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Die ersten Tage der Zukunft

Wie wir mit dem Internet unser Denken verändern und die Welt retten können

Michael Maier, pendo (2008), 270 Seiten, ISBN: 978-3866121713

Die ersten Tage der Zukunft - Cover
Die Lektüre von Michael Maiers Buch „Die ersten Tage der Zukunft - Wie wir mit dem Internet unser Denken verändern und die Welt retten können“ empfinde ich irgendwo zwischen inspirierend und ärgerlich. Darum eine - nicht unbedingt systematische - Liste von Gedanken zur Erläuterung meiner Lektüre-Erfahrung: 1. Ein schönes Lese-Erlebnis ist es natürlich immer, das Gefühl zu haben, als langjähriger Internetnutzer und irgendwie auch Pionier auf der richtigen Seite zu stehen und am großen Projekt - bei Maier heißt das: am Entstehen des ‘Superhirns’ - teilzuhaben. Man fühlt sich dann noch mehr als Mann/Frau der „ersten Tage der Zukunft“ und potenzieller Weltveränderer.
2. Mit Gewinn lesbar sind die Seiten, in denen das Potenzial des Internets so euphorisch dargestellt wird, nachdenkenswert auch sind die Ausführungen über die Bedeutung solcher Prinzipien wie Offenheit, Kooperation, Outsourcing und Beteiligung der Kunden am Erstellen der Produkte (S. 142).

3. Sympathisch optimistisch ist die Idee, dass die Weisheit (oder ist es die Wahrheit?) mit der Zahl der Beteiligten am Prozess zunimmt - hier wird u.a. auf die Wikipedia Bezug genommen.

4. Polemisch und wenig differenziert scheint mir der Begriff der „alten Eliten“ zu sein, damit sollen diejenigen gemeint sein, welche mit allen Mitteln auf ihren Machterhalt aus sind. Hier habe ich einen etwas anderen Begriff von „alter Elite“, die sich meinem Empfinden nach durch ein herausragendes Wissen und eine reflektierte Werthaltung ausdrückt. Maier baut hier einen Pappkameraden auf, der sich aus einem etwas schlichten Verständnis von Politik und Macht speist.

5. Und jetzt zu Maiers bio-romantischem Basismodell für gelungene Kommunikation, dem Delfin-Code, und dem Appell: Von den Delfinen sollt ihr lernen!

Michael Maier nimmt hier eine Umwertung von Hirt und Herde vor: Der Hirt (die „alte Elite“) bleibt in seinen alten Denkwelten und Handlungsweisen ge/befangen, die HERDE aber enwickelt die Wahrheiten, mit denen die Probleme der Welt gelöst werden können. Das können sie, weil
• die neuen Wahrheiten/Weisheiten in maximaler Kooperation und Kommunikation entstehen (S.177)
• die Instrumente dafür jetzt endlich vorhanden sind (=>Internet)
• der Mensch neurobiologisch zum Gutsein veranlagt ist (S.171).

Möglich wird das, und das sind die Bedingungen,
• wenn die Grundregeln der Wahrheitsfindung allen bekannt sind (S.177)
• wenn Gesetzgeber und Gesetzesempfänger die gleichen sind
• wenn sich eine „moderne Diskursethik“ durchsetzen kann
• wenn wir unablässig bereit und willig sind, dazuzulernen und
• Respekt für andere Anschauungen aufbringen (S. 178)

Das alles ist gut zu akzeptieren und auch für gut zu halten, wenn nur nicht dauernd die Delfine durch die Argumentation hindurchschwimmen würden. Die braucht man - zumindest für diesen Zweck - nicht. Das finde ich lästig.

6. Ärgerlich wird es dann, wenn die problematischen Seiten des Internets heruntergespielt werden. Nicht alles, was sich da tut, nicht alles was von Internetmachern getan und den Nutzern angetan wird, ist kreativ oder ein spielerisches sich Ausprobieren durch den ‘homo ludens’; vieles ist schlichtweg kriminell, geschmacklos, undurchdacht und jugendgefährdend. Beispiele dafür gibt Michael Maier genügend. Nur deren Bewertung ist zuweilen merkwürdig. Ich zitiere:
„Die selbstgedrehten Pornos im Internet sind jedenfalls die Vorboten eines gravierenden Wandels. Die Tatsache, dass viele sehr roh und brutal sind, deutet - unabhängig jeder moralischen Klassifizierung - darauf hin, dass der Verständigungsprozess erst am Anfang steht. Hier wird Hardcore experimentiert. Und alle wirken mit: Russen, Asiaten, Amerikaner, Spanier. Hier treffen die verschiedensten Frauen- und Männerbilder ungebremst aufeinander, Machos auf Emanzipationsexpertinnen, Heteros auf Homos usw.“ (S. 211).
Hoppla, so habe ich das ja noch nie gesehen:
Da experimentieren die Russen und Asiaten und alle anderen hardcore-mäßig mit den Möglichkeiten des Superhirns und wenn das - so müsste die Logik weiter gehen - möglichst viele machen, dann kommt eine neue, bessere Welt dabei heraus.

7. Offenheit, Kooperation, Kommunikation, Respekt, „kategorischer Imperativ“ (S.172) - mit allem bin ich einverstanden, aber dass die „Herde“, wenn sie nur kreativ und abenteuerlustig und auch ein bisschen egozentrisch in der digitalen Welt herumirrt, die richtige Welt retten wird, das ist mir zuviel. Bin ich - so frage ich mich - vielleicht zu sehr „alte Elite“, oder gar nicht mal Elite, sondern einfach nur „alt“?

verfasst von Klaus Dautel am 12.08.2014 | 2402-mal gelesen

Fachrichtungen: Ethik Gemeinschaftskunde fächerübergreifend Informatik


Kommentare zu dieser Rezension

Thomas Nolte schrieb am 11.10.2014:

Ich habe das Buch damals (2008) neugierig verschlungen, weil es seines Gleichen suchte. Inzwischen ist es veraltet und die verbreitete Euphorie von Michael Maier (einst Gründer der Netzeitung) verflogen. Maier hat sich gewandelt, er gibt inzwischen u.a. die "Deutsch Türkischen Nachrichten", die "Deutsch Russischen Nachrichten" und seit 2012 die "Deutschen Wirtschafts Nachrichten" heraus. Vorwürfe wie "alarmistischer Ton", „unseriöser“, „tendenziöser“ Journalismus wurden laut. https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Maier_(Journalist) Heutzutage lohnt sich die Lektüre eines anderen euphorischen Buches: Jeremy Rifkin: Die Nullgrenzkostengesellschaft. Das Internet der Dinge, kollaboratives Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus, Campus (2014), 525 Seiten, ISBN-10: 3593399172 Oder wer lesefaul ist, schaut sich das fast einstündige Interview mit Rifkin beim SRF an (NB: Die Schweiz erlaubt eine längere Haltezeit als Deutschland!): http://www.srf.ch/sendungen/sternstunde-philosophie/jeremy-rifkin-visionaer-oder-utopist


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