Beispiel:
Das Buch Jona - ein Prophetenbuch?
Nachdem die Schüler nun exemplarisch Gattungen
der prophetischen Literatur kennengelernt haben, können
sie die formkritische Fragestellung auf ein weiteres Buch
anwenden. Nach der Lektüre des Jona-Buches
kann man die Frage stellen, ob dieses Buch zu Recht in der Reihe
der prophetischen Schriften steht. Da sie keine der besprochenen
Gattungen im Jona-Buch wiederfinden, kommen die Schüler wohl
schnell zu dem Schluss, dass es sich bei diesem Buch um eine
andere Literaturgattung handelt.
Ihren Höhepunkt erreicht diese Erzählung in der
letzten Szene. Da diese mit einer Frage endet, können die
Schüler erkennen, dass die Frage nicht eigentlich an den
Jona im Buch gerichtet ist, sondern an der Leser, der den Jona in
sich selbst entdecken kann und soll.
Damit wird für den Leser auch der lehrhafte und
gleichnishafte Charakter des Buches deutlich. Jetzt kann
man die charakterischen Merkmale erkennen: Dieser Jona ist keine
historische Person und die erzählten Ereignisse sind
kein historischer Bericht. Vielmehr arbeitet der Text mit
Typisierungen und Personifikationen.
Die Frage nach dem Sitz im Leben eines Textes
oder der historischen Situation, in der ein solcher Text einen
Sinn ergibt, lässt sich vom Schüler dann auch
beantworten: Da wohl mit gutem Grund angenommen werden kann, dass
Israel als der ursprüngliche Adressat der Frage betrachtet
werden muss, können die Schüler ein Israel vermuten,
"das immer nur mit sich selbst beschäftigt ist, das vor
dem eigentlichen Willen Gottes ausweicht und nicht begreifen
will, dass Gott die anderen Völker genau so liebt wie Israel
selbst. Einem solchen Israel will der Verfasser des Jonabuches
offenbar den Spiegel vorhalten." (Lohfink, S. 75)
Einen Anschluss findet man im
Buch Rut.
Literatur:
Lohfink, Gerhard: Jetzt
verstehe ich die Bibel. ein Sachbuch zur Formkritik, Kath.
Bibelwerk, Stuttgart 1973
Stendebach, Franz Josef: Rufer wider den Strom. Sachbuch
zu den Propheten Israels, Kath. Bibelwerk, Stuttg. 1985
|
|