Jahrgangsstufe 11
Exkursion Thüringen


3.2.1 Landwirtschaft im Wandel

Die Situation der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern istz wischen 1945 und 1989 geprägt durch Prozesse sozialistischer Planwirtschaft in vier Phasen:

1. Die Bodenreform (1945 - 1950)

Enteignung allen Privatbesitzes über 100 ha und Verteilung an landlose Bauern und Landarbeiter, Kleinpächter und nichtlandwirtschaftliche Areiter (ECKART, 1981, a. a. 0. S 1.) oder Bildung volkseigener Güter (VEG)

2 Die Kollektivierung (1952-1961)

Es wurden sog. Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften unterschiedlichen Typs (LPG I, LPG II, LPG III) gegründet , bei denen die :Mitglieder der LPG die Produktionsmittel (Boden, Maschinen, Vieh) einzubringen hatten und die Entlohnung je nach Typ zu unterschiedlichen Teilen nach geleisteter Arbeit und nach eingebrachten Produktionsmitteln stattfand.

3 Die Kooperationsbildungsphase (1965 - 1972)

Durch den Zusammenschluß von LPG´s und VEG´s begann man den Aufbau sozialistischer landwirtschaftlicher Großbetriebe. Gekennzeichnet ist sie durch Spezialisierung (z. B. Trennung von Tier und Pflanzenproduktion, z. B. KIM), Intensivierung (z.B. Düngemitteleinsatz durch ACZ) und zunehmende Mechanisierung (z.B. MTS) , wobei man begann erste horizontale und vertikale Kooperationen zu bilden.

4. Die industriemäßigen Produktionsmethoden (1972 - 1989)

Sie führen im wesentlichen durch Bildung von AIV´s und KAP´s zu einer eine noch stärkeren Spezialisierung und Verflechtung bei zunehmender Betriebsgröße. Lag beispielsweise bei der LPG III die Betriebsgröße noch bei nur ca. 550 ha, so umfaßte z. B. die Agrar-Industrie-Vereinigung Friedland (DDR: 14 AIV) 32460 ha mit 23000 ha Ackerland und 9460 ha Grünland. Im Bereich der KIM (Kombinate industrieller Mast) lag die Mindestkonzentration bei Rindermast bei 16 000 Rindern je Anlage, bei Schweinemast z. B. bei 25 000 - bis 100 000 Schweinen je Anlage. Bei Broilern und Legehennenhaltung lag diese Konzentration z. T. bei 600 000 bis 1 000 000 Plätze.

Der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche an der Gesamtfläche des Jahres 1988 für Bayern war einer der größten in der Bundesrepublik. Während Thüringen einen vergleichbaren Anteil für die LNF aufweist, besaßen die nördlichen Bezirke der ehemaligen DDR infolge der geringeren Industrialisierung einen mit der Bundesrepublik verglichen wesentlich höheren landwirtschaftlich genutzten Anteil. Mecklenburg Vorpommern beispielsweise hatte einen landwirtschaftlich genutzten Flächenanteil von rund 70 %. Insofern erscheint der höhere Selbstversorgungsgrad der ehemaligen DDR in einem anderen Licht (ECKART, a.a. O., 1981)

Seit 1989 ist auch in der Landwirtschaft mit dem abrupten Übergang von sozialistischer Planwirtschaft zu privater, sich nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu orientierenden Landwirtschaft ein tiefgreifender Strukturwandel im Gange.

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Betriebsgrößen in Bayern
(%)
Betriebsgrößen in der
Bundesrepublik (%)
Betriebsgrößen in
Thüringen (%)
Anteil - LNF -Thüringen
im Vergleich zu anderen
Bundesländern 1988
Gesamtbetriebszahl in
Thüringen (absolut)
Gesamtbetriebszahl in
Thüringen (absolut)
Gesamtbetriebszahl in
Bayern (absolut)

 Arbeitsaufgaben

  1. Beschreiben Sie den Strukturwandel in der Landwirtschaft von Bayern seit 1949
  2. Vergleichen Sie die Entwicklung der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe in der Bayern und Thüringen seit 1989 (Erklärung!)
  3. Vergleichen und erklären Sie den Anteil der landw. Nutzfläche in den einzelnen Bundesländern.
  4. Vergleichen und erklären Sie die Unterschiede bei den Anteilen einzelner Betriebsgrößenklassen in der Bundesrepublik, Bayern und Thüringen

Zwischen 1989 und 1994 nahm die Zahl der Arbeitskräfte in den neuen Bundesländern nach WOLLKOPF (1995, a. a. O., S. 19) von 800 000 Arbeitskräften um 83 % ab, wobei Thüringen mit 82 % ziemlich gleichauf liegt. "Der Zusammenbruch der ostdeutschen Vertriebs- und Absatzsysteme sowie die Lieferoffensive westdeutscher Großanbieter und Handelsketten führten in Ackernutzung und Viehhaltung zu gravierenden Veränderungen... Der Getreidebau dominiert. Getreide ist ebenso wie die Ölfrucht Raps beihilfefähig Ist der Raps-Markt beispielsweise noch aufnahmebereit (Biodiesel (!), so sind frühere Traditionen in der Obst-, Gemüse und Hackfruchtproduktion erdrückenden Importlieferungen aus den alten Bundesländern und aus anderen Regionen der EU (Speisekartoffeln, Freiland- und Treibhausgemüse) sowie eingerichteter Erzeugerquoten (Zuckerrüben) zum Opfer gefallen... Die Viehwirtschaft hat sich bereits um die Hälfte reduziert." Die Privatisierung nach der Wende und der Übergang zu marktwirtschaftlichen Produktionsbedingungen führt in den neuen Bundesländern, speziell in Thüringen zu einer von den alten Bundesländern noch deutlich abweichenden Betriebsgrößenstruktur Der Anteil der Kleinbetriebe bis 10 ha liegt um rund 10 %-Punkte höher als der Durchschnitt in den alten Bundesländern, allerdings mit fallender Tendenz (1991 65 %). Die Zahl der Mittelbetriebe zwischen 10 - 50 ha dagegen sind deutlich unterrepräsentiert; ihr Anteil nahm in den letzten vier Jahren nur geringfügig zu. Der Anteil der Großbetriebe über 50 ha steigt dagegen recht deutlich an und liegt bei einem Anteil von fast 30 % dreimal so hoch wie in den alten Bundesländern.

Unter Berücksichtigung der absoluten Zunahme laßt dies mehrere Schlüsse zu. Der hohe Anteil der Großbetriebe ist bedingt durch Übernahme ehemaliger DDR-Großbetriebe durch Landwirte aus den westlichen Bundesländern, die in den neuen Bundesländern landwirtschaftliche Betriebe übernehmen, andererseits durch die noch geringe Zahl mittlerer Betriebe. Der hohe Anteil der Kleinbetriebe erklärt sich aus den ehemaligen Privathofflächen, die zu Zeiten der DDR unter Konkurrenzschutz produzieren konnten und sicherlich auch aus der nach der Wende unsicheren Lage bei den industriellen Arbeitsplätzen. So beschreibt WOLLKOPF (1995, a. a. O) auch den Familienbetrieb als die dominierende Unternehmensform.

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