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Hattie für gestresste Lehrer

Kernbotschaften und Handlungsempfehlungen aus John Hatties "Visible Learning"

Klaus Zierer, Schneider Verlag (2015), 130 Seiten, ISBN: 9783834014009

Hattie für gestresste Lehrer - Cover
Die Hattie-Debatte ist zwar noch nicht lange her, dennoch kann es sinnvoll sein, noch einmal in Erinnerung zu rufen: John Hattie, Leiter des Instituts für Bildungsforschung an der Universität Melbourne, gilt als der einflussreichste Lernforscher der vergangenen Jahre, manche sagen auch „weltweit“ (S. 11). Er hat in 15-jähriger Arbeit 800 Meta-Analysen ausgewertet, eine Meta-Analyse ist eine Sammlung von Einzelstudien, ingesamt davon sollen 80 000 in die Studie eingegangen sein, alle unter dem Stichwort ‚empirische Bildungsforschung‘. Die Auswertungen und Ergebnisse wurden auf tausenden von Seiten veröffentlicht, die wesentlichen Titel lauten „Visible Learning“(„Lernen sichtbar machen“, 2013) und „Visible Learning for Teachers“ („Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen“, 2014). Wer soll das lesen?
Diese Frage stellte sich auch einer der deutschen Übersetzer, Klaus Zierer, seinerseits Professor und Bildungsforscher. So erklärt sich der Titel des Buches „Hattie für gestresste Lehrer“, erschienen 2015 im Schneider Verlag. Es ist eine Zusammenstellung auf knapp 130 Seiten dessen, was die „Kernbotschaften und Handlungsempfehlungen“ (Untertitel) der Mammut-Studie sind. Zugleich wird deren Übertragbarkeit auf das deutsche Bildungssystem in den Blick genommen.

Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Arbeitsmethodik Hatties: Er erstellt eine Liste von „Faktoren“, die die schulischen Lernleistung fördern können und ermittelt mit einer komplexen Formel deren „Effektstärken“. An diesen ist dann ablesbar, ob der betreffende Faktor die Lernleistung fördert oder auch nicht. Am Ende des Buches ist die Auflistung der 150 Faktoren und ihrer Effektstärken abgedruckt (S. 126 ff): Auf Platz 1 steht der Faktor „Selbsteinschätzung des eigenen Lernniveaus“ und auf dem letzten Platz der „Schulwechsel“ mit einer negativen Effektstärke.

In den weiteren Kapiteln widmet sich der Autor den (im Positiven und Negativen) relevantesten Faktoren und immer wieder wird der eine Kernsatz bestätigt: „Auf den Lehrer / die Lehrperson kommt es an“. Von der Lehrperson hängt ab, ob etwas wirkt! Schulstrukturen, die Reduzierung der Klassengröße, die Investition in neue Medien, die instruktiven und/oder offenen Unterrichtsformen, die fachliche Kompetenz - sie alle zeigen erst dann Wirkung („visibility“), wenn die Lehrperson damit klug umzugehen weiß.

Zwei Zitate können diesen Zusammenhang verdeutlichen:

1. „In den Untersuchungen wurde festgestellt, dass allein die Reduzierung der Klassengröße nur einen geringen Unterschied ausmacht, weil Lehrpersonen durch diese Maßnahmen ihr Handeln nicht automatisch ändern. Sie nutzen beispielsweise die kleinere Schülerzahl nicht von selbst, um besseres Feedback zu geben, um mehr Gespräche mit den Lernenden zu suchen, um die Lernenden stärker in den Unterrichtsprozess miteinzubeziehen.“ (S. 37)

2. Neue Medien „erreichen eine geringe Effektstärke … , die noch dazu ziemlich konstant über die letzten 20, 30 Jahre ist … Der Grund ist einfach: Lehrpersonen nutzen neue Medien häufig nur als Ersatz für traditionelle Medien: das Whiteboard als Tafel, das Internet als Lexikon, das Tablet als Arbeitsblatt usw. Allein das Anschaffen neuer Medien für das Klassenzimmer reicht nicht aus. Die Kompetenz der Lehrpersonen, diese zu nutzen, ist viel wichtiger.“ (S. 71)
(Siehe hierzu auch meine Zusammenfassung der ICILS-Studie 2013: „Medienkompetenz trotz Schule - ein merkwürdiger Befund“ im ZUM-Blog)

Was also wirkt wirklich? Als entscheidend werden genannt

• häufiges und qualifiziertes Feedback, das zu einer realistischen Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus beiträgt (S. 47 f, S. 64ff)
• „Direkte Instruktion“ unter der Voraussetzung von „Klarheit im Hinblick auf Ziele, Inhalte, Methoden, Medien, Raum und Zeit sowohl auf Seiten der Lehrpersonen als auch auf Seiten der Lernenden“ (S. 62)
• Kooperative Lernformen, wenn „die Schülerinnen und Schüler in Phasen des kooperativen Lernens wissen, worum es geht, was zu tun ist, womit gearbeitet werden soll.“ (S.63 f)
• „Bewusstes Üben“, das herausfordernd, vielfältig und regelmäßig ist. Indem die Lehrperson dies ermöglicht, ergeben sich daraus wieder „eine Reihe von Rückmeldungen … von den Lernenden, was diese verstanden haben und was nicht …“ (S. 69)

Das Buch ist deshalb empfehlenswert, weil es tatsächlich Stress abnehmen kann:

Zum einen durch die Fokussierung auf das Wesentliche: den Unterricht, die Lehrer-Schüler-Beziehung, die Rollenklarheit. Insbesondere uns deutsche Lehrerinnen und Lehrer, die oft genug ein schlechtes Gewissen plagt (Stichwort: OECD und PISA) von wegen zu viel „Frontalunterricht“ und zu lehrerzentriert und mit zu wenig Medieneinsatz usw., - uns kann es entlasten zu lesen, dass „direkte Instruktion“ hoch effizient sein kann und dennoch mit dem geschmähten Frontalunterricht nicht verwechselt werden darf. (S.61f)
(Eine Empfehlung hierzu: Herbert Gudjons „Frontalunterricht - neu entdeckt. Integration in offene Unterrichtsformen“ Klinkhardt 2003)

Es kann auch entlasten zu erfahren, dass in bestimmten Bereichen die Lehrpersonen „nicht verantwortlich gemacht werden können“ (S. 42): das sind die Elternhäuser, deren sozioökonomischer Status oder das Medienverhalten der Kinder. Hier wirkt der Matthäus-Effekt: Wo viel ist, kommt viel dazu. Wo nichts ist, wird auch nichts - oder nur unter großen Anstrengungen. Kinder aus bildungsfernen Milieus müssen mehr leisten, um ein „Übertrittszeugnis auf das Gymnasium zu erhalten“ (45). Hier wird eine intensive Kooperation mit den Eltern empfohlen.

Und schließlich ist noch die übersichtliche Darstellung zu erwähnen: Hauptausagen und Kernbotschaften werden nach jedem Kapitel noch einmal in (grauen) Kästen zusammengefasst, es gibt sogar „Reflexionsaufgaben“ und am Schluss zehn „Handlungsempfehlungen für die Praxis“ (S. 107-125). Diese klingen dann aber doch etwas zu ‚patronizing‘ (auf deutsch: oberlehrerhaft?) und lassen nach der vorausgegangenen Lektüre ein gewisses Redundanz-Gefühl zurück.
Es sei denn, man beginnt das Buch von hinten zu lesen, was zwar möglich ist, aber auch schade wäre.

verfasst von Klaus Dautel am 24.09.2015 | 7272-mal gelesen

Fachrichtungen: fächerübergreifend Pädagogik


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