26.9.12
Kreisarchiv Rastatt beherbergt Zeitungsmagazin
mit 1.800 Bänden
(lkra) - Zeitungen gelten von jeher als
besondere Wissensschätze. Bei ihrer Erstellung genießt die Tagesaktualität
höchste Priorität. Gleichzeitig gilt keine Zeitung bei
den Lesern als so uninteressant wie die Ausgabe vom Vortag. Allerdings
gewinnen Zeitungen irgendwann an besonderem historischem Wert.
Das ist nach der Erfahrung von Martin Walter, dem Kreisarchivar
des Landkreises Rastatt, dann der Fall, wenn die Jahre verstreichen
und sich Menschen über „das Gestern oder Vorgestern“ informieren
möchten. Authentisches Recherchieren wird insbesondere dann
schwierig, wenn Zeitzeugen nicht mehr leben, die man befragen könnte,
oder wenn es keine schriftlichem Dokumente zu bestimmten Themen
mehr gibt.
Aus diesen Gründen werden historische Zeitungsbände
immer wichtiger für die Erarbeitung der eigenen Vergangenheit.
Was war vor hundert Jahren von Bedeutung für die Bevölkerung
in Mittelbaden, wie teuer waren die Brotpreise im Jahr 1867 und
was hat unsere Vorfahren bewegt in ihrem Alltag? „Viele dieser
Fragen lassen sich mit dem Blick in alte Zeitungsbände klären“,
stellt Martin Walter fest. Das Recherchieren in historischen Zeitungen
gebe schnell handfeste Einblicke in das tatsächliche Geschehen
vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte.
„Als Kreisarchiv wissen wir um den besonderen Quellenwert
eines Zeitungsarchivs und sammeln bereits seit Mitte der 1990er
Jahre Zeitungsbände aus Mittelbaden“, erklärt Kreisarchivar
Walter. Zunächst waren es Einzelbände, die den Weg in
das Kreisarchiv fanden. 1998 gelang der Erwerb des Archivs des
Murgtäler Boten aus Familienbesitz, einer Zeitung, die von
1870 bis 1943 erschien und 1908 von Hermann Greiser aufgekauft
wurde. Daneben erhielt das Kreisarchiv gebundene Bände des
Acher- und Bühler Bote, die seit 1960 über die Geschichte
des südlichen Landkreises informieren. Erstaunlich war die Übernahme
zahlreicher Einzelexemplare des „Führers“ zur
Jahrtausendwende. Erstaunlich deswegen, so Walter, weil sich diese
Ausgaben in Privatbesitz erhalten hatten. Aus heutiger Sicht kurios
erscheine auch, dass am 10. April 1945 die letzte Ausgabe der NS-Zeitung
erschien, obwohl die Französische Armee gewissermaßen
bereits vor der Tür stand.
In den letzten Jahren haben die beiden Rastatter Tageszeitungen, „Badische
Neueste Nachrichten“ (BNN) und „Badisches Tagblatt“ (BT),
dem Kreisarchiv ihre Archive zur sicheren Aufbewahrung im klimatisierten
Magazin im neuen Landratsamt übergeben. Das Archiv der BNN
beginnt mit dem ersten Ausgabe von 1947 und endet bisher 1999.
Das BT übergab alle historischen Bände von 1803 an bis
Ende 1949 an das Archiv des Landkreises. Beide Zeitungsarchive
sind von allergrößter Bedeutung für die mittelbadische
Geschichte. „Und sie werden auch rege von der Bevölkerung
genutzt“, berichtet Walter. Die Anfrage nach Geburtstagszeitungen
steige spürbar an, aber auch die Recherchen bei konkreten
heimatkundlichen und wissenschaftlichen Fragen.
Das Kreisarchiv kümmert sich auch darum, dass diese sensiblen
Bestände für die Zukunft erhalten bleiben. So steht die
Mikroverfilmung des BT kurz vor dem Abschluss. Aber auch die Digitalisierung
der BNN und die konservatorische Bearbeitung der vom Zerfall bedrohten
BNN-Bände schreitet voran. |