Die Dekalog kennt kein Verbot eines
„Gottesbildes“
ICH bin dein Gott,
der dich führte aus dem Land
Ägypten, aus dem Haus der Dienstbarkeit.
Nicht sei dir andere Gottheit mir
ins Angesicht.
Nicht mache dir Schnitzgebild, -
alle Gestalt des was im Himmel oben, was auf der Erde unten,
was im Wasser unter der Erde ist.,
neige dich ihnen nicht, diene ihnen
nicht,
denn ICH dein Gott bin ein eifernder
Gottherr,
zuordnend Fehl von Vätern an ihren
Söhnen und am dritten und vierten Glied denen die mich hassen,
aber Huld tuend ins tausendste denen
die mich lieben, denen die meine Gebote wahren.
(Dtn 5, 6-10, verdeutscht von Martin Buber und
Franz Rosenzweig Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1992)
8 Thou shalt not make thee any
graven image, or any likeness of any thing that is in heaven
above, or that is in the earth beneath, or that is in the waters
beneath the earth:
9 Thou shalt not bow down
thyself unto them, nor serve them: for I the LORD thy God am a
jealous God, visiting the iniquity of the fathers upon the
children unto the third and fourth generation of them that hate
me,
10 And shewing mercy unto
thousands of them that love me and keep my commandments.
King James Version (1769, ergänzt)
8 Du sollst dir kein Bildnis
machen in irgendeiner Gestalt, weder von dem, was oben im Himmel,
noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser
unter der Erde ist. 9 Du sollst sie nicht anbeten noch ihnen
dienen. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der
die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied
an den Kindern derer, die mich hassen, 10 aber Barmherzigkeit
erweist an vielen tausenden, die mich lieben und meine Gebote
halten.
Lutherbibel (1984)
8 Du sollst dir kein Bildnis
noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im
Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was in
den Wassern ist, tiefer als die Erdoberfläche.
9 Bete sie nicht an und diene
ihnen nicht! Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger
Gott, der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern bis in
das dritte und vierte Glied derer, die mich hassen,
10 der aber Gnade erweist an
vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.
Schlachter Bibel (2000)
8. Du sollst dir kein geschnitztes Bild
machen, irgend ein Gleichnis dessen, was oben im Himmel, und was
unten auf der Erde, und was in den Wassern unter der Erde ist. 9.
Du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht
dienen; denn ich, Jehova, dein Gott, bin ein eifernder Gott, (El)
der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern, ja,
am dritten und am vierten Gliede derer, die mich hassen; 10.
und der Güte erweist, auf Tausende hin, an denen, die mich lieben
und meine Gebote beobachten.
Elberfelder Bibel (1871)
8 Du sollst dir kein Götzenbild anfertigen von
etwas, das im Himmel, auf der Erde oder im Wasser unter der Erde
ist. 9 Du sollst sie weder verehren noch dich vor ihnen zu
Boden werfen, denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein
eifersüchtiger Gott
Neues Leben (SCM R. Brockhaus 2006)
8 Du sollst dir kein Götterbild machen,
irgendein Abbild dessen, was oben im Himmel oder was unten auf der
Erde oder was im Wasser unter der Erde ist. 9 Du sollst dich
vor ihnen nicht niederwerfen und ihnen nicht dienen. Denn ich, der
HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der
Väter heimsucht an den Kindern und an der dritten und vierten
<Generation> von denen, die mich hassen, 10 der aber
Gnade erweist auf Tausende hin denen, die mich lieben und meine
Gebote halten
Elberfelder Bibel (2006)
8 Du sollst dir kein Gottesbild anfertigen,
irgendein Abbild von dem, was oben im Himmel oder unten auf der
Erde oder im Wasser unterhalb der Erde ist! 9 Du sollst dich
vor ihnen nicht niederwerfen und ihnen nicht dienen; denn ich, der
HERR, dein Gott, bin ein eifriger (d.h. eifersüchtiger) Gott, der
die Verschuldung der Väter heimsucht an den Kindern, ja an den
Enkeln und Urenkeln derer, die mich hassen, 10 der aber Gnade
erweist an Tausenden von Nachkommen (oder: am tausendsten
Geschlecht) derer, die mich lieben und meine Gebote halten.
Menge-Bibel (1939)
8 Du sollst dir kein Gottesbild machen,
keinerlei Abbild von etwas, was oben im Himmel, was unten auf der
Erde oder was im Wasser unter der Erde ist. 9 Du sollst dich
nicht niederwerfen vor ihnen und ihnen nicht dienen, denn ich, der
HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der
Vorfahren heimsucht an den Nachkommen bis in die dritte und vierte
Generation, bei denen, die mich hassen, 10 der aber Gnade
erweist tausenden, bei denen, die mich lieben und meine Gebote
halten.
Züricher Bibel
8 Du sollst dir kein Gottesbildnis
machen, das irgendetwas darstellt am Himmel droben, auf der Erde
unten oder im Wasser unter der Erde.
9 Du sollst dich nicht vor anderen
Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu
dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger
Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der
Väter an den Söhnen und an der dritten und vierten Generation;
10 bei denen, die mich lieben und
auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.
Einheitsübersetzung
188. Wie lauten die Zehn Gebote
Gottes?
Ich bin der Herr dein Gott.
1.Du sollst keine anderen Götter
neben mir haben!
2.Du sollst den Namen Gottes nicht
verunehren!
3.Gedenke, daß du den Sabbat
heiligest!
4.(...)
Katholischer Katechismus (Trier 1956)
Da ich kein Hebräisch kann, muss ich mich auf
Übersetzungen verlassen. Ein sprachkundiger Mensch hat mir
versichert, dass die „Verdeutschung“ von Martin Buber und
Franz Rosenzweig dem hebräischen Text wohl am wörtlichsten
entspricht.
Beim Vergleich der verschiedenen Übersetzungen
fällt auf, dass sie sich deutlich unterscheiden in der Frage, was
man denn nicht herstellen dürfe. Während die einen von einem
„geschnitzten“ Bild reden, also von einem Bild (gemalte dürfte
man wohl auch darunter verstehen), das materiell existiert, reden
andere von einem „Gottesbild“, das schnell auch zu einem
immateriellen Bild, einer Vorstellung wird.
Die katholische Zählung der Zehn Gebote lässt das
Bilderverbot einfach weg, wohl aus dem Grund, weil man in
katholischen Kirchen keine Probleme mit bildlichen Darstellungen
Gottes hat und deswegen dieses Bilderverbot keinen Sinn hat.
Allerdings reden Rahner/Vorgrimler in ihrem „Kleines
Theologisches Wörterbuch“ (Freiburg 1961) davon, dass „im AT
(…) die Darstellung Gottes im Bild verboten“ (S. 52) sei. Auch
„Kleines Stuttgarter Bibel Lexikon“ (Stuttgart 1969) glaubt,
dass „im AT das Anfertigen eines „toten“ Bildes Jahwes
verboten“ (S. 59) werde.
Ich schlage eine andere Lesart vor und stütze mich
dabei auf die Übersetzung von Buber/Rosenzweig, (ähnlich: King
James Version, Lutherbibel, Schlachter Bibel, Elberfelder Bibel
von 1871).
Wovon darf der Mensch denn kein Bild machen? Der
Text ist m.E. eindeutig:
„von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was
unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist“
(Lutherbibel)
Von Gott/JHWH ist hier also gar nicht die Rede! Nur
eine naive Vorstellung lässt Gott zu den Elementen gehören, die
„oben im Himmel“ sind. Dabei heißt es doch in Gen 1,1: „Im
Anfang erschuf Gott Himmel und Erde“. Der/die Himmel und die
himmlischen Heerscharen gehören also zur geschaffenen Welt, zu
der Gott gerade nicht gehört. Gott ist kein Element der Welt.
Für sich allein genommen ergibt dieses Bilderverbot
keinen besonderen Sinn. Höchstens aus einer angstbesetzten
magischen Vorstellung heraus könnte man die Anfertigung und den
Besitz von Bildern fürchten.
Einen eindeutigen Sinn erhält das Bilderverbot aber
dann, wenn man den Text zu Ende liest.
„Bete sie (gemeint sind die Elemente der Welt)
nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der HERR, dein Gott, bin
ein eifersüchtiger Gott“ (Schlachter Bibel)
Wenn man den Skopus des Bilderverbotes in diesem
Teil sieht, dann bedeutet es nichts anderes als „Du sollst keine
anderen Götter neben mir haben!“, theologisch-neumodisch
ausgedrückt: kein Element der Welt darf zur „alles bestimmenden
Wirklichkeit“ werden, der wir unser Leben und das Leben Anderer
opfern. Und „Goldene Kälber“, denen unbedingte Geltung
zugeschrieben wird, sind zur Genüge bekannt: Volk, Nation, Rasse,
Klasse, Partei, Karriere, Geld, Auto, ja sogar Papst, Kirche und
das eigene Glaubensbekenntnis. Durch den Glauben an einen Gott,
der dieser Welt transzendent gegenüber steht, werden diese Dinge
in ihrem absoluten Geltungsanspruch in Frage gestellt und
relativiert.
Die Lesart, die in Dtn 5,8 ein Verbot von
Gottesbildern sieht, ist dann ein Hineintragen von modernen
theologischen Überlegungen in einen Text, der damit wenig zu tun
hat. Die Bibel enthält nämlich eine Fülle von Gottesbildern,
ohne die wir wohl nicht den Glauben leben könnten.
Johann Betz (Febr. 2011)
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