Zwangsarbeit - Lebensumstände - Familie Haf -
Eine Familie zwischen bolschewistischem
und nationalsozialistischem Terror
Frau Erna Haf, geb. Eichhorst wurde am 24.8.1923 in Adolin (Wolhynien) in der Ukraine geboren. Generationen früher waren ihre Vorfahren von Deutschland nach Rußland ausgewandert. Der ganze Ort war deutsch, die Kinder gehen auf deutsche Schulen, sie sprechen kein Russisch. Deportation eines ganzen Dorfes nach Dnjepropetrowsk Im Februar 1934 wird plötzlich die ganze deutsche Bevölkerung Adolins in Viehwaggons geladen und nach Pogrovski , Rayon Dnjepropetrowsk verfrachtet. Die Deutschen durften nicht zusammenbleiben, sie werden auf verschiedene Orte verteilt. Vater und zwei Brüder deportiert, ab März 1934 sind die verbleibenden Kinder Vollwaisen Inzwischen haben die sechs Kinder keinen Vater mehr. Gemeinsam mit den beiden ältesten Söhnen wurde der Vater 1932 verhaftet. Von allen dreien hat die Familie nie mehr etwas gehört. Die Mutter stirbt im März 1934, also schon einen Monat nach der Zwangsdeportation an Fieber und Unterernährung. Zerschlagung der Familie - Unterbringung bei Fremden Nun werden die Kinder anderweitig untergebracht, die Schwester kommt an einen anderen Ort, wo auch Verwandte wohnen, Martha ist ja erst 9 Jahre alt, auch der jüngste Bruder Samuel kommt zu einer Tante an einen anderen Ort. Unterbringung im Waisenhaus Unter den Kindern herrscht ein sehr gutes Verhältnis, sie alle haben ihre Eltern verloren, sie halten zusammen. Die meisten der Eltern wurden ermordet. Nun kann Erna zur Schule gehen, obwohl sie kein Ukrainisch beherrscht, steckt sie der Rektor in die vierte Schulklasse. Als sie zum ersten Mal vorliest, lachen alle Kinder, denn sie hat soeben erst begonnen, Ukrainisch und die neue Schrift zu lernen. Sie hat schon in den Ferien begonnen, sich das ukrainische Alphabet beizubringen. In den Ferien arbeitet sie auf der Kolchose wie die anderen Kinder auch. |
Schicksal der Geschwister - Einmarsch der deutschen Wehrmacht In dieser Zeit gelingt es ihr, ihre Schwester Martha und ihren jüngsten Bruder Samuel ins Waisenhaus zu holen. Der ältere Bruder Edmund versucht, sich in die Westukraine durchzuschlagen. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in der Ukraine schließt er sich den deutschen Truppen an, schließlich ist er Deutscher und wurde von den Russen diskriminiert und hat seine Eltern verloren! Erna als Dolmetscherin im Dienst der deutschen Zivilverwaltung Erna zieht nach der Schule nach Kiew um, mittlerweile ist sie 18 Jahre alt. Als deutsche Truppen einmarschieren, versucht sie, möglichst schnell in die deutsche Einflusssphäre zu gelangen. Dort wird sie als Dolmetscherin der deutschen Zivilverwaltung angestellt, zuvor hatte sie schon die gleichen Dienste für den ukrainischen Bürgermeister übernommen. Rückzug der Deutschen bestimmt ihr Schicksal 1943 ziehen sich die deutschen Truppen nach Niederlagen zurück, Erna kommt nach Thüringen und arbeitet dort als Bedienung in einem Ausflugslokal, 1944 erhält sie die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie zieht weiter nach Gotha, wo sie gegen Kost und Logie eine Anstellung bei der deutschen Luftschutzpolizei als Aushilfskraft erhält. Deportation der jüngeren Geschwister nach Deutschland Ernas Geschwister Martha und Samuel verblieben unterdessen im Waisenhaus. Als sie ihnen schreiben will, erfährt sie, dass beide seit 1942 nach Deutschland deportiert wurden und in Augsburg arbeiten. Samuel ist 1942 15 Jahre und arbeitet bei MAN, Martha arbeitet ab 1.11.42 bei Messerschmitt und ist erst 17 Jahre alt und wohnt in einem Arbeiterlager in der Bahnstraße 51. Zwangsarbeit in der Ukraine Wie viele andere ukrainische Zwangsarbeiter wird Martha in ein Bergwerk zur Arbeit eingeteilt, dort arbeitet sie fast 5 Jahre. Auch ihr Bruder kehrt unfreiwilligerweise in die Ukraine zurück und ist letztes Jahr dort verstorben. Beide wurden von der Sowjetunion und dem nationalsozialistischen Deutschland ausgebeutet und haben noch keine Entschädigung erhalten. Kampf um eine Entschädigung In der Rangfolge der Entschädigungsopfer rangiert Martha ganz weit hinten. Sie ist Volksdeutsche, arbeitete als Zwangsarbeiterin bei Messerschmitt und im ukrainischen Bergwerk. Nun versucht sie über ihre Schwester Erna, die seit 1953 wie ihr älterer Bruder Edmund in Augsburg wohnt, eine Entschädigung zu erhalten. Glücklicherweise fand man im Stadtarchiv Unterlagen, dass sie im Arbeiterlager in der Bahnstraße 51 ab 1.11.1942 untergebracht war, einem Arbeiterlager für Messerschmitt-Zwangsarbeiter. Wir haben Frau Martha Micik, geborene Eichhorst, die seit 25 Jahren ihre Schwester Erna nicht mehr gesehen hat, nach Augsburg eingeladen. Ihre Familie wurde durch das bolschewistische wie das nationalsozialistische Regime verfolgt und hat noch heute darunter zu leiden. |
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