Kapitel 34: Neurogenetik

34.3.1.10 Die intrazelluläre Notch-Domäne ist der Signalträger zum Nucleus

Während Ausfallmutationen von Notch zum neurogenen Phänotyp führen, also zu einer Hypertrophie von Neuronen, weisen selektive Deletionen der extrazellulären Domäne von Notch einen dominant anti-neurogenen Phänotyp auf. Das heißt, daß alle Zellen, die ein solches verkürztes Notch-Molekül ohne Rezeptorfunktion exprimieren, zu Epidermoblasten werden, und zwar unabhängig davon, ob noch wildtypisches Notch in den gleichen Zellen zur Verfügung steht. Hervorzuheben ist, daß sich das mutierte Molekül in einem konstitutiv aktivierten Zustand befindet, der das Signal auch in Abwesenheit des Liganden an die nächsten Elemente der Signalkette weiterleitet. Ähnliche Mutationen werden auch in Onkogenen nachgewiesen, die ihren Träger zur kontinuierlichen Zellteilung veranlassen (s. 33.11)

Zahlreiche Studien sowohl an Drosophila als auch an C. elegans und an Vertebraten weisen überzeugend auf eine unkonventionelle und ungewöhnlich direkte Transduktion des Signals hin. In Zellkulturen konnte gezeigt werden, daß die intrazelluläre Domäne eines solchen verkürzten Notch-Moleküls abgespalten wird, und danach im Zellkern nachgewiesen werden kann. Innerhalb dieser intrazellulären Domäne, die NotchICD genannt wird, befindet sich ein kurzes Kern-Translokationssignal. Die Folgerung liegt nahe, daß im Wildtyp-Molekül erst die Bindung des Liganden zur Aktivierung und damit zur Spaltung von Notch von der Membran führt. Nach der Aktivierung von Notch kommt es zu einer Translokation sowohl der intrazellulären Domäne, als auch von dessen intrazellulärem Liganden Suppressor of Hairless, Su(H), in den Zellkern, wo die nächst tiefere Ebene der Aktivierungskaskade liegt: in erster Instanz die Transkriptionseinheiten des Enhancer-of-split-Komplexes.

Verglichen mit vielen anderen Signalübertragungsketten, z.B. durch G-Proteine vermittelte Phosphorylierungskaskaden, ist dieser †bertragungsmechanismus zwischen Zellmembran und Kern ungewöhnlich einfach und direkt, indem er keine Verstärkermechanismen enthält und auch gegenüber Interferenz von anderen Faktoren relativ immun ist.

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