillant oder die Züchtungen
exotischer Pflanzen im Berggarten.
Ausblick:
Im kommenden Jahr 2014 wird das Schlossmuseum einen Hauptteil der
großen Niedersächsischen Landesausstellung zur Geschichte
der Hannoveraner Welfen präsentieren. Die Ausstellung „Als
die Royals aus Hannover kamen. Hannovers Herrscher auf Englands
Thron 1714 – 1837“ beschäftigt sich an fünf
Standorten mit der 123-jährigen Geschichte der Personalunion
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