Wernher von Braun - der Opportunist
"Überzeugter Nazi war von Braun nicht - Opportunist allemal." (Eisfeld S.74) Diesen Standpunkt vertritt nicht nur Eisfeld, sondern auch alle anderen Biographen weisen auf von Brauns Ich-Bezogenheit hin. Zum ersten Mal zeigte sich seine Einstellung 1932, als er sich aus finanziellen Gründen in den Dienst der Reichswehr stellte. Vor seinem Eintritt ins Heer war von Braun noch aktives Mitglied des Vereins für Raumschifffahrt und arbeitete dort an der Entwicklung einer Flüssigkeitsrakete. Als dann der chronische Geldmangel einsetzte, beteiligte er sich ohne Skrupel an einem Waffenprojekt, das sich bzgl. des Versailler Vertrages zweifellos am Rande der Legalität befand. Von Brauns Eintritt in die SS: "Soll ich es tun oder nicht? Würde es mir nutzen oder schaden?" (Neufeld 1995; S. 179) Diese Fragen erörterte von Braun mit anderen Ingenieuren, als es um den Beitritt zu SS ging. Aber auch bei der Aufnahme in die NSDAP wird er sich ähnliche Fragen gestellt haben. In einer beeidigten schriftlichen Erklärung gab er nach dem Krieg an, er wäre offiziell dazu aufgefordert worden, doch muss ihm bewusst gewesen sein, dass ihm durch diesen Schritt bisher unbekannte Möglichkeiten eröffnet würden. Wernher von Braun: "Als deutscher Wissenschaftler unter Hitler war ich verantwortlich für das V2-Programm, in dem die tödlichen Raketenwaffen geschaffen wurden, mit denen die Nazis gegen Ende des Krieges ihre Gegner terrorisierten." (Why I chose America, in: "American Magazine", Juli 1952, S. 15). Skrupellos nütze er die menschenverachtenden Möglichkeiten aus, die ihm der Nationalsozialismus bot, nur um seinen Traum vom Bau einer Mondrakete zu verwirklichen. Somit nahm er den Verlust von Tausenden von Menschen, die im Mittelwerk ihr leben ließen, in Kauf ohne Widerstand zu leisten gegen die "Vernichtung durch Arbeit". Von Braun stritt ab, jemals im Mittelbau gewesen zu sein, da Entwicklung und Produktion der V2 seiner Aussage nach räumlich getrennt stattfanden. Dennoch sprechen viele Berichte und Dokumente für seine Involviertheit in die Vorgänge in Mittelbau-Dora. Ein überlebender KZ-Häftling berichtet: "Die künstliche Trennung von Nationalsozialismus und Raketenforschung, wie sie in der Legende von Peenemünde immer wieder konstruiert wurde, hat in der Praxis nie existiert." (Weyer 1999, S.28) |
"Wir verachten die Franzosen; wir haben Todesangst vor den Russen; wir glauben nicht, dass die Briten sich uns leisten können; also bleiben nur die Amerikaner." (Huzel, 19; Ruland 273/274; Ordway/Sharp, 274; Eisfeld, 157) Das war die Begründung eines Kollegen von Brauns, für die Entscheidung sich auf ein Engagement in den USA einzulassen. Wernher von Braun stellte diese Überlegung ähnlich dar: "Mein Land hat zwei Weltkriege verloren. Diesmal möchte ich auf der Seite der Sieger stehen." (Huzel, Ruland, Ordway/Sharp, Eisfeld). Deutschland lag zu dieser Zeit in Schutt und Asche und das Raketenprojekt um Wernher von Braun hatte um die 20 000 Menschenleben gefordert. Doch wie Phönix aus der Asche und mit "reinem Gewissen" ging von Braun in die USA, nur um sich erneut einem Projekt anzuschließen welches die Entwicklung einer militärischen Rakete zum Ziel hatte. Obwohl er in Deutschland erlebt hatte, wie Tausende von Menschen ihr Leben gelassen hatten, tat er weiterhin so, als ob er nur etwas mit der Herstellung der Waffen und nicht mit ihrer Verwendung zu tun gehabt hätte. Eine Strophe aus einem Lied von Tom Lehrer von 1965: "Once the rockets are up, So zeigt von Braun sein Leben lang seine opportunistische Einstellung. Zu Unrecht wurde sein Erfolg in der Raketentechnik isoliert gesehen und verherrlicht und seine Leistungen und seine Person zum Mythos gemacht. Seine Erfolge sind untrennbar verbunden mit der Produktion von Massenvernichtungswaffen. Sein Weg zum Erfolg war gepflastert und befleckt vom Blut und Schweiß unzähliger KZ-Häftlinge. |
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