7.7.15
24 neue Welterbestätten auf der Liste
der UNESCO
Das UNESCO-Welterbekomitee hat am vergangenen Wochenende auf seiner
39. Sitzung in Bonn insgesamt 24 weitere Stätten in die
Welterbeliste aufgenommen. Dazu zählt der Botanische Garten
in Singapur als erste Welterbestätte
des Landes. Jeweils zwei Stätten aus Dänemark, Frankreich
und dem Iran sind neu auf der Welterbeliste: Zum Weltkulturerbe
in Frankreich gehören jetzt die Weinbauparzellen in Burgund
und die Weinberge der Champagne, im Iran die Stadt Susa und die
Kulturlandschaft von Maymand. In Dänemark wurden die Parforcejagdlandschaft
und die Siedlung Christiansfeld in die Welterbeliste aufgenommen.
Anerkannt wurden auch die Tusi-Stätten in China, die Stätten
der Baekje-Dynastie in Südkorea, der Heilige Berg Burkhan
in der Mongolei und die Festung von Diyarbakir in der Türkei.
Weiterhin wurden aufgenommen die Begräbnisstätte Nekropole
von Bet She'arim in Israel, die Eisenbahnbrücke "Forth
Bridge" in Schottland, die spanischen Missionen in San Antonio
in den USA, die antike Stadt Ephesus in der Türkei und das Äquadukt
Padre Tembleque in Mexiko.
Das Komitee schrieb zudem drei Orte
der Industriekultur ein: Stätten der industriellen Revolution
aus der Meiji-Zeit in Japan, Wasserkraftstätten zur Industrialisierung
in Norwegen und die Industrielandschaft von Fray Bentos in Urguay.
Die Kulturerbestätte "Pilgerwege nach Santiago" in
Spanien wurde um vier christliche Routen erweitert.
Die neuen Welterbestätten in Europa:
Dänemark: Herrnhuter-Siedlung Christiansfeld
Christiansfeld ist eine außergewöhnlich gut erhaltene
Herrnhuter-Siedlung in Südjütland. Sie wurde 1773 als
Kolonie der aus Herrnhut in Sachsen stammenden Brüdergemeine
gegründet und spiegelt die Ideale dieser evangelisch-lutherischen
Glaubensgemeinschaft wider. Die Siedler erbauten die Stadt um einen
zentralen Kirchplatz. Die auffällig schlichte, schmucklose
Kirche veranschaulicht die Idee der Gleichheit und Harmonie sowie
den einfachen Lebensstil der Gemeinschaft. Bis heute sind die Gebäudeensembles
mit großen Gemeinschaftshäusern für Witwen und
unverheiratete Mitglieder der Brüdergemeinde intakt. Christiansfeld
ist eines der am besten erhaltenen Beispiele für die Handwerkstradition,
Stadtplanung und Architektur der Herrnhuter Brüdergemeine
in Skandinavien.
Dänemark: Parforcejagdlandschaft in Nordseeland
Die Parforcejagdlandschaft im dänischen Nordseeland veranschaulicht
beispielhaft eine bedeutende Etappe der Landschaftsgestaltung in
Europa. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden Wälder speziell
für die Parforcejagd hergerichtet. Um das Gelände vollständig überblicken
zu können, wurden in den Wäldern sternförmig Schneisen
angelegt. Ausgehend von einem Rondell konnte die königliche
Jagdgesellschaft über geradlinige Wegachsen das Gebiet rasch
und bequem passieren. Der sogenannte Jagdstern – mit einem
Jagdschloss als Zentralbau – verweist auf die Ästhetik
des Barock und die Herrschaftsvorstellungen des Absolutismus. Der
Jagdstern ist ein Sinnbild der Macht: Wege und Blickachsen strahlen
vom Herrscher aus in alle Richtungen. Das geometrische Landschaftsdesign
folgte Vorbildern aus Frankreich und Deutschland.
Frankreich: Climats – Weinbauparzellen
in Burgund
Nur in Burgund werden die Reblagen in den Weinbergen nicht als "Terroirs",
sondern als "Climats" bezeichnet. Der Begriff wird erstmals
in Schriften des 16. Jahrhunderts erwähnt. "Climat" bezeichnet
eine Kombination von Eigenschaften der Weinlage. Dazu gehören
unter anderem die Hangausrichtung, die natürliche Beschaffenheit
des Bodens, das Mikroklima und die historische Anbauweise. Die
Essenz eines Climats spiegelt sich in der Farbe, Textur und dem
Aroma der Weine wider. Die Climats in Burgund sind präzise
abgegrenzte Weinparzellen, die sich wie ein Mosaik über die
Hanglagen zwischen Dijon und Santenay erstrecken. Über die
Jahrhunderte sind mehr als 1.000 individuelle Climats entstanden.
Diese traditionelle Form des Weinbaus hat in Burgund eine außergewöhnliche
Kulturlandschaft geformt.
Frankreich: Weinberge, Weinhäuser und Weinkeller
der Champagne
Die historischen Weingärten und Kellereien von Hautvillers,
Aÿ und Mareuil-sur-Aÿ, die Anhöhe von Saint-Nicaise
in Reims und die Avenue de Champagne in Épernay zeugen von
den Ursprüngen und der Entwicklung des traditionellen Weinbaus
in der Champagne. Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelte sich die
Region der Champagne zu einer agrar-industriellen Kulturlandschaft,
mit tiefgreifenden technischen, sozialen und ökonomischen
Veränderungen. Die Weinerzeugung änderte sich von einer
handwerklichen Kultur hin zur industriellen Massenproduktion. Zum
baukulturellen Erbe aus dieser Zeit gehören repräsentative
Industriegebäude und die großbürgerlichen Anwesen
der Champagner-Winzer. Daneben ist eine Vielzahl historischer Produktions-
und Vertriebsstätten erhalten, sie geben Einblicke in die
hohe Kunst der Champagner-Herstellung. Bis heute werden alte Steinbrüche,
die riesigen unterirdischen Kathedralen gleichen, als Weinkeller
genutzt.
Italien: Arabisch-normannisches Palermo und Kathedralen
von Cefalù und
Monreale
Das arabisch-normannische Palermo und die Kathedralen von Cefalù und
Monreale repräsentieren das baukulturelle Erbe des Königreichs
Sizilien. Palermo war von 1130 bis 1194 die Hauptstadt dieses multikulturellen
Königreiches. Die normannischen Herrscher verwoben bei ihren
Kirchen- und Schlossbauten die Stilelemente aus Morgenland und
Abendland und schufen damit eine neuartige und unvergleichliche
Architektur. Zu den Juwelen dieser Baukunst zählen neben den
Kathedralen von Palermo, Cefalù und Monreale der Königspalast
in Palermo und die Cappella Palatina, das Schloss Zisa, die Kirchen
San Giovanni degli Eremiti, Santa Maria dell'Ammiraglio und San
Cataldo sowie die Ponte dell'Ammiraglio. Der arabisch-normannische
Stil hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der mittelalterlichen
Architektur in Süditalien und im Mittelmeerraum. Großbritannien: Die Forth Bridge
Die Forth Bridge an der Ostküste von Schottland verbindet
Edinburgh und die Halbinsel Fife. Die Eisenbahnbrücke gilt
als Meilenstein in der Brückenkonstruktion. Sie wurde 1890
fertiggestellt und war mit über 2,5 Kilometern seinerzeit
die längste Stahlauslegerbrücke der Welt. Die Verwendung
von Stahl im Brückenbau war im ausgehenden 19. Jahrhundert
eine Innovation. Das Fundament der Brücke bilden drei 110
Meter hohe massive Granitpfeiler mit Fachwerkträgern zu jeder
Seite. Die Auslegerarme jedes Trägers haben eine Spannweite
von 207 Metern. Das Gesamtgewicht der Brücke beträgt
54.000 Tonnen. Nicht nur wegen ihrer enormen Ausmaße war
die Forth Bridge seinerzeit eine Ikone. Innovativ waren auch das
Design, die industrielle Ästhetik und die markante rote Farbe.
Die Brücke ist bis heute in Betrieb.
Norwegen: Stätten der Industriekultur in Rjukan und
Notodden
Die Industriestätten Rjukan und Notodden in Südnorwegen
veranschaulichen die Pionierleistungen der Wasserkraftindustrie
zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Bau zweier bahnbrechender Wasserkraftwerke
schaffte in Rjukan die Voraussetzung für die energieintensive
Massenproduktion von Kunstdünger. Die Stadt erlangte seinerzeit
Weltrang als Produzent von Düngemitteln für die weltweite
Landwirtschaft. Das von dem Konzern Norsk Hydro erbaute Kraftwerk
war damals die größte Turbinenanlage weltweit. 1915
nahm der Konzern ein noch leistungsfähigeres Wasserkraftwerk
in Betrieb, es versorgte die chemische Schwerindustrie mit Strom.
Rjukan entwickelte sich in weniger als 20 Jahren von einer Bauerngemeinde
zu einer Arbeitersiedlung mit mehreren tausend Einwohnern. Die
vom Konzern beauftragten Architekten entwarfen eine Stadt mit einer
eindrucksvollen Architektur und hohen sozialen Standards. Die meisten
Gebäude und die zwei Kraftwerke sind gut erhalten.
Spanien: Pilgerrouten nach Santiago in Nordspanien
(erweitert)
Die Welterbestätte "Pilgerweg nach Santiago de Compostela" wurde
um vier christliche Pilgerrouten in Nordspanien erweitert. Dazu
gehören die Pilgerrouten an der nordspanischen Atlantikküste,
im Baskenland, in der Region La Rioja und in der Bergregion Liébana
in Kantabrien. Zusammen bilden diese vier Pilgerrouten ein knapp
1.500 Kilometer langes Wegenetz. Das gemeinsame Ziel, das alle
historischen Wege der Pilgerroute verbindet, ist das Grab des Apostels
Jakobus des Älteren in Santiago de Compostela in Galicien.
Nach der Entdeckung des Grabs im 9. Jahrhundert wurde Santiago
de Compostela neben Rom und Jerusalem zum dritten Hauptziel der
christlichen Pilgerfahrt. Die Hauptroute des Jakobswegs in den
spanischen Pyrenäen zählt bereits seit 1993 zum Welterbe.
1998 hatte die UNESCO die französischen Pilgerstraßen
nach Santiago in die Welterbeliste aufgenommen. |