17.11.15
Erste Exponate der Großen Landesausstellung „4000
Jahre Pfahlbauten“
Starobjekte sind die Radscheiben von Jungsteinzeitlichen
Wagen aus dem Olzreuter Ried bei Bad Schussenried
(rps) Das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium
Stuttgart kümmert sich um das bedeutende archäologische
Kulturerbe in den Seen und Mooren am Bodensee und in Oberschwaben.
In Hemmenhofen am Bodensee unterhält es eine Forschungsstelle
für Unterwasser- und Moorarchäologie, in der auch naturwissenschaftliche
Laboratorien für Dendrochronologie, Archäobotanik und
Geoarchäologie untergebracht sind. „Von hier aus werden
Fundbergungen und Rettungsgrabungen in gefährdeten Pfahlbausiedlungen
unter Wasser und in Moorgebieten durchgeführt und Maßnahmen
zur Erhaltung bedeutender Fundstätten konzipiert und umgesetzt.
Seit Aufnahme der Prähistorischen Pfahlbauten in das universelle
Erbe der Menschheit durch die UNESCO im Jahre 2011 ist das Landesamt
zudem für das Monitoring, das Management und die Vermittlung
der obertägig nicht sichtbaren Pfahlbaufundstätten zuständig“,
so Regierungspräsident Johannes Schmalzl und Prof. Dr. Claus
Wolf, Präsident des Landesamts für Denkmalpflege. Die
Konservierung wertvoller Feuchtobjekte sei dabei ein wichtiger
Faktor für die Erhaltung und Präsentation von Funden
für die Öffentlichkeit. Die Große Landesausstellung
2016 ist ganz den Pfahlbauten gewidmet und trägt den Titel „4000
Jahre Pfahlbauten“.
Erste Exponate wurden in der vergangenen
Woche im Landesamt für Denkmalpflege in Esslingen präsentiert.
Besondere Aufmerksamkeit lenkten die Archäologen auf die künftigen
Starobjekte der Ausstellung: Die aktuell fertiggestellten Radscheiben
von Jungsteinzeitlichen Wagen aus dem Olzreuter Ried bei Bad Schussenried.
Sie datieren auf 2900 vor Christus. Dr. Helmut Schlichtherle, Leiter
der Ausgrabungen, erklärte: „Rad und Wagen gehören
zu den erfolgreichsten Erfindungen der Menschheit. Die Funde geben
uns tiefere Einsichten in die Technologie der ersten Fahrzeuge
in der Jungsteinzeit und verraten hervorragende technische Kenntnisse.“
Bild: Grabungsareal im Olzreuter Ried. Foto: Landesamt für Denkmalpflege/W.
Hohl
Zudem gelang es der Feuchtbodenarchäologie des Landesamtes
diesen Sommer eine metallzeitliche Wagenachse und Modellräder
der Jungsteinzeit zu bergen. Frühe Funde zu Rad und Wagen
stellen eine Besonderheit der oberschwäbischen Moorarchäologie
dar. Zu den herausragenden Funden zählen ebenso zahlreiche
Textilfunde, die zu den ältesten Kleidungsstücken gehören,
die wir in Europa kennen.
Bei archäologischen Ausgrabungen werden organische Materialien
tierischen oder pflanzlichen Ursprungs nur unter besonderen Bodenbedingungen
entdeckt. Sind diese jedoch gegeben, gewinnt man einzigartige Einblicke
in vergangene Zeiten. Die Funde bedürfen nach ihrer Bergung
einer eingehenden Konservierung. Diese finden in den Restaurierungswerkstätten
des Landesamtes für Denkmalpflege in Esslingen statt.
„Die Konservierung von Nassfunden ist eine große Herausforderung,
da der Erhaltungszustand des organischen Fundmaterials sehr schwierig
einzuschätzen und der Konservierungsprozess, gerade bei Hölzern,
sehr langwierig ist ", sagt die Leiterin der Archäologischen
Restaurierung Nicole Ebinger-Rist. Oftmals müssen die Maßnahmen
individuell dem Objekt angepasst werden. Dieser Herausforderung
stellt sich die Archäologische Restaurierung, indem sie seit
Monaten an der Konservierung und Restaurierung des ungewöhnlichen
und oftmals einzigartigen Fundmaterials auf Hochtouren für
die Große Landesausstellung (GLA) arbeitet.
Neben modernsten und optimierten Konservierungs- und Restaurierungsmethoden
werden heutzutage auch moderne Techniken angewendet, wie die Röntgencomputertomographie.
Die dreidimensionalen Röntgenaufnahmen geben zerstörungsfreie
Einblicke in das Innere der Objekte und geben dadurch oftmals herstellungstechnische
Details preis.
Die Große Landesausstellung „4000 Jahre Pfahlbauten“ ist
vom 16. April bis 09. Oktober 2016 im Kloster Schussenried und
im Federseemuseum in Bad Buchau zu sehen. |