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Das Maya-Projekt in Kempen Niederrhein 2019

 

 

 

„Der Grund, warum die Christen so viele und gerade diese Seelen in so unendlicher Zahl

 

getötet und vernichtet haben, bestand allein darin, dass sie dem Gold als ihrem letzten Ziel

 

nachjagten, um innerhalb kürzester Zeit Schätze ansammeln und in einen so hohen Stand

 

aufsteigen wollten, der nicht im mindesten ihrer Person entsprach, und das wegen ihrer

 

unersättlichen Habsucht und Ruhmsucht“

(Bartolomé de las Casas)

 

 

Mittwoch, 13. November 2019, 19.00 Uhr

Paterskirche Kempen (Kulturforum)

 


„DAS ENDE DER WELT“

„composition no. 73 (popol wuj)“

von Erwin Koch-Raphael (2013)


Rezitation und szenische Darstellung aus:

„Kurzer Bericht von der Verwüstung der Westindischen Länder“

von Bischof Bartolomé de las Casas (1484-1566)

Ausführende:

 

Dietmar Sander – Bariton

Juliane Busse – Klavier und Konzeption

Schüler*innen des Gymnasium Thomaeum Kempen – Rezitation und Darstellung

 

 

Kooperation des Kulturamts der Stadt Kempen

und des Gymnasium Thomaeum

 



Das Ende der Welt

Zum Gedenken an den Völkermord in den Westindischen Ländern durch die spanische Kolonialmacht

Die Aufführung dieses in Zusammenarbeit mit dem Thomaeum und dem Kulturamt der Stadt Kempen entwickelten Konzertprojekts beschäftigt sich mit der Zerstörung des südamerikanischen Volks der Maya durch die spanischen Eroberer. Dabei gibt es zwei verschiedene inhaltliche und formale Ebenen. Für Klavier und Bariton wurde der Schöpfungshymnus der Maya (Popol Wuj) durch den in Kempen geborenen Komponisten Erwin Koch-Raphael vertont („15 Lieder“). Dazwischen werden Texte des Bischofs Bartolome de Las Casas („Berichte“) verlesen, der als Zeitzeuge die Vernichtung eines ganzen Volks miterlebt und in harten Worten angeprangert hat.

Die zentrale, stilistisch sehr vielfältige Komposition der 15 Lieder reflektiert die selbstbewusste Erhabenheit des Mythos „popol wuj“ und steht im Kontrast zu den hier von den Schüler*innen fantasievoll und in sehr unterschiedlicher Weise auch szenisch dargestellten Berichten des Bischofs Las Casas über das grausame Ende dieser altamerikanischen Hochkultur. Die im musikalischen Satz der Lieder auffällige stilistische Zerrissenheit, die sich hier über eine breite Skala der europäischen Musikgeschichte hinweg artikuliert - auch mit heraushörbaren Zitaten - spiegelt innermusikalisch diesen Zustand eines kulturellen Niedergangs in die heutige Zeit. Es geht um den Anfang und das Ende einer Kultur. Vielleicht von Kultur, wie wir sie kennen, überhaupt.                             

Das Werk wurde 2017 in Bremen, dem jetzigen Wohnort des Komponisten, uraufgeführt. Damals wurden die Texte des Bischofs Las Casas nur gelesen. Aufgabe der Kempener Schüler*innen war es nun, sie szenisch und musikalisch, als eigene Kompositionen und Performances, zu realisieren und: sie haben durch ihre Darstellung die Texte ins Heute übertragen und zeigen, dass sie uns auch jetzt noch angehen. Über mehrere Monate hinweg haben sie sich mit dem Werkprojekt intensiv befasst.

