Während 2009 überall
in der Bundesrepublik das Jubiläum von friedlicher
Revolution und Mauerfall begangen wird, lenkt das Filmmuseum
Potsdam den Blick auf einen anderen Jahrestag: Die Gründung
zweier deutscher Staaten im Jahr 1949 hatte die Teilung
des Landes besiegelt und den Beginn des Kalten Krieges
eingeläutet.
Die fünfziger Jahre wurden für die Westdeutschen
ein Aufbruch in den Wohlstand, für die Ostdeutschen
hingegen mehrfach zu einer existentiellen Belastungsprobe.
Wer im Osten lebte, fand sich Ende 1949 in einem Land
wieder, das auf die Erfahrungen von Faschismus und Krieg
mit einem grundlegenden gesellschaftlichen Umbau zu antworteten
gewillt war: Das uralte Missverhältnis von Armut und
Reichtum sollte enden, das Privateigentum an Produktionsmitteln
abgeschafft und den bisher Benachteiligten eine Chance
gegeben werden.
Dieser Idee von einer gerechteren Welt folgten unzählige,
meist junge Menschen mit großem Enthusiasmus. Für
viele andere Ostdeutsche jedoch waren Landesteilung und
Sozialismus eine Zumutung; die eigenen Entbehrungen und
Unfreiheiten wogen schwerer als ein verordneter Idealismus.
So sah sich die DDR nicht nur äußeren Anfeindungen
ausgesetzt, sondern viele ihrer eigenen Bürger verweigerten
ihr die Gefolgschaft. Die unterschiedlichen Gesellschaftsentwürfe
in Ost- und Westdeutschland waren der Zündstoff, der
den Kalten Krieg befeuerte. Die Medien – und damit
auch der Film – wurden zu dessen Austragungsort.

Roman einer jungen Ehe, Regie: Kurt Martzig, DEFA 1952
Foto: DEFA-Kilian, © DEFA-Stiftung |
Die Filme der DEFA in den fünfziger Jahren In der
DDR unterstand die Filmproduktion der Kontrolle des Staates
und war dessen politischem Programm verpflichtet. Eine
wachsende Anzahl von DEFA-Filmleuten teilte die antifaschistische
Position der Staatsführung ebenso wie deren sozialistische
Ideen. Aufgefordert, Stoffe zu aktuellen politischen Themen
zu entwickeln, um in eine öffentliche Diskussion einzutreten,
machten sie sich an die Arbeit und waren bemüht, die
papiernen Thesen mit Leben zu erfüllen. So war die
Wirklichkeit Ausgangs- und Endpunkt für viele Spielfilme,
die vor allem um Probleme des sozialistischen Aufbaus und
die Auseinandersetzung mit dem ideologischen Gegner im
Westen kreisten. DEFA-Filme wollten aufklären und
den Zuschauern Orientierung bieten – im Jahrzehnt
durchlässiger innerdeutscher Grenzen auch ein Versuch,
die massenhafte Abwanderung in den Westen aufzuhalten.
Welches Bild geben die DEFA-Filme aus den Jahren zwischen
DDR-Gründung und Mauerbau vom Leben in der jungen
DDR? Wie spiegelt sich der konfliktreiche sozialistische
Aufbau, dieses Gesellschaftsexperiment, in Kinogeschichten
wider? Wie viel Wahrhaftigkeit verbirgt sich hinter den
reichlich vorhandenen und scheinbar unvermeidlichen propagandistischen
Attitüden? Was können uns Filme, die immer auch
Zeitdokumente sind, vom Leben der Eltern und Großeltern
im Osten Deutschlands zeigen? Die Ausstellung Auf diese
Fragen gibt die Ausstellung keine fertigen Antworten, sondern
präsentiert statt dessen ein multimediales Bilderbuch
mit Dokumenten aus einer Zeit, die späteren Generationen
eher grau, entbehrungsreich und durch permanent anwesende
Propaganda im besten Falle skurril erscheint.
In diesem Bilderbuch kann der Besucher selbst Antworten
finden.
Sechs thematische Kapitel verbinden Spielfilme und Zeitgeschichte
miteinander:
Alltag 1949 – 1955
Spionage & Sabotage
Arbeit & Freizeit
Kollektivierung & LPG
Kinder & Jugend
Alltag 1956 – 1961.
Neben zahlreichen Zeitfotos, politischen Plakaten, Zeitungsausschnitten
und Auszügen aus Dokumenten flankieren 26 Beiträge
aus DEFA-Wochenschauen und 25 DDR-Hörfunkbeispiele
ausgewählte DEFA-Spielfilme, die wiederum in 33 Ausschnitten
vorgestellt werden.
Filmfotos und -plakate, Filmkritiken und Leserbriefe verorten
die DEFA-Spielfilme im öffentlichen Diskurs. Auszüge
aus Tagebüchern und Autobiografien von Zeitgenossen
ermöglichen eine emotionale Nähe zu den historischen
Begebenheiten. Und nicht zuletzt erinnern Familienfotos
von privaten Leihgebern daran, dass hinter dem politisierten
Alltag der fünfziger Jahre ein privater Alltag mit
Familie und Freunden für die meisten Menschen das
Lebenszentrum war.
Ausstellungsbau und -grafik setzen dem schwarz-weißen
Film- und Bildmaterial Farbigkeit und Modernität entgegen
und betonen damit den Retroblick ebenso wie die minimalistische
Ausstattung mit zeitgenössischem Dekor und originalen
Utensilien aus dem Alltagsleben der Fünfziger.
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