Römische und fränkische Zeit
Nach der römischen
Eroberung Galliens ließ der
römische General Nero Claudius Drusus befestigte Lager entlang
des Rheins errichten, darunter auch um 12 v. Chr. Saletio an
der Grenze zwischen der Civitas Nemetum (Speyer) und der Civitas
der Triboker (Brumath bzw. Straßburg). Es gehörte
vermutlich zur Civitas Nemetum und unterstand nach der Notitia
Dignitatum, 390 – 425 n. Chr.) militärisch dem „dux“ in
Mogontiacum (Mainz) und nicht dem „comes“ in Argentorate
(Straßburg). Darauf geht wohl auch die bis 1789 dauernde
Zugehörigkeit zum Bistum Speyer zurück.
Mit der Einnahme der Civitas Nemetum durch die Franken 496
festigte sich am Selzbach die Sprachgrenze zwischen den (rhein-)fränkischen
Dialekten im Norden und den alemannischen Dialekten im Süden.
Im 7. Jh. war Selz Standort einer merowingischen Königspfalz,
in der sich auch 826 und 878 Ludwig der Fromme und Ludwig III.
aufhielten . Der Ort gehörte 640 bis 754 zum Herzogtum Elsass,
danach bis 915 zur Grafschaft des elsässischen Nordgaus.

Matthäus Merian: Ansicht von Seltz im Palatinatus Rheni,
1645. Digitalisat
der UB
Düsseldorf Die Reichsabtei Seltz
Im 10. Jh. war es Mittelpunkt eines Reichsgutkomplexes,
den Otto I. 968 seiner Gemahlin Adelheid als Wittum verschrieb.
Dieser
Komplex, „Adelheids
Eigen“ genannt, umfasste Kesseldorf, Niederrœdern,
Crœttwiller,
Eberbach-Seltz, Wintzenbach, Oberlauterbach, Munchhausen, Schaffhouse-près-Seltz
(auf dem linken Rheinufer) und Wintersdorf, Ottersdorf, Plittersdorf
und die vom Rhein weggeschwemmten Dörfer Muffenheim und
Thumhausen rechts des Rheins. Adelheid gründete hier 991
die Abtei Selz, die ursprünglich die Herrschaft über
den Ort ausübte,
wenn auch das Reich niemals auf seine Oberhoheit verzichtete.
Die Abtei erhielt 993 Markt- und Münzrecht, die Siedlung wurde
1139 zur Stadt erhoben und erhielt Speyrer Recht. Das Münzrecht
wurde 1143 durch König Konrad III. bestätigt. Zu der
von Otto III. geschenkten Pfarrei Schweighausen gehörte auch
der hl. Forst, weswegen die Abtei S. das wichtige Recht, im ganzen
Walde den Zehnten zu erheben, besaß.
Teile des Klosterbesitzes, z. B. die Kellerei Niederrödern,
brachten die Herren von Fleckenstein als badisches und kurpfälzisches
Lehen an sich.
Statue der Adelheid (). © Ralph Hammann -
Wikimedia Commons - Persönl. Werk Die Markgrafen von Baden als Besitzer der Vogtei über das Kloster
Vermutlich mit der den Markgrafen von Baden am Ende des 11. Jh.
verliehenen Grafschaft im Ufgau war auch die Vogtei über das
Kloster Selz verbunden, die die Markgrafen bis 1358 ausübten.
1197 versprachen die Markgrafen Hermann V. und Friedrich dem Abt
des Klosters gegen eine Zahlung von 200 Mark Silber, die Vogtei
an niemanden außer an ihn zu verkaufen.
1274 kamen die Markgrafen von Baden erstmals auch in den Pfandbesitz
der Stadt Seltz, womit die lange Verpfändungsgeschichte der
Stadt eingeläutet wurde. 1330 verpfändete Kaiser Ludwig
der Bayer die Stadt erneut gegen Zahlung von 7000 Mark Silber an
die Markgrafen. Sein Nachfolger Karl IV. erklärte sie 1357
zur Freien Reichsstadt und schloss sie 1358 der Dekapolis an. Nach
einer neuerlichen befristeten Verpfändung erklärte Karl
IV. 1360, die Stadt nie wieder verpfänden zu wollen.
Seltz im Besitz der Kurpfalz
1408 verpfändete König Ruprecht von der Pfalz die Landvogtei
des Elsass an seinen Sohn Ludwig III., Selz, das ebenfalls zum
Elsass und zur Dekapolis gehörte, war schon 1405 mit der
Verpfändung
der Ortenau an den Kurprinzen übergegangen. Nachdem Kaiser
Sigismund 1414 die Unabhängigkeit der Stadt Seltz garantiert
hatte, nahm in der zweiten Julihälfte 1418 Kurfürst
Ludwig III. von der Pfalz Seltz ein, das damit offiziell die
Decapolis
verließ. Von da ab blieb es mit Kesseldorf und Münchhausen
im Besitz von Kurpfalz als Hauptort des der Vogtei Germersheim
unterstehenden Amtes Selz.
Die Abtei Selz wurde 1481 von Papst Sixtus IV. wegen der allzu
freizügigen Sitten in ein weltliches Kanonikerstift umgewandelt.
Die neuen Stiftsherren brachen die Klostergebäude ab und richteten
sich in der Stadt ein.
Im 16. Jh. machte Seltz die konfessionellen Wechsel der Kurpfalz
mit.
Nachdem die in der ehemaligen Abtei Hördt eingerichtete Schule
für junge pfälzische Adlige 1566 geschlossen worden war,
wurde in den noch bestehenden Gebäuden der Abtei 1575 nach
dem Vorbild der Akademien in Genf und Nîmes und des Gymnasiums
in Straßburg eine reformierte Akademie eingerichtet. Sie
wurde allerdings schon zwei Jahre später wieder geschlossen,
nachdem die sechs Professoren das von Kurfürst Ludwig VI.
verlangte Bekenntnis zum Lutherischen Katechismus verweigerten.
Wie die reformierten Heidelberger Professoren ließen sie
sich in Neustadt nieder, wo Pfalzgraf Johann Casimir eine reformierte „Gegenuniversität“ gegründet
hatte.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde Selz nacheinander von
kaiserlichen, schwedischen und kroatischen Truppen besetzt und
zweimal zerstört. Mit der Besetzung Heidelbergs durch Truppen
des Bayernherzogs Maximilian II. wurde die Stadt formell bayerisch.
Mit der Restitution der Kurpfalz im Westfälischen Frieden
1648 kehrte Seltz wieder zur Pfalz und
1651 zur reformierten Konfession zurück.
Pfalzgraf Karl Ludwig, der Sohn des Kurfürsten und Böhmenkönigs
Friedrich V. hatte in der Zeit seines Exils in England eine Verbindung
mit Mary Townshend, aus der 1643 ein Kind, das den Namen Ludwig
Rothenschild erhielt, hervorging. Nach der Rückkehr Karl
Ludwigs nach Heidelberg wuchs er am pfälzischen Hof auf.
In der Zeit der Regentschaft nach dem Tod des Kaisers Ferdinand
III. erhielt
Ludwig Rothenschild 1657 den Titel Baron von Seltz. Durch Vermittlung
seiner Großmutter Elizabeth Stuart wurde er in den Hofdienst
bei Henry Stuart, Herzog von Glocester, aufgenommen, mit dem
zusammen er 1660 an Pocken erkrankte und im Alter von 17 Jahren
verstarb.
Während des Holländischen Kriegs, als der Kurfürst
von der Pfalz mit dem Französischen König im Krieg lag,
nahmen in der Nacht vom 8. auf den 9. April 1674 pfälzische
Freischärler zwei französische Penichen, die mit Getreide
beladen und für die Garnison in Philippsburg bestimmt waren.
Als Vergeltung brannten französische Dragoner unter Turenne
die ganze Stadt nieder: Kirche, Rathaus und Schloss wurden ebenso
zerstört wie die Festungsmauern und die Tore nach Straßburg
und Landau.
Die französischen Reunionen und das "umstrittene Amt"
Am
2. Januar 1680 forderte der conseil souverain d'Alsace Kurfürst
Karl Ludwig auf, die Oberhoheit des Königs von Frankreich über
das Amt Seltz (Seltz, Schaffhouse-près-Seltz, Kesseldorf,
Neubeinheim – den links der Sauer gelegenen Teil von Beinheim)
und Munchhausen) anzuerkennen. Im Winter 1684 wurde Seltz formell
von Frankreich annektiert. Die Reformierten in der Stadt sahen
sich einer gewalttätig durchgeführten Gegenreformation
ausgesetzt.
Im Vertrag von Rijswyk 1697, der den Neunjährigen Krieg beendete,
kam das Amt Selz wieder zur Kurpfalz unter Kurfürst Johann
Wilhelm von Pfalz-Neuburg zurück. Obwohl der Vertrag eine
Annullierung der gewaltsamen Konversionen zur katholischen Konfession
vorsah, wandet Johann Wilhelm diese Klausel auf Seltz nicht an – die
Bewohner blieben katholisch. Johann Wilhelm beanspruchte ein Drittel
der Einkünfte aus der Vogtei, zwei Drittel erhielten die Jesuiten.
Da er sich als unabhängigen Fürsten ansah, der französische
König, seit 1648 Landgraf des Unterelsass, jedoch für
das Amt Seltz die Oberherrschaft über den Kurfürsten
beanspruchte, nennt man diese Zeit die der „umstrittenen
Vogtei“. 1729 übertrug Kurfürst Karl Philipp schließlich
das pfälzische Drittel an den Vogteieinkünften dem Jesuitenkolleg
in Straßburg, 1742 erkannte er schließlich die französische
Oberherrschaft an.
Im Zug einer diplomatischen Übereinkunft mit Franreich tauschten
am 16.Juni 1766 Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz und Herzog
Christian IV. von Zweibrücken Besitzungen miteinander: Die Ämter
Hagenbach und Selz wurden zweibrückisch, Bergzabern und Meisenheim
wurden pfälzisch. Im Januar 1768 erkannte Herzog Christian
IV. die französische Souzeränität über das
Amt Selz an.
1792 stellte der Nationalkonvent die Güter des Herzogs Karl
II. August von Zweibrücken in Seltz unter Zwangsverwaltung.
Die Republik machte damit kein sonderlich gutes Geschäft,
weil sie damit auch die unbezahlten Rechnungen des Fürsten
zu begleichen, die Schulden zurückzuzahlen und die Hypotheken
zu bedienen hatte. Seitdem ist Seltz zusammen mit dem Elsass unteilbarer
Bestandteil Frankreichs.
Ewig, Eugen: Der Raum zwischen Selz und Andernach vom 5. bis
zum 7. Jahrhundert / von Eugen Ewig
In: Von der Spätantike zum frühen Mittelalter. (1979),
S. 271-296
— Erben, Wilhelm, Die Anfänge des Klosters S. — (Ztschr.
für die Geschichte des Oberrheins 7, S. 1—37.) Gmelin,
Zwei Urkunden zur Geschichte der Ritterakademie zu S. (Ztschr.
für die Geschichte des Oberrheins 27, 149—154.) Reuss,
Rod., Journal du voyage et du söjour que le pöre Louis
Laguille a fait ä Paris pour l’af- faire de S. (Rev.
d’Als. N. S. 10, 1896, S. 5-23.) [Auch besonders erschienen:]
Beifort 1896. Risteihuber, P., Les abbös de S. (Bull, de
la Soc. p. la cons. des mon. hist. d’Als. 2. s6r. t. 7,
M6m., S. 77—79.) Wo ker, F. W., Der apostolische Vikar
des deutschen Nordens Agostino Steffani, Bischoff von Spiga,
und die Abtei S. (Der kathol. Seelsorger 11, 1899, Sept.- Okt.-Novemberheft.)
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