Szenische Interpretation und Darstellung der Las-Casas-Texte:

Schüler*innen des Gymnasium Thomaeum (Q1 und EPH): Jan Angenendt, Peter Berger, Merit Eggeling, Steward Eloundou, Elisabeth Geuchen, Gereon Geuchen, Isaak Körner, Hannah Lutz, Amelie Puhlemann, Jana Stroecks, Simon Sure, Magdalena Weihrauch

Projektleitung:

David N. Nethen, Erwin Koch-Raphael


... aus der Projektarbeit im Sommer:

Im Thomaeum geschieht in letzter Zeit Ungewöhnliches. Schülerinnen schleppen einen Kontrabass die Treppen hoch und runter, Schlagzeuginstrumente scheppern durch die Gänge, aus vielen Nischen und Räumen sind merkwürdige Geräusche und Texte auf Spanisch und auf Deutsch zu hören: Berichte eines Bischofs zur Zeit der Eroberung Südamerikas über die Gräuel an den Mayas durch die christlichen Eroberer aus Spanien.

Wie kommt es, dass sich Schüler des Thomaeums mit diesem Thema beschäftigen?

Angefangen hatte alles im letzten Jahr bei einer Feier anlässlich eines 50-jährigen Abiturjubiläums,  an dem auch der mittlerweile in Bremen lebende Erwin Koch-Raphael teilnahm. Dabei kam die Schulleiterin Agnes Regh mit dem Komponisten ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass Frau Regh zu dem Augenzeugenbericht „Das Ende der Welt - Kurz gefasster Bericht von der Verwüstung der Westindischen Länder“ (Las Casas) und Auszügen aus der Schöpfungsgeschichte des „popol wuj“, dem heiligen Buch der Maya, dem Werk, das sich thematisch mit der Kultur der Mayas und ihrer Zerstörung durch die spanischen Eroberer befasst, die Abschlussarbeit für ihr Studium geschrieben hatte. Genau diese Texte hatte Koch-Raphael 2013 vertont - auf den Vorschlag der Bremer Pianistin Juliane Busse hin, die regelmäßig eigene Programmkonzeptionen entwirft, die in verschiedenen Städten Deutschlands zur Aufführung gebracht werden.

Das Gymnasium Thomaeum ist auf vielfache Weise eng mit lateinamerikanischen Ländern verbunden: es unterstützt Projekte in Ecuador und Haiti sowie die Kempener Paraguay-Initiative. Außerdem haben mehrere Schülerinnen ihre Wurzeln in lateinamerikanischen Ländern und sprechen muttersprachlich Spanisch. 

Zur Vervollkommnung der Projektidee kam hinzu, dass der Musiklehrer und Koordinator des musisch-künstlerisch-literarischen Schwerpunktes, David Nethen sehr inspiriert Impulse entwickelte, zu denen die Schülerinnen mit Instrument, Stimme und Körper zu der Thematik improvisieren und Dr. Elisabeth Friese, Leiterin des Kulturamts,  sich sofort dafür engagierte, den Weg für die Verwirklichung dieses großen Konzertprojektes im Franziskanerkloster frei zu machen.

Seit März 2019 besucht nun Erwin Koch-Raphael regelmäßig das Gymnasium Thomaeum. Er arbeitet mit dem Leistungskurs Musik der Jahrgangsstufe Q2 sowie dem Grundkurs Musik der Jahrgangsstufe EPH an der Realisierung und Ergänzung seiner Komposition „Popul Wuj“ im Rahmen des ambitionierten Musikprojekts der Pianistin Juliane Busse.

In insgesamt drei Workshops wird Koch-Raphael bis in den Herbst hinein die kreative Zusammenarbeit mit Oberstufenschülern des Gymnasiums und Musiklehrer David Nethen fortsetzen. Die Komposition für Klavier und Bariton befasst sich thematisch mit der Kultur der Mayas und ihrer Zerstörung durch die spanischen Eroberer. Die Zwischentexte sollen von den Schülern musikalisch, das heißt instrumental, mit chorischem Singen, Sprechen und Bewegung gestaltet werden. „Erwin Koch-Raphael war von den Ideen der Schüler sehr angetan“, berichtet David Nethen. Beim nächsten Treffen sollen die Vorschläge ausgesucht und verfeinert werden, um dann im Herbst endgültig aufführungsreif zu sein. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Kempen von den Schülerinnen und Schülern mit den professionellen Solisten Dietmar Sander/ Bariton und Juliane Busse/ Klavier im Franziskanerkloster im November 2019 zur Aufführung gelangen. “Ziel des vom Kulturamt der Stadt Kempen geförderten Konzerts sei es auch, das Interesse von Schülern für die Konzerte im Kulturforum zu erhöhen“, sagt David Nethen: „Wir hoffen auf eine Verknüpfung.“

Wir bedanken uns bei Eva Scheuß, aus deren Bericht In der „Rheinischen Post“ vom 18.3. dieses Jahres wir einige Abschnitte übernehmen durften.
 

