14.5.09
Neues zu den Römern in Stuttgart-Bad Cannstatt
Aktuelle
Grabungen der Archäologischen Denkmalpflege des
Regierungspräsidiums Stuttgart - Wichtige Erkenntnisse über
eine der größten "Industrieanlagen" des
römischen Baden-Württembergs
(rps) Archäologische Denkmalpfleger des Regierungspräsidiums
Stuttgart führen derzeit in Bad Cannstatt Ausgrabungen durch,
die wichtige Erkenntnisse über das römische Baden-Württemberg
liefern. Konkret handelt es sich um Rettungsgrabungen auf dem
Baugrundstück Sparrhärmlingsweg Ecke Frankfurter Straße
in Bad Cannstatt im Vorfeld des Aushubs einer geplanten Tiefgarage
auf einer Fläche von rund 4.000 qm.
Angetroffen wurde dabei eine ausgedehnte römische Töpferei,
die bereits Ende der 1920er Jahre beim damaligen Bau der jetzt
abgetragenen Wohnhäuser festgestellt wurde. In der aktuell
laufenden Maßnahme konnte bislang etwa ein Dutzend Töpferöfen
sowie umfangreiches Keramikmaterial und Hausreste aus dem 2.
und 3. Jahrhundert nach Christus dokumentiert werden. In dem
angrenzenden Areal ist mit weiteren wenigstens 50 Töpferöfen
zu rechnen, was diesen Platz als eine der größten
bekannten „Industrieanlagen“ des römischen Baden-Württembergs
ausweist.
Unter den bisherigen Funden sind insbesondere eine große
Menge an Fehlbränden römischer Haushaltsgefäße
bedeutsam, die das breite Spektrum der hier produzierten Keramik
belegen. Die wissenschaftliche Auswertung dieser Funde wird nicht
nur Neues zur römischen Geschichte Cannstatts allein liefern,
sondern angesichts der herausragenden Möglichkeit, Handelsbeziehungen
und Absatzmärkte von Töpfereien zu studieren, auch
für den gesamten Neckarraum in römischer Zeit.
Die Fundstelle ist Teil der ausgedehnten römischen Zivilsiedlung
von Bad Cannstatt. Nach der Anlage eines über 3,5 Hektar
großen Reiterkastells zur Überwachung des Neckarlimes
entwickelte sich das römische Cannstatt etwa ab dem Jahr
100 n.Chr. zu einem der wichtigsten Straßenknoten in Süddeutschland.
Während der römischen Epoche unseres Landes lief durch
Cannstatt nahezu der gesamte Fernverkehr vom Rhein an die Donau.
Auch die reichen Mineralwasserquellen dürften während
der knapp zweihundert Jahre nachweisbaren antiken Besiedlung
bereits genutzt worden sein. Erste Hinweise auf die römische
Vergangenheit der Stadt gibt es bereits seit dem 16. Jahrhundert.
Aus dem Bereich rings um die ehemaligen Reiterkasernen sind insbesondere
zu Beginn des 20. Jahrhunderts Funde bekannt geworden. Dennoch
sind bis heute viele Fragen zur Frühgeschichte Cannstatts
offen, da weite Bereiche des antiken Siedlungsgebietes bereits
im Mittelalter überbaut wurden und für die archäologische
Erforschung nicht mehr zur Verfügung stehen. So ist neben
Fragen zur Ausdehnung und Entwicklung der römischen Siedlung
insbesondere ihr Schicksal am Ende der Limeszeit und die frühmittelalterliche
Besiedlung nahezu völlig unbekannt. Umso wichtiger ist daher
die Möglichkeit, die wenigen verbliebenen Restflächen
zu untersuchen wie im Rahmen der gegenwärtigen Baumaßnahme
geschehen.
Die Ausgrabungen werden spätestens Ende kommender Woche
abgeschlossen sein, so dass das Bauvorhaben ohne Einschränkungen
weitergeführt werden kann. Die Archäologische Denkmalpflege
beim Regierungspräsidium Stuttgart bedankt sich schon jetzt
sehr herzlich für die Hilfsbereitschaft und Unterstützung
seitens Bauleitung und Bauträger bei der Durchführung
der Untersuchungen.
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