Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet e.V.

Die Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet e.V. (ZUM) fördert die Digitalisierung von Schule und Lehrinhalten seit 1997

Wir sind die ZUM

Christof Schreiber

Grundschul-Webquests
Ich bin bei der ZUM, weil das der beste Platz für WebQuests für die Grundschule ist. Jede*r kann mitmachen, mitgestalten und die Angebote kostenlos nutzen. Dabei ist die technische Hürde besonders gering.

Mandy Schütze

ZUM-Vorständin
Ich bin seit 2005 in der ZUM. Von Anfang an begeistert mich die Idee, Materialien als offene Bildungsressourcen zu teilen, mit anderen daran zu arbeiten und zu verbessern. Als Vorsitzende des Vereins ist mir die Vernetzung mit anderen OER-Akteuren wichtig.

Maren Floßdorf

Koordinatorin schulfachlicher Aufgaben
Ich bin bei der ZUM, weil Bildung für alle Menschen verfügbar sein sollte. ZUM bietet das: kostenfrei, transparent, öffentlich, digital.
Impressum · Datenschutz

ZUM Buch Nach Büchern suchen

Bücher nach Fachrichtung

Rezensionen auf ZUM-Buch
Bei amazon.de kaufen

Verloren im Netz

Macht das Internet unsere Kinder süchtig?

Axel Dammler, Gütersloher Verlagshaus (2009), 205 Seiten

Verloren im Netz - Cover
Das Verhalten, der Konsum und die Moden von Kindern und Jugendlichen unterliegen Umbrüchen und Veränderungen. Im 19. Jahrhundert hat der Pädagoge Gustav Wyneken die verschiedenen Aktivitäten beschrieben und den Begriff »Jugendkultur« geprägt. Dass diese in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft unterschiedlich sein können, ist seit den kaiserzeitlichen »Wandervögeln« und »Wanderflegeln« unstrittig.
Allerdings ist allein der soziale Indikator als Erklärung für Unterschiede und Wandel nicht hinreichend, denn eher sind es multikausale Ursachengeflechte, die zu neuen Jugendkulturen führen, und auch technische und politische Umbrüche spielen eine große Rolle. Ein Längsschnitt durch die Jahrzehnte zeigt andererseits viele Ähnlichkeiten: der Wunsch, sich von der Erwachsenenwelt abzugrenzen - durch Kleidung oder Musik - durchaus als Provokation und unter Inkaufnahme von Konflikten und Sanktionen. Der Prozess, eigene Identitäten und soziale Kompetenzen auszubilden, ist häufig konfliktbeladen und keine harmonisch-lineare Entwicklung. Freundschaften, Liebe und Sexualität bestimmen als feste Topoi diese jugendliche Lebenswelten, die i.d.R. gegenüber den Erwachsenen abgegrenzt werden. Deren zumeist empirische Beschäftigung mit »Jugendkultur« erfolgt stets interessengebunden. Einerseits aus wissenschaftlich-pädagogischen Beweggründen, andererseits - und dies ist in diesem Kontext wirklich eine wertfreie Feststellung - ist die Kenntnis und das Verständnis jugendlicher Kulturen auch an ökonomische Interessen gebunden.
Axel Dammler, der das vorliegende Buch »Verloren im Netz« veröffentlicht hat, leitet seit Jahren eines der größten Marktforschungsinstitute für Kinder- und Jugendkultur und hat - vielleicht als Quintessenz seiner Arbeit - mehrere Publikationen zum Thema vorgelegt. In dem Buch »Verloren im Netz« referiert er aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz hinsichtlich Medienkonsum von Jugendlichen.
Der Inhalt wird dem Leser gut strukturiert (Bestandsaufnahme, Ursachenklärung, Forderungen) und sprachlich verständlich dargeboten. Dammler versteht es, nicht mit wissenschaftlichen Daten über Medienkompetenz und Konsumgewohnheiten zu langweilen, sondern eine Reihe von anschaulichen Fallbeispielen zu liefern, die wohl der Praxis entstammen, und analysiert und besprochen werden. Technische Begrifflichkeiten werden erklärt, wobei der Fachmann die Möglichkeit hat, die Definitionen zu überschlagen, ohne Gefahr zu laufen, den roten Faden zu verlieren.
Was Dammler an Thesen formuliert, kann Eltern und Erziehern ohne Einschränkungen zur Lektüre und als Alltagshilfe empfohlen werden. Der Autor sieht potentielle Gefahren, mahnt aber zur Unaufgeregtheit. Er erläutert, dass mit Internet und Co. nicht der Untergang des Abendlandes heraufzieht, und mit den »Digital Natives« keineswegs eine verdorbene Jugend heranwächst. Die heutigen »Kids« sind ob der neuen Konsummöglichkeiten durch übermäßigen und verfrühten Konsum pornografischer Bilder und brutaler Spiele nicht signifikant gefährdet, keine sozialen Kompetenzen und keine Interesse mehr auszubilden. Dass sich eine Mehrheit nur noch in einer digital-egozentrischen Welt orientiert, entstammt den Hirngespinsten einiger verantwortungsloser Medienmacher. Hier profitiert Dammler von seiner Erfahrung mit Boulevardblättern, ihrer reißerischen Berichterstattung, ihre Vorliebe, seriöse Untersuchungen falsch auszulegen und Schlagzeilen zu formulieren, die die Wirklichkeit verzerren. Mit Blick auf das Internet und den jugendlichen Medienkonsum ist das Gegenteil der Fall. Dammler bricht für sie eine Lanze, wenngleich er die Ausnahmen einräumt und im Blick behält. Die Realität sieht heute so aus: Jugendliche und Kinder nutzen das Internet mit großer Selbstverständlichkeit als Medium ihrer Jugendkultur, wobei die Themen und Interessen sich im Kern nicht von denen früherer Generationen unterscheiden: Freundschaft, Liebe, Spiel und Spaß. Trotzdem bleibt Dammler realistisch und verbrämt keineswegs die Suchtgefahr, das Risiko quasi im digitalen Ozean zu ertrinken. Im Buch finden sich hilfreiche Hinweise, wie eine sinnvolle Prävention aussehen kann, wie Eltern und Gesellschaft sich verhalten und möglicherweise auch Helfen können oder Hilfe finden. Dass attraktive Angebote (Sportverein, Gesamtschulen usw.) Heranwachsende mehr schützen als strenge Verbote, am Computer und Fernseher bestimmte Zeiten einzuhalten, ist nur eine von vielen Thesen. Die Kernschmelze eines unkontrollierten Medienkonsums wird ohnehin erst dann eintreten, wenn dem Jugendlichen reale Bezugspersonen fehlen - Familie, Eltern, Erzieher und Pädagogen.
Im letzten Teil seines Buches liefert Dammler sehr komprimiert und gut brauchbare Handlungsrezepte, die hier selbstverständlich nicht referiert werden können. Auf dünnem Eis bewegt sich der Autor allerdings in einem Bereich, den er offenbar nicht wirklich kennt. Seine Ausführungen und Forderungen an Schule und Lehrer sind nur bedingt tragfähig. Sicherlich hat Schule im Bereich der Ausbildung von Medienkompetenz heute neue und vielfältige Aufgaben wahrzunehmen. Der Forderung, dass Pädagogen sich über die Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler in Foren und Newsgroups informieren müssen, ist jedoch nur bedingt Folge zu leisten. Selbstverständlich liefert eine gute traditionelle Unterrichtsvorbereitung, eine didaktische Analyse und Aufbereitung des Lernstoffes im Sinne der Erziehung der Schülerinnen und Schüler zu mündigen Bürgerinnen und Bürger absolut brauchbares Rüstzeug, um vor digitalen und ebenso vor nichtdigitalen Gefahren zu schützen. Auch wird hier übersehen, dass Jugendliche schon lange vor Erfindung digitaler Welten Suchtgefahren ausgesetzt waren und diese in Einzelfällen auch bewusst gesucht haben - »Bahnhof Zoo« lässt grüßen. Einmal davon abgesehen, dass (Product-Placement?) etwas zu oft lobend auf eine bekannte Jugendzeitschrift hingewiesen wird, gibt es an dem Buch wenig auszusetzen. Eine Publikation, die zweifellos ihre Berechtigung hat, aber aufgrund der rasanten Entwicklungen im Internet in einer etwaigen Neuauflage fortgeschrieben bzw. angepasst werden sollte.

verfasst von Dr. Georg Mondwurf am 12.04.2012 | 3063-mal gelesen

Fachrichtung: Informatik


Kommentare zu dieser Rezension
Keine Kommentare vorhanden

Kommentar zu dieser Rezension verfassen
Name: *
Wird mit dem Kommentar veröffentlicht.
E-Mail: *
Wird nicht veröffentlicht.
URL (z.B. Blog):
Wird mit dem Kommentar veröffentlicht.
Benachrichtigungen:
Bei neuen Kommentaren zu dieser Rezension per Email benachrichtigt werden.
Kommentar: *
Ihr Kommentar wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion überprüft.
Sicherheitsabfrage:
Bitte geben sie die beiden angezeigten Wörter ein.
 
  * Pflichtfeld


Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet e.V.

Die Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet e.V. (ZUM) fördert die Digitalisierung von Schule und Lehrinhalten seit 1997

Wir sind die ZUM

Kirsa Köber

ZUM-Grundschule
Ich bin bei der ZUM, weil es mir wichtig ist digitale Bildung an (Grund)schulen zu stärken. Die ZUM stellt dazu viele verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die das Lernen mit sowie über digitale Medien ermöglichen.

Karl Kirst

Lauter engagierte Leute: kreativ, kommunikativ, kooperativ! Macht Spaß dabei zu sein!

Ralf Klötzke

ZUM-Vorstand, ZUM-Apps, ZUM Deutsch lernen
So wie die ZUM sich ständig erneuert und weiterentwickelt hat, konnte ich viel von der Community lernen und von der Schwarmintelligenz profitieren. Und es geht immer weiter ...
Impressum · Datenschutz
Impressum · Datenschutz