Kurpfälzisches Museum Heidelberg:Das Kunstwerk des Monats |
Februar 2002 | ||
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- Sammlungsblatt - | ||
Kurfürst Ottheinrich (1502 - 1559) |
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Unter den pfälzischen Kurfürsten gehört
Ottheinrich sicher zu den bedeutendsten Gestalten. Er ist bekannt als Erbauer
des nach ihm benannten Renaissancepalastes auf dem Heidelberger Schloss,
als Kunstsammler, der über eine umfangreiche Sammlung an Stichen,
Gemälden und repräsentativen Tapisserien verfügte, vor allem
aber als Förderer und Mehrer der Bibliotheca Palatina. |
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Geboren als Venuskind vor 500 Jahren am 10. April 1502 in Landshut,
stand Ottheinrichs Leben jedoch nicht immer unter einem günstigen Stern.
Bereits mit zwei Jahren verlor er beide Eltern im Landshuter Erbfolgekrieg.
1544 musste er wegen finanzieller Überschuldung das eigens für
ihn und seinen Bruder Philipp an der Donau geschaffene Herzogtum Pfalz-Neuburg
den dortigen Landständen zurückgeben und auch die ihm aufgrund
der Bestimmungen der Goldenen Bulle zustehende Kurwürde konnte ihm sein
Onkel und Vormund Friedrich bis zum eigenen Ableben erfolgreich vorenthalten.
Als Ottheinrich schließlich im Februar 1556 sein wartend Erb"
als Kurfürst in Heidelberg antrat, war sein Körper gesundheitlich
bereits schwer angeschlagen. Ihn plagten Kurzatmigkeit, Wassersucht, Rheuma
und Fettleibigkeit, so dass er selbst immer wieder Klage über seinen
pauwfälligen" Leib führte und, wie der Holzschnitt von
Ostendorfer (Inv. Nr. Z 2565) eindrucksvoll zeigt, in einer von zwei Pferden
getragenen Sänfte bewegt werden musste.
Neben dem Holzschnitt eines unbekannten Künstlers aus dem Jahr 1558 (Inv. Nr. S 1756) und einigen Darstellungen auf Münzen vermittelt die berühmte Alabasterstatuette im Louvre einen gutenEindruck vom Erscheinungsbild Ottheinrichs in seiner Zeit als Kurfürst von der Pfalz. Hinter einer mit Löwenköpfen gezierten Tischplatte sitzt der Herrscher auf einem thronartigen Sessel. Seine Augen blicken müde aus dem aufgedunsenen, schwer gezeichneten Gesicht, das von einem vollen Backenbart umgeben ist. Er trägt ein prächtiges Gewand mit einer weiten Schaube, einem breiten, reichgestickten Schulterkragen und gepufften Ärmeln. Das imponierende Haupt schmückt ein Barett. Die Arme ruhen auf zwei als Löwen geformten Lehnen. Sehr fein sind die Hände durchmodelliert, die rechte liegt bezeichnenderweise auf einem Buch, die linke umfasst einen Handschuh. Dahinter ragen Griff und Parierstange eines Schwerts aus dem Mantel hervor. Ebenso fein wie die Vorderansicht ist die Rückseite der Statuette gearbeitet. Die Lehne des Sessels ist mit einer Stoffdraperie umwickelt, die von zwei als Karyatiden ausgebildeten Pfosten gehalten wird. Die untere Leiste der Rückseite zeigt, eingerahmt von zwei Faunen, Ottheinrichs Prunkwappen. Deutlich erkennt man auf dem Herzschild den Reichsapfel, Symbol für das dem Pfälzer Kurfürsten verliehene Ehrenamt eines Erztruch-sess des Heiligen Römischen Reiches. In dergleichen reich ornamentierten Gewandung und demselben von aufgequollenen Tränensäcken beherrschten Gesichtsausdruck erscheint Ottheinrich auf zwei Portraitmedaillen aus den Jahren 1558 und 1559 (Inv. Nr. M 301). Sie stammen von dem Mainzer Bildhauer Dietrich Schro (ca.1510 - 1569/73), der mit hoher Wahrscheinlichkeit auch als Künstler der Alabasterstatuette infrage kommt. Die Büste muss sich noch 1685 im Heidelberger Schloss befunden haben, wie aus dem Inventar eines kaiserlichen Notars hervorgeht. Sie gelangte wohl im Zuge der Auseinandersetzungen um das Erbe der Herzogin von Orleans, Liselotte von der Pfalz, nach Frankreich. Dort wurde sie auf einen Marmorsockel gestellt, welcher nicht zur originalen Ausstattung gehört. 1956 konnte zur großen Jubiläumsausstellung auf dem Heidelberger Schloss eine Kopie in Gips für das Kurpfälzische Museum angefertigt werden. Mit Blick auf die Alabasterbüste hat ein früher Biograph dem Kurfürsten die Schwerfälligkeit einer Riesenschildkröte" (Reitzenstein) attestiert, ein zeitgenössischer Karmelitermönch beschimpfte ihn gar als monstrum hominis potius quam homo" (eher ein menschliches Ungeheuer als ein Mensch). Gleichwohl hat Ottheinrich in seiner mit drei Jahren verhältnismäßig kurzen Regierungszeit auch in der Politik Außerordentliches geleistet, einmal durch die Einführung der Reformation in der Kurpfalz (1556) zum zweiten durch die Reform der Heidelberger Universität (1558). Die Universitätsreform, die einer Neugründung gleichkam, verwandelte die bis dahin altkirchliche Hochschule in eine moderne evangelische Landesuniversität, der durch Ottheinrich vollzogene Konfessionswechsel verschaffte dem Land, gerade bei seinen westeuropäischen Nachbarn, größere Beachtung als bisher. Entsprechend ihrer geographischen Lage wurde die Kurpfalz nun sowohl für Frankreich als auch für England und Holland ein ernstzunehmender Gesprächs- und potentieller Bündnispartner. Ottheinrich stellte die Weichen in Richtung einer protestantischen Unionspolitik, welche die Kurpfalz unter Friedrich IV. und Friedrich V. auf den Gipfel ihrer politischen Macht führen sollte. Schon er, nicht erst sein Nachfolger Friedrich III., machte die Pfalz darüber hinaus zum Aufnahmeland für Glaubensflüchtlinge und leitete damit eine Entwicklung ein, die im 16. Jh. zur Ansiedlung starker Exilantengemeinden in der Kurpfalz führte, die wie Schönau oder Frankenthal sowohl für wirtschaftlichen als auch für kulturellen Auftrieb sorgten. Ottheinrichs Wahlspruch lautete cum tempore" (Mit der Zeit). Er selbst hat seine schicksalsgläubige Devise in ihrem doppelten Sinn verwirklicht. Er hatte die Geduld, seine Zeit abzuwarten, und dann noch die Kraft, in nicht einmal einer ganzen Legislaturperiode Land, Universität, Schloss und Bibliothek auf die Höhe seiner Zeit zu bringen. Dabei erwies er sich in vielem als ein Mann, der seiner Zeit voraus war" (Mittler). Das Grabmal in der Heiliggeistkirche, das er unmittelbar nach Amtsantritt durch die Brüder Abel aus Köln ausführen ließ, nannte ihn den Letzten seines Geschlechts, aber zugleich als renatae Evangelicae Puritatis Instaurator Primus" den Wegbereiter einer neuen Zeit. Frieder Hepp
Literatur:
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Kurfürst Ottheinrich Abguss der Büste im Louvre, um 1556 - 59 Gips, H 17 cm, B 14 cm, T 16 cm Inv.Nr. PS 238 |
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