Projektübersicht Das Café der toten Philosophen

Dass der Religionsunterricht oft (für manche Kritiker zu oft) mit dem Medium "Text" arbeitet, ist wohl normal. Der häufig verwendete theologisch-diskursive Text erreicht bei den Schülern manchmal die Grenze der Aufnahmebereitschaft. Auch hier gilt: "varietas delectat". Deshalb möchte ich hier ein Buch vorstellen und empfehlen, mit dem ich in Oberstufenkursen gute Erfahrungen gemacht habe.

Nora K./Vittorio Hösle: Das Café der toten Philosophen. Ein philosophischer Briefwechsel für Kinder und Erwachsene, München: Beck, 1997 (Beck´sche Reihe 4017) ISBN 3 406 429173

In dem "Café der toten Philosophen" entwickeln die Schülerin Nora und der Philosophie-Professor Vittorio Hösle in Form eines Briefwechsels eigene und fremde philosophische Gedanken. Dabei lassen sie die verstorbenen Philosophen mit ihren "Kollegen" wie auch mit den beiden Autoren des Buches in ein Gespräch eintreten.

Ein kurzer Ausschnitt soll die Arbeitsweise verdeutlichen:

(Kant diskutiert mit Max Weber)

"Rational bedeutet bei dir offenbar, dass etwas als Mittel geeignet ist, einen bestimmten Zweck zu erreichen. Aber für mich besteht die Vernunft nicht nur darin, die Angemessenheit von Mitteln zu Zielen zu bewerten, sondern in der Beurteilung von Zwecken. Praktisch-vernünftig ist es, wenn du so handelst dass du die Menschheit in dir und anderen als Selbstzweck achtest, und das geschieht in der Sklaverei eben nicht.!"

"Aber warum soll ich den anderen denn achten?"

"Nun, hier lächelte Immanuel abgründig, wenn du eine Antwort erwartest, die etwa sagt, weil das langfristig in deinem Eigeninteresse ist, so irrst du dich. Damit würdest du die Sphäre der praktischen Vernunft, d.h. der Moral gerade verfehlen. Denn die Moral ist Selbstzweck; sie dient keinen anderen Zwecken. Man soll nicht moralisch handeln, um von anderen respektiert zu sein, nicht, um in den Himmel zu kommen, sondern weil es eben moralisch ist. < Handle moralisch> gilt unbedingt, ist ein kategorischer Imperativ."

Max schwieg ziemlich lange, dann sagte er: "Also dieser kategorische Imperativ ist etwas Absolutes; er ist schwer unserer Zeit zu vermitteln, die nichts Absolutes anerkennt. Aber wenn du recht hast, kann es ohne Absolutes auch keine Moral geben."

"Genau, erwiderte Immanuel, auch wenn dieses Absolute nicht in einem Jenseits ist, sondern in uns, gleichsam unseren Kern bildet."

(S. 54)

Das Spektrum philosophischer Fragen, die von den beiden Autoren gestreift werden, ist sehr breit. Es reicht von

Ich habe das Buch bisher nur in Auszügen mit meinen Schülern gelesen. Ich kann mir aber vorstellen, dass das Buch auch als Ganzschrift gelesen wird. Vom Thema her könnte es dann am ehesten in das Kurshalbjahr 13/2 passen: "Religion im Dialog mit...".

Bei aller Freude über das Buch ist doch von einem kleinen "Haken an der Sache" zu reden: Welcher Religionslehrer ist gleichzeitig so bewandert in der Philosophiegeschichte, dass er die Vornamen und Attribute der einzelnen Personen ohne Schwierigkeit den Philosophen, die im Register genannt sind, zuordnen kann. Einen "Immanuel aus Königsberg" könnte wohl auch ein Schüler als Kant identifizieren und dass der "Feingekleidete mit starkem österreichischen Akzent" (S. 147) und dem Vornamen Ludwig auf den Familiennamen Wittgenstein hört, ist wohl auch nicht sehr schwer zu erraten. Es treten aber auch Philosophen auf, die dem Durchschnittsleser wohl nicht bekannt sein dürften, wie etwa auf Seite 187 der Mann "mit einem Schusterriemen" in der Hand. Das Philosophenverzeichnis im Anhang ermöglicht es, Jakob Böhme mit dieser "kräftigen Gestalt" zu identifizieren.

Johann Betz

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