Angelika Hofner

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 Die Interpret*innen

 

Dietmar Sander, Bariton

Studierte in Berlin und Hannover u.a. bei Elena Nentwig Dumitrescu, bei Prof. Rudolf Piernay, Prof. Carol Richardson, Prof. Jan Phillip Schulte und Justus Zeyen.

Der Sänger ist Preisträger mehrerer Wettbewerbe und singt im In und Ausland. 2013/14 gleich mehrere Konzertabende in Portugal u.a. im Opernhaus von Lissabon, sowie eine zweiwöchige Chinatournee und mehrere Verdi Galaprogramme an der Seite des Philharmonischen Orchesters Wernigerode.  Seine Konzertprogramme sind vielfältig. Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“ und "Kindertotenlieder", Bachs "Kreuzstabkantate" oder anspruchsvolle Liedprogramme mit Martins „Jedermann“ Monologen und Schuberts und Schumanns Liederzyklen gehören zu seinem Standartrepertoire.

CD und DVD Produktionen entstanden in den letzten Jahren u.a. von Mendelssohns „Paulus“ und „Elias“, Orffs „Carmina Burana“ und zuletzt Brahms „Ein deutsches Requiem“. 

Im Opernbereich ist der Sänger ebenfalls heimisch. Zuletzt sang er am Theater Für Niedersachsen die Partie des Escamillo aus Bizets Oper „Carmen“, bei Festivals u.a. die Partien des „Don Giovanni“ und „Guglielmo“ und die Partie des Dr. Falke. Im Frühjahr 2015 singt er in einer szenischen Aufführung der Johannespassion von J. S. Bach.

Dietmar Sander lebt in Hannover.

 


 

Juliane Busse, Klavier

 

 

-  geboren 1962 in Bremen

-  nach dem Abitur Musikstudium an der Hochschule für Künste in Bremen bei Frau Prof. Birgit v. Rohden (Staatsexamen 1987)
-  weiterführende Studiengänge für Klavier an der staatl. Hochschule für Musik Karlsruhe bei Frau Prof. Olga Rissin (Diplom 1989)
-  und an der Folkwang- Hochschule Ruhr bei dem Spezialisten für Neue Musik, Herrn Prof. Bernhard Wambach (Examen 1992)
-  1989 Privatstudentin bei Herrn Prof. Vitaly Margulis, Freiburg i. Br. 
-  1989 aktive Teilnahme an internationalen Meisterkursen für Klavier bei V. Margulis, G. Sandor,P. Gililov und J. Uhde
- Teilnahme an den Ruhrfestspielen für Neue Musik und dem Festival für Neue Musik in Posen/ Polen
-  2. Vorsitz beim " Deutschen Tonkünstlerverband, Landesverband Bremen"

 

KONZERTTÄTIGKEITEN

- 1990/1991: ständige Aufführungen an der „Deutschen Oper am Rhein“ mit den Ballettensembles der Opernhäuser Duisburg und Düsseldorf

- Teilnahme an den Ruhrfestspielen für Neue Musik
- Radioproduktionen
- Konzerte u.a. in Tschechien, Polen, Frankreich, Italien und Spanien
- Juliane Busse ist festes Mitglied im „Ensemble ad libitum Bremen“, das sich der Interpretation von
   Werken des 20. und 21. Jahrhunderts verpflichtet hat.

- Konzertschwerpunkte: Liedinterpretation und Kammermusik der Romantik und Moderne


Regelmäßig entwirft Juliane Busse eigene Programmkonzeptionen, die in verschiedenen Städten Deutschlands zur Aufführung gebracht werden.
Inhaltlich verbinden diese Programme Prosatexte und Lyrik (Lied) bzw. Dokumentationstexte und zeitgenössische Musik.