Modellgruppe:
Königspfalzen
Das deutsche
Reich des Mittelalters hatte keine Hauptstadt, in der sich der
König und sein Hof länger aufgehalten hätten. Ursache für das
Fehlen einer solchen zentralen Residenz ist einerseits die mangelnde
Infrastruktur, die es nicht erlaubte, daß der Hof sich längere
Zeit an einem Ort versorgen ließ. Andererseits aber mußte der
König/Kaiser nach dem germanischen Rechtsverständnis ständig unterwegs
sein, um sein Amt, besonders das des Gerichtsherren, in eigener
Person an allen Orten des Reiches auszuüben. Aus diesem Grund
mußte sich auch der neugewählte König zu Beginn seiner Amtszeit
auf einen "Königsumritt" durch das Reich machen.
Unterkunft für König und Hof boten vor allem die großen Reichsburgen,
die Königs- und Bischofspfalzen und die großen Reichsklöster.
Als "Pfalz" im engeren Sinn wird dabei der repräsentativ ausgestattete
Aufenthaltsort (vom lat. Palatium = Residenz des Kaisers auf dem
Palatin in Rom, "Palast") bezeichnet, der auch eine längere Verweildauer
ermöglichte und Schauplatz von Reichsversammlungen, Hoffesten
und Feiern anläßlich hoher Kirchenfeste sein konnte.
Urbild und Traditionsmuster der Königspfalz war die Lieblingspfalz;
Karls des Großen in Aachen. Sie enthielt bereits die drei Elemente,
die auch in salischer Zeit für die Königspfalz bestimmend werden:
Den Thronsaal, die Pfalzkapelle (an der Stiftskanoniker ihren
Dienst verrichteten) und natürlich Aufenthaltsräurne.
Das erste Modell zeigt die vergleichsweise bescheidene Pfalz in
Tilleda am Kyffhäuser. Sie besteht aus einem Wohnturm (dem "klassischen"
Wohnsitz des Adels dieser Zeit), einer an diesen angebauten Pfalzkirche
und - mitten auf dem freien Platz - die aus Holz gebaute Reichs-
oder Thronhalle. In der hinteren Ecke befindet sich noch ein weiteres
repräsentativ ausgestattetes Gebäude, das vermutlich in einer
jüngeren Bauphase dem Wohnsitz des Königs diente.
Die prächtigste und vom Kaiser bevorzugte Pfalz Goslar zeigt das
zweite Modell. Sie entwickelte sich aus einer älteren Pfalz des
10. Jahrhunderts und schloß sich an eine unter Konrad II. erbaute
Marienkirche an. Der Saalbau neben der zur Pfalzkapelle gewordenen
Kirche ist 47 m lang und 15 m breit, sein Erdgeschoß bildet eine
einzige, von zwei Stützenreihen getragene und gegliederte Halle.
Zwischen Saalbau und Kirche liegen die Wohnräume des Kaisers.
Erstmals 1047 genannt und 1050 geweiht wurde das Kanonikerstift
St. Simon und Juda am anderen Ende eines großen freien Platzes,
aber in den Gesamtplan integriert (vgl. Modell l im Raum 5 -Kirchenbauten,
nicht mehr erhalten). Wohl entscheidender Grund für den großzügigen
Ausbau Goslars zur salischen Pfalz war der Silberreichtum der
nahen Berge des Harzes.
In der Nähe Goslars übernahm bald nach 1065 die Harzburg (drittes
Modell) zusätzliche Verteidigungsfunktionen. Sie ist eine Verbindung
aus salischer Königspfalz und wehrhafter Reichsburg. Elemente
der Wehrhaftig-keit sind vor allem der große, über Eck gestellte
Donjon (Wohnturm) mit dem runden Bergfried und ein zweiter möglicherweise
ministerialen Burgleuten als Wohnsitz dienender Turm; den Pfalzcharakter
unterstreichen der Palas unmittelbar neben dem Donjon und das
in Holz erbaute Kanonikerstift St. Valerius, das der Bauherr,
Heinrich IV., offenbar als zweite Familiengrablege plante. Das
Modell verzichtet auf eine Rekonstruktion von Gebäuden auf der
einen Seite des Burghofs, hier dürften wohl zweifellos weitere
Wohngebäude, Wirtschaftsgebäude und Stallungen zu suchen sein.
Die Harzburg wurde 1074 im Verlauf des Sachsenaufstandes eingenommen
und zerstört.
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