18.2.10
Biberburgen im Moor: Nager wandeln Bild des
Wurzacher Rieds
Uni Freiburg entwickelt neue Strategien
zum Management von Schutzgebieten - DBU fördert
Ein Blick auf unsere Umwelt zeigt: Die Natur ist derzeit massiven
Umbrüchen ausgeliefert, der Klimawandel die meist diskutierte
Ursache dafür. Doch manchmal sind es nicht nur die globalen
Zusammenhänge, die unser Landschaftsbild prägen. Im
Wurzacher Ried - einer der bedeutendsten Moorflächen Europas
- bedarf es lediglich eines braunen Nagers, um ehemals vom Menschen
trockengelegte Flächen in überflutete Gebiete zu verwandeln. "Mit
ihren Aktivitäten stellen Biber die Renaturierungskonzepte
für Moorschutzgebiete auf den Kopf", sagt Dr. Thomas
Kaphegyi vom Institut für Landespflege der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg. Das Institut will neue Strategien entwickeln, wie die
Einwirkungen des Bibers unmittelbar für Pflege und Erhalt
des Wurzacher Rieds genutzt werden können: "Ein wichtiger
Beitrag zur Entwicklung zukunftsfähiger Naturschutzstrategien",
so Dr. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung
Umwelt (DBU), die das Projekt mit 240.000 Euro fördert.
Nagespuren, gefällte Bäume und aus Holzknüppeln
aufgetürmte Burgen - die Anwesenheit von Bibern ist unübersehbar.
Dort wo sie auftauchen, wecken die Nager die Neugier der Menschen,
aber nicht immer nur Entzücken. Das Wurzacher Ried ist das
größte zusammenhängende und noch intakte Hochmoor
Westeuropas. Als Hort vieler vom Aussterben bedrohter Tier- und
Pflanzenarten ist die rund 1.700 Hektar große Fläche
Teil des Schutznetzwerks Natura 2000 und untersteht der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie
der Europäischen Union (EU). Doch auf Papier festgelegte
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen kümmern die Biber
wenig. "Durch die Dämme, die sie bauen, fluten die
Nager Flächen, die gemäß Planung eigentlich trocken
bleiben sollten", erklärt Dr. Volker Wachendörfer,
DBU-Referent für Naturschutz. So entstehe eine Dynamik in
der Landschaft, die dem bewahrenden Ansatz der EU-Richtlinie
widerspreche.
Die Aktivitäten der Biber hätten aber auch positive
Seiten. "Mit den vernässten Flächen schaffen sie
weitere Lebensräume für viele bedrohte Pflanzen- und
Tierarten wie zum Beispiel Amphibien", so Wachendörfer. "Daher
möchten wir einen Weg finden, wie wir den Biber als Motor
für ein Schutzgebietsmanagement effizient nutzen können",
betont Kaphegyi. Der Schlüssel dazu liege in mehr Flexibilität. "Die
Pläne, die zum Erhalt des Moors entwickelt wurden, stammen
noch aus einer Zeit, als der Biber sich hier noch gar nicht angesiedelt
hatte", so Kaphegyi. "Wir brauchen also ein neues,
sich ständig anpassendes Managementkonzept."
Grundlage dafür sei, die Gewohnheiten der Biber genau zu
beobachten. Daraus lasse sich schließen, wohin sich die
Nager bewegen und welche Gebiete von ihren Aktivitäten beeinflusst
werden. "Das Wurzacher Ried wird sich in seinem Landschaftsbild
verändern", sagt Kaphegyi. Für Brickwedde ist
der gestalterische Einfluss der Biber auf die Landschaft vor
allem eine gute Möglichkeit, Menschen ökologische Zusammenhänge
zu vermitteln. Daher sollen im Rahmen des Projekts so genannte "Biber-Events" stattfinden
- etwa Führungen durch ihren Lebensraum oder Ausstellungen
im Naturschutzzentrum Wurzacher Ried.
Das Naturschutzzentrum Bad Wurzach unterstützt das auf
drei Jahre angelegte Vorhaben. Nach Abschluss ließen sich
daraus auch Schlüsse für die Pflege anderer Feuchtgebiete
ziehen. Für Brickwedde handelt es sich "um ein wichtiges
Modellvorhaben für die Entwicklung zukunftsfähiger
und dynamischer Naturschutzkonzepte." Franz-Georg
Elpers,
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